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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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er das Geschrei noch, aber wenigstens auf die Lautstärke von Ghettoblastern gedämpft. Das war ein Unterschied von zwanzig Dezibel! Kau fragte sich gerade, ob er etwas singen sollte, um das nervtötende »Ääääääää« zu übertönen – da hörte es auf.
    Stille.
    Sie dröhnte in den Ohren; unangenehm, pochend und doch tausendmal erträglicher als das Geschrei. Der Kau ließ seinen verkrampften Körper platt zu Boden fallen, atmete tief durch. Vielleicht hatte sich Talamh erschöpft und war eingeschlafen! Er runzelte die Stirn: Dann sollte Cor aber besser die Klappe halten! Warum rief der Spriggans so nervös und halblaut: »Kau! Kau!«?
    Der Elf pulte sich aus den Kissen. »Was?«, raunte er.
    Cor blickte angespannt zu ihm herüber. »Er atmet nicht mehr.«
    »Ist er tot?« Erschrocken sprang der Kau hoch.
    »Nein, das nicht.« Cor zögerte. »Er … er hält die Luft an. Er ballt die Hände, und er verspannt sich, als würde er …« Der Spriggans sah vom Buggy auf und zum Kau, der ihm entgegenkam. Blankes Entsetzen stand in seinem Blick.
    »Drücken«, vollendete er wispernd den Satz.
    »Nein! Oh nein!« Der Kau warf sich herum und rannte zur Tür. Doch er war nicht schnell genug. Eine Duftwolke stieg vom Kinderwagen auf; unverkennbar, unerträglich, und sie holte ihn ein. Grüngesichtig torkelte der Elf in den Flur, eine Hand auf dem Magen, mit der anderen nach Halt tastend.
    »Blää!«, machte er, und seine Zunge fiel lang heraus. Hinter ihm begann Talamh zu weinen.
    »Kommst du?«, rief Cor verzagt.
    Kau hielt sich die Nase zu, sah flüchtig ins Zimmer und winkte ab. »Mach du das! Ich übernehme dafür das nächste Füttern.«
    »Wie witzig! Du bist doch sowieso dran.«
    »Na, dann füttere ich ihn eben
zweimal

    »Nein, nein, nein!«, rief der Spriggans. »Du kommst her und hilfst mit. Einer allein kann so was gar nicht, das weißt du doch.«
    »Gut. In Ordnung.« Kau ließ die dürren Schultern hängen. »Dann bereite alles vor. Ich flitz noch mal schnell in die Waschküche.«
    Sprach’s und verschwand, ehe Cor protestieren konnte.
    Der Spriggans blies sich ordentlich auf und ging ans Werk. Mit angehaltener Luft beugte er sich unter den Buggy. Dort gab es einen flachen Metallkorb, und darin hatte die rechtmäßige Besitzerin des Kinderwagens eine Tasche abgestellt. Sie war gefüllt mit allem, was man für den kleinen Notfall unterwegs brauchte. Auch mit Windeln, und das war ein Glück, denn die Pampers, die der Kau vor Tagen in einer Drogerie geklaut hatte, gingen allmählich aus.
    Misstrauisch beäugte Cor die bunt bedruckte Windelpackung mit ihren Hinweisen.
Verbesserter Klettverschluss
. Ja, schön, den hatte er inzwischen kennengelernt. Aber was waren diese kaum aussprechbaren
Komfort-Stretchbündchen?
Was bedeutete
Naturlatexfrei
, und wozu dienten
elastische Beinabschlüsse?
    Talamh weinte herzzerreißend. Der Spriggans warf ihm einen finsteren Blick zu, dann holte er eine Windel aus der Packung und legte sie auf den Tisch. Was war noch in der Babytasche? Konnte er irgendwas davon gebrauchen? Ersatzschnuller, Fläschchen, Reinigungstücher, Creme. Die öligen Tücher steckten in einer Plastikdose. Sie ließen sich oben herauszupfen, und sie rochen gut.
    Cor nahm sich eins und wischte damit sein Gesicht ab. »Mmmm«, machte er genießerisch.
    Mit einer roten Wäscheklammer auf der Nase kam der Kau zurück. Er stutzte, als Cor ihm sein fettglänzendes Gesicht zuwandte.
    »Wie siehst du denn aus?«, näselte er.
    »Das sind feuchte Lappen, die habe ich entdeckt. Sie riechen lecker und fühlen sich auf der Haut toll an. Hier, willst du auch einen?« Cor hielt dem Kau die Plastikdose hin, doch der winkte ab.
    »Dafür haben wir keine Zeit. Lass uns lieber den Stinker aus seiner Windel pellen, ehe mir sein Geplärre den letzten Nerv raubt!«
    Der Spriggans war nun größer und stärker als Kau, deshalb musste er Talamh aus dem Wagen heben. Das zarte Babygesicht war gerötet und nass von Tränen. Doch das rührte die beiden nicht. Zu grässlich war die bevorstehende Aufgabe.
    Cor legte Talamh auf den Tisch. An der Strampelhose ließ sich die Menükarte der letzten Wochen ablesen. Kau zog sie ihm aus und trat zurück. Mit spitzem Finger zeigte er auf den Windelverschluss.
    »Mach du das!«
    »Och nö. Nicht immer ich!« Cor schüttelte den Kopf. »Heute machen wir’s mal andersherum: Ich halte ihn hoch, und du … Na ja, du weißt schon.«
    Kau drehte sich zur Seite. »Bäh«, machte er leise,

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