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Seidenfächer

Titel: Seidenfächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L See
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Beziehung zeigt.«
    Es fiel mir schwer, sie zu verstehen. Sie sprach einen etwas anderen Dialekt als den, mit dem ich in Puwei vertraut war, aber das war nicht der einzige Grund. Ich war derb und dumm; sie war kultiviert, und ihr praktisches Wissen überschritt bereits das meiner Mutter und sogar meiner Tante.
    Sie zog mich tiefer in den Stand hinein und flüsterte: »Die besseren Sachen haben sie immer hier hinten.« Mit normaler Stimme sagte sie dann: »Meine Freundin, wie findest du dieses hier?«
    Das war das erste Mal, dass mich jemals jemand gebeten hatte, etwas anzusehen – wirklich anzusehen -, und ich tat es. Selbst mit meinem unerfahrenen Auge konnte ich den Unterscheid zwischen dem, was ich auf der Straßenseite des Stands ausgesucht hatte, und diesem Papier hier erkennen. Es war kleiner und weniger auffällig verziert.
    »Probier es mal aus«, sagte Schneerose.
    Ich nahm es in die Hand – es fühlte sich ganz fest an – und hielt es gegen die Sonne, so wie es Schneerose vorher gemacht hatte. Das Papier war so dick, dass das Sonnenlicht nur schwach rot hindurchschien.
    In wortloser Einigkeit reichten wir das Papier dem Händler. Ehrenwerte Frau Wang bezahlte es und gleichzeitig auch dafür, dass wir unseren Vertrag an dem Tisch in der Mitte des Stands schreiben durften. Schneerose und ich setzten uns einander gegenüber hin.
    »Was meinst du, wie viele Mädchen schon mit ihren Verträgen auf diesen Stühlen hier gesessen haben?«, fragte Schneerose.
»Wir müssen den besten Vertrag schreiben, den es je gab.« Sie runzelte ein wenig die Stirn. »Was, meinst du, sollte drinstehen?«
    Ich dachte an die Vorschläge meiner Mutter und meiner Tante. »Wir sind Mädchen«, sagte ich, »deshalb sollten wir uns immer an die Regeln halten …«
    »Ja, ja, das ganze übliche Zeug«, meinte Schneerose ein wenig ungeduldig, »aber findest du nicht, hier sollte es um uns beide gehen?«
    Ich war unsicher, während sie so vieles zu wissen schien. Sie war bereits hier gewesen, und ich hatte mein Dorf noch nie verlassen. Sie schien zu wissen, was in unserem Vertrag stehen sollte, und ich konnte nur auf das zurückgreifen, was meine Tante und meine Mutter sich vorgestellt hatten. Jeder Vorschlag, den ich machte, klang wie eine Frage.
    »Dass wir unser ganzes Leben lang laotong sein wollen? Dass wir einander immer treu sind? Dass wir im oberen Gemach miteinander arbeiten werden?«
    Schneerose schaute mich ebenso unverwandt an wie in der Sänfte. Ich konnte nicht sagen, was sie dachte. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Hatte ich es falsch ausgedrückt?
    Einen Augenblick später nahm sie einen Pinsel und tauchte ihn in die Tusche. Ganz abgesehen von all den Fehlern, die ich heute begangen hatte, wusste sie von unserem Fächer, dass meine Kalligraphie nicht so gut war wie ihre. Aber als sie anfing zu schreiben, sah ich, dass sie alle meine Vorschläge aufgegriffen hatte. Meine Äußerungen und ihre schönen Formulierungen verbanden sich und schufen aus zwei Mädchen einen gemeinsamen Gedanken.
    Wir glaubten, die Sätze auf diesem Bogen Papier würden für immer gelten, doch all das Durcheinander, das vor uns lag, konnten wir nicht vorhersehen. Trotzdem erinnere ich mich an fast den ganzen Text. Wie sollte es auch anders sein? Es wurden die Worte meines Herzens.

    Wir, Fräulein Schneerose aus dem Dorf Tongkou und Fräulein Lilie aus dem Dorf Puwei, werden einander treu sein. Wir werden einander mit freundlichen Worten Beistand leisten. Wir werden uns gegenseitig Trost spenden. Wir werden im Frauengemach zusammen flüstern und sticken. Wir werden uns an die Drei Gehorsamkeiten und die Vier Tugenden halten. Wir werden den konfuzianischen Weisungen folgen, wie sie in der Klassischen Schrift für Frauen stehen, indem wir uns wie gute Frauen benehmen. Am heutigen Tag haben wir, Fräulein Schneerose und Fräulein Lilie, ein ehrliches Versprechen abgegeben.
    Wir schwören einen Eid auf unseren Bund. Zehntausend li weit werden wir wie zwei Bäche sein, die in einen Fluss fließen. Zehntausend Jahre lang werden wir wie zwei Blumen im selben Garten sein. Nie einen Schritt auseinander, nie ein böses Wort zwischen uns. Wir werden Weggefährtinnen sein bis zu unserem Tod. Unsere Herzen sind froh.
    Ehrenwerte Frau Wang sah uns feierlich zu, wie wir beide in Nushu unsere Namen darunter setzten. »Ich bin froh über diesen laotong -Bund«, verkündete sie. »Wie bei einer Ehe zwischen Mann und Frau finden die Freundlichen zu den Freundlichen,

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