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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leheta
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Männer um sie herum waren jenseits der sechzig. Einige von ihnen schienen auf Geschäftsreise zu sein, das konnte sie den zotigen Witzen entnehmen. Absichtlich mied sie den Blickkontakt, wenn einer hersah. Nein, von denen wollte sie nicht angesprochen werden. Warum gehörte sie nicht zu den Frauen, die einfach einen Mann ansprachen? Sie hoffte, dass sie dem Fremden genügend Signale sendete und ihr von den ande ren Frauen keine da zwi schen funkte. Immer wie der trafen sich ihre Blicke, und eigentlich war alles klar. Warum kam er nicht endlich zu ihr herüber?
    Ihr Magen kribbelte. Nervös zündete sie sich eine Zigarette an und warf dem schönen Fremden einen sexy Augenaufschlag entgegen.
    »Entschuldigen Sie. Was möchten Sie trinken?«
    Ach, du grüne Neune. Genau der, von dem sie auf keinen Fall angesprochen werden wollte. Ein alter Knacker, der einen sehr langweiligen Eindruck machte. Sie hatte heute etwas anderes vor. Wer weiß, wann sie sich wieder einmal dazu durchringen würde, allein auf die Pirsch zu gehen? Die Live-Band spielte gerade
Bröken Wings
von Chris de Burgh, ein Lied, das man schmachtend auf der Tanzfläche verbringen sollte. Am liebsten mit dem Fremden, der sie vom anderen Ende der Bar be ob achtete.
    »Vielen Dank. Aber ich habe noch meinen Drink. Vielleicht später.«
    »Was haben Sie gesagt?«
    Die Musik war nicht laut, also musste er schlecht hören. Das konnte ja toll werden. »Nein danke«, meinte sie höflich und wesentlich lauter. Dabei warf sie ihm ein ent schul di gen des Lächeln zu. Als sie den Blick hob, sah der Fremde wieder her. Mit den Lippen formte sie das Wort »Hilfe« und ließ dann die Augen in Richtung des Mannes neben sich schweifen. Hoffentlich kapierte der Fremde. Aus den Augenwin keln beob achtete sie, wie er um den Tresen herumschritt. Hoffentlich zu ihr! Ja, es sah gut aus. Als er vor ihr stand, erhob sich Minerva vom Barhocker und tat etwas, worüber sie sich in Jahren noch wundern würde. Wundern über sich.
    Sie gab ihm ein Küsschen auf die Wange. »Karsten, das ist ja toll, dich einmal wiederzusehen.«
    Oh Gott. Was hatte sie nur getan? Wenn er jetzt nicht reagierte? Falsch reagierte? Dann sah sie seinen verständnisvollen Blick, gleich danach das Erkennen der Situation. Sie musste schmunzeln, als sie sein unterdrücktes Lachen bemerkte.
    »Ja. Nicht wahr. Möchtest du tanzen?«
    Er hatte einen angenehmen Bariton.
    »Ja, gern.« Wie gut er roch.
    Dann drehte er sich zu dem Mann neben ihr. »Entschuldigen Sie, haben Sie etwas dagegen, wenn ich die Dame zum Tanzen auffordere?«
    Natürlich hatte der andere nichts dagegen. Schließlich musste er ja denken, dass sie sich kannten. Aber ein schöner Zug von ihm, den Mann neben ihr zu fragen.
    Als sie auf der Tanzfläche waren, wurde gerade
Bobby Brown goes down
von
Frank Zappa
gespielt.
    »Danke. Sie waren meine Rettung.«
    Während sie sich lasziv zur Musik bewegte – das Lied forderte es geradezu heraus -, beugte er sich zu ihr herunler. »Ganz schön raffiniert, was Sie da gemacht haben.«
    Ihrer Kehle entschlüpfte ein Lachen. »Wie heißen Sie eigentlich wirklich?«
    »Lukas.« Beide tanzten weiter. Es schien, als gefalle sie ihm auch. Wie gut er tanzte. Ein Mann, der sich auf der Tanzfläche bewegen konnte. O ja, er würde auch im Bett ein einfallsreicher und zärtlicher Liebhaber sein. Sie sah sehr wohl, dass viele Männer in ihre Richtung blickten. Die Musik glitt durch ihren Körper und machte sie biegsam. Jeden Ton tanzte sie. Gab sich hin. Lukas parierte geschickt. Einige Rocklieder tanzte er geschlossen mit ihr. Er wirbelte sie herum, rockte mit ihr, in allen erdenklichen Variationen. Meine Güte, konnte der Mann tanzen!
    Nach einigen Tänzen schlenderten sie zurück zur Bar.
    »Jetzt müssen Sie mir aber sagen, wie Sie heißen.«
    »Mi nerva.«
    Sie wich einem torkelnden Mann aus, Lukas fasste sie fürsorglich am Arm. Das gefiel ihr. Fast oben auf der Treppe angekommen, beugte er sich herunter zu ihr. Obwohl sie groß war, überragte er sie um Haupteslänge.
    »Ich glaube, wir sollten uns duzen. Schließlich soll der Mann doch denken, dass wir uns kennen.«
    Minerva lachte. »Stimmt. Lukas.«
    Als er ihren Namen aussprach, wirkte es, als lasse er ihn auf der Zunge zergehen. »Minerva.«
    »Darf ich deine Sachen holen, dann kannst du dich auf meinen Platz setzen.«
    »Ja.« Beschwingt schritt sie dorthin, wo er vorher gesessen hatte. Mit einem Lächeln und all ihren Sachen kam er auf sie zu. Er hängte

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