Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
wollte ein Gefühl bekommen für den ohnehin schon malträtierten Körper und die Folgen der zusätzlichen Belastung, die sein Überlebenskampf im Dozmary Pool verursacht hatte. Gab es irgendeine Stelle von ihm, die nicht wehtat?
    Könnte sein, dass der linke kleine Zeh noch in Ordnung ist
, dachte Alebin in einem Anflug von Ironie. Ächzend rollte er sich auf den Bauch, atmete durch und kämpfte sich dann mühsam hoch.
    Er warf einen unsicheren Blick auf den See: alles ruhig. Glitzernd und still zogen die kleinen Wellen dahin, als hätten sie nie etwas anderes getan. Auf dem feuchten Uferstreifen waren ein paar Schnepfen unterwegs, liefen geschäftig herum, stocherten im Schlamm. Es roch nach Heidekraut, nach Kühen und sonnenwarmer Erde.
    Von Höllenhunden keine Spur.
    Auch nicht von Gespenstern. Trotzdem wünschte sich Alebin weit weg.
Ich möchte nicht wissen, was hier sonst noch umgeht!
Er erschauerte bei dem Gedanken, ganz auf sich selbst gestellt und dazu noch unbewaffnet die Nacht im Moor verbringen zu müssen. Irgendwo in der Nähe gab es bestimmt ein sicheres Örtchen. Ein Haus, eine Siedlung – egal was. Hauptsache, sie bot ihm ein Dach über dem Kopf und ein warmes Lager für sein schmerzendes Gebein.
    »Mann, ich bin so müde!«, stöhnte der Elf. Er dachte an Fanmór und Bandorchu und daran, dass die feinen Herrschaften sich in gemütliche, weiche Daunen verkriechen würden, wenn die Nacht kam.
Die
waren ganz sicher nicht am Ende ihrer Kräfte! Sie brauchten ja auch nicht allein und hungrig durch irgendeine gottverlassene Gegend zu stolpern, hatten Ärzte für ihre Wunden und Diener zum Herumkommandieren.
    »Ich hasse euch!«, sagte Alebin zu den Gesichtern vor seinem inneren Auge. »Ihr sitzt auf
meinem
Thron! Okay, ihr wisst es nicht, aber seid unbesorgt – ihr werdet es bald erfahren. Erst hole ich mir das Kind, dann die Macht, und danach wird abgerechnet! Denn jeder Tag ohne Macht ist ein verlorener Tag, und es versteht sich wohl von selbst, dass jemand für meine Verluste bezahlen muss.«
    Alebin lächelte. Rachegedanken waren ungemein befreiend! So … angenehm. Geradezu beflügelnd! Es wäre falsch gewesen, zu behaupten, dass er leichtfüßig durchs Moor schritt, aber man merkte ihm an, wie gut es ihm tat, seine Gegner zumindest schon einmal im Geiste zu vernichten. Immerhin hatten sie alles und er nichts. Gar nichts.
Selbst mein Hund ist hin!
    Cara!
, dachte er mit der wenigen Zärtlichkeit, zu der er fähig war.
    Fast hätte er das Schild übersehen.
    Alebin war hinter den Viehweiden auf einen anderen Weg abgebogen als den ursprünglichen. Ohne recht zu wissen, warum. Vielleicht hatte er unbewusst die alten, kaum noch sichtbaren Reifenspuren wahrgenommen, die im harten Boden konserviert waren. Das hohe, von Disteln und Unkraut durchsetzte Gras rechts und links war jedenfalls nicht der Grund gewesen – zu verwildert, zu unansehnlich.
    Das Schild lag mittendrin. Es musste dort schon eine ganze Weile verbracht haben, denn die beiden Haltenägel waren verrostet und auf der grau verwitterten, wurmstichigen Holzstange hatten sich Flechten angesiedelt. Alebin hätte dieses Schild keines Blickes gewürdigt, wäre er nicht auf der Suche nach einem Nachtquartier gewesen. So aber trat er hinzu, schob mit der Fußspitze überhängende Gräser beiseite und beugte sich hinunter, um die verblichene Schrift zu entziffern.
Lasst es keinen Wegweiser zur nächsten blöden »Sehenswürdigkeit« in diesem Mistmoor sein!
, betete er – und wurde erhört.
    Whispering Willows
, stand darauf.
    Das musste ein Ort sein, dachte sich Alebin, denn Weiden wisperten immer, wenn der Wind wehte. Darauf lohnte sich wahrlich kein Hinweis.
    »Na los!«, sagte der rothaarige Elf aufmunternd zu sich selbst und zu seinen Füßen, die ihn keinen Schritt mehr weitertragen wollten. Er war so müde, so ausgebrannt und hatte nicht einmal mehr Lust, über die sensationelle Entdeckung nachzudenken, die sein beinahe tödlicher Tauchgang in den Dozmary Pool ans Licht gefördert hatte: Tristans Schwert! Eine Passage nach Lyonesse, wenn auch geschlossen! Beides zusammen war wie ein Freifahrtschein – mitten ins Herz des versunkenen Königreichs.
    Darüber denke ich morgen nach!
Alebin gähnte, gab sich einen Ruck und trottete weiter.
    Zwei, drei Schritte, dann hatte er den Richtungsweiser nach Whispering Willows passiert, vergaß ihn bereits. Insekten kehrten zurück, die Grashalme senkten sich wieder, und erneut wurde es still um das alte

Weitere Kostenlose Bücher