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Seidenfächer

Titel: Seidenfächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L See
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meine Schwiegereltern geschickt hatten, frischem Gemüse aus unserem Garten und einem weiteren Korb mit Stoff, den ich eigentlich bei meiner Rückkehr hatte zuschneiden wollen. Ich werde nie vergessen, wie Schneeroses Mutter dieses Fleisch aß. Sie war zu einer feinen Dame erzogen worden, und obwohl sie hungrig war, stürzte sie sich nicht auf das Essen, wie es jemand aus meiner Familie vielleicht getan hätte. Mit ihren Essstäbchen löste sie kleine Scheibchen von dem Schweinefleisch ab und führte sie anmutig zum Mund. Ihre Beherrschung und Kontrolle lehrten mich eine Lektion, von der ich bis zum heutigen Tag nicht abgekommen bin. Man mag so verzweifelt sein, wie man will, aber man muss stets darauf achten, wie eine kultivierte Frau aufzutreten.
    Ich war noch nicht fertig mit Frau Wang. »Wir brauchen Mädchen für das Sitzen und Singen«, sagte ich. »Könnt Ihr mir Schneeroses ältere Schwester bringen?«
    »Ihre Schwiegereltern lassen sie nicht mehr in dieses Haus.«
    Das musste ich erst einmal verdauen. So etwas hatte ich wahrlich noch nie gehört.
    »Wir brauchen trotzdem Mädchen«, insistierte ich.
    »Es wird niemand kommen, Frau Lilie«, vertraute mir Frau
Wang an. »Mein Schwager hat einen zu schlechten Ruf. Keine Familie wird einem unverheirateten Mädchen erlauben, über diese Schwelle zu treten. Was ist mit Eurer Mutter und Eurer Tante? Sie kennen doch die Situation …«
    »Nein!« Ich war noch nicht bereit, ihnen gegenüberzutreten, und Schneerose brauchte ihr Mitleid nicht. Was meine laotong brauchte, waren Fremde.
    Ich hatte noch Käsch-Münzen von meiner Hochzeit. Ich drückte Frau Wang ein paar davon in die Hand. »Kommt nicht wieder, bevor Ihr nicht drei Mädchen gefunden habt. Zahlt ihren Vätern, was Ihr für angemessen haltet. Sagt ihnen, ich trage die Verantwortung für ihre Töchter.«
    Ich war mir sicher, mein neuer Status als eingeheiratete Schwiegertochter in die beste Familie in Tongkou würde überzeugen, doch genauso gut hätte ich Unsinn reden können, denn meine Schwiegereltern hatten natürlich keine Ahnung, dass ich ihre Position auf diese Weise ausnutzte. Aber ich sah gleich, wie Ehrenwerte Frau Wang darüber nachdachte. Sie musste ihr Geschäft in Tongkou unbedingt weiterführen und stand kurz davor, die Früchte ihrer langen Bemühungen, mich in die Familie Lu einzuheiraten, zu ernten. Sie wollte ihre Stellung nicht gefährden, aber sie hatte es schon mit vielen Regeln nicht so genau genommen, um ihrer Nichte zu nutzen. Schließlich fand Frau Wang eine Lösung für sich, nickte einmal und verschwand.
    Einen Tag später kam sie mit drei Töchtern von Bauern, die für meinen Schwiegervater arbeiteten. Mit anderen Worten, es waren Mädchen wie ich, nur hatten sie nicht meine besonderen Vorteile genossen.
    Ich hatte das Sagen in diesem Monat. Ich führte die Gesänge der Mädchen an. Ich half ihnen, für die Dritter-Tag-Hochzeitsbücher gute Worte über Schneerose zu finden – die sie ja überhaupt nicht kannten. Wenn sie ein Zeichen nicht wussten,
schrieb ich es für sie. Wenn sie beim Nähen der Decken trödelten, nahm ich sie beiseite und flüsterte ihnen zu, dass ihre Väter bestraft würden, wenn sie die Arbeiten, für die sie geholt worden waren, nicht angemessen ausführten.
    Weißt du noch, wie es bei meiner älteren Schwester war? Sie war traurig, dass sie von zu Hause wegmusste, aber alle glaubten, sie würde eine gute Ehe haben. Ihre Lieder waren nicht allzu tragisch, nicht allzu fröhlich, sie spiegelten wider, wie ihre Zukunft aussehen würde. Bei meiner eigenen Hochzeit hatte ich gemischte Gefühle. Auch ich war traurig, dass ich von zu Hause wegmusste, aber ich war auch sehr gespannt, weil sich mein Leben zum Besseren wandeln würde. Ich hatte Lieder gesungen, in denen ich meine Eltern dafür lobte, dass sie mich aufgezogen hatten, und ihnen für ihre harte Arbeit meinetwegen dankte. Schneerose hingegen hatte eine düstere Zukunft vor sich. Niemand konnte das leugnen oder ändern, deshalb waren unsere Lieder voller Melancholie.
    »Mama«, sang Schneerose eines Tages, »Baba hat mich nicht auf einen sonnigen Hügel gepflanzt. Ich werde immer im Schatten leben.«
    Ihre Mutter antwortete: »Wirklich, es ist, als hätte man eine schöne Blume auf einen Misthaufen gesetzt.«
    Die drei Mädchen und ich konnten nur beipflichten, und wir wiederholten diese Sätze einstimmig. So war das also: schwermütig, aber in der traditionellen Weise durchgeführt.
     
    Die Tage wurden

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