Seidenmagd
tiefblau, die Gamaschen waren strahlend weiß.
Er sieht aus wie ein Geck, dachte Catharina und wunderte sich darüber, dass Frieder sich vor dem Mann verbeugte.
»Bitte, kommt in meine bescheidene Stube. Darf ich Euch etwas anbieten? Einen Rotwein?«
»Da sage ich nicht nein.« Das Männlein folgte Frieder.
»Catharina, bringt Wein und Gläser, etwas Brot und Käse!«, rief Frieder.
»Sofort, Monsieur.«
Sie holte den guten Wein, richtete eine Platte mit Käse und Brot an. Erstaunt hob sie den Kopf, als sie ein seltsames Pfeifen aus dem Salon hörte. Es klang, als ob der Wind durch ein rostiges Regenrohr pfeifen würde oder der Nachbarkater Liebeskummer hätte. Abrupt verstummte der Ton, nur um kurze Zeit später wieder einzusetzen.
Gerald kam vom Hof in die Küche gestürmt. »Ist hier der Kater von nebenan?«
Catharina musste laut lachen. »Nein. Das kommt aus dem kleinen Salon, klingt so, als würde eine Gießkanne malträtiert.Ein kleiner, älterer Mann kam gerade und hat Monsieur ein Paket gebracht.«
»Monsieur Quantz?«
»Ja, so lautet sein Name. Kennt Ihr ihn?«, fragte Catharina verblüfft.
»Er ist Musiker, Flötist, Hofmusikant und Flötenlehrer des Königs.« Gerald verdrehte die Augen. »Ein feiner Mensch, er lebt nur für die Musik und ist etwas weltfremd.« Gerald seufzte laut. »Monsieur war begeistert von seiner Flötenkreation – er hat eine neuartige Flöte gebaut, aber fragt mich bloß nicht, was daran neu oder anders ist. Monsieur hat es mir stundenlang erklärt, begriffen habe ich es nicht. Ich kann offensichtlich Flötenmusik noch nicht einmal von Katzenjammer unterscheiden.«
»Ach?« Catharina musste wieder lachen. »Aber was will Monsieur Quantz hier?«
»Monsieur hat ihn bei unserem letzten Besuch um ein Instrument gebeten, er will es wohl erlernen.«
»Er will Flöte spielen? Musik machen?« Catharina verschluckte sich fast.
»Ja.« Gerald grinste. »Nicht gerade gottesfürchtig«, sagte er leise.
»Nein.« Catharina stellte Gläser, Wein, Brot und Käse auf ein Tablett, ging durch die Diele und öffnete die Tür mit ihrem Ellenbogen. »S’il vous plaît!«
»Merci!« Frieder schenkte ihr ein freundliches Lächeln.
»Madame, merci!« Quantz verbeugte sich, griff nach ihrer Hand, beugte sich darüber und hauchte einen Kuss. Catharina fühlte sich unwohl damit.
»Ihr habt Euch vermählt?«, fragte Quantz und maß Catharina mit seinen Blicken. »Das wusste ich gar nicht. Darf EureFrau sich nicht angemessen kleiden? Oder ist das so üblich in Eurer Heimat?«
»Pardon?« Frieder runzelte die Stirn.
»Ich bin nur die Magd«, sagte Catharina frei heraus und blickte verstohlen zu Frieder. Wieder zog er die Stirn kraus und schüttelte den Kopf.
»Dies ist Mademoiselle te Kamp. Sie ist tatsächlich aus meiner Heimatstadt Krefeld, sie gehört auch meiner Gemeinde an.«
Quantz lächelte und neigte den Kopf. »So eine hübsche Mademoiselle begleitet Euch? Ihr seid ein Glückpilz.«
»Nein, nein«, beeilte sich Frieder zu erklären. »Das ist anders, als Ihr denkt. Catharina ...« Er wies unmissverständlich zur Tür, sie hatte zu gehen. Catharina knickste und verließ den Raum. Im Flur blieb sie jedoch stehen und lauschte.
»Mademoiselle ist meine Kammerzofe.«
»Ach? Irgendwie wirkt sie anders – selbstbewusster. Eine außerordentlich hübsche Person übrigens. Auch wenn sie mehr aus sich machen könnte. Diese schlichte Kleidung ...«
»Entspricht unserem Glauben, Monsieur«, unterbrach Frieder ihn. »Sie ist bescheiden, aber nicht ungebildet.« Er stockte, schien mit sich zu hadern. »Sie ist eine Art Versuch für mich. Das ist ungeschickt ausgedrückt. Bitte setzt Euch doch und nehmt ein Glas Wein und etwas Käse.«
»Ein Versuch?«
Catharina drückte ihr Ohr an die Tür.
»Nun ja, seht, die mennonitischen Frauen führen ihren Haushalt alleine, meist nur mit wenig Hilfe. Eine Magd, manchmal eine Köchin – aber den Haushalt führt die Dame des Hauses. Bisher. Je reicher die Familien werden – ich sehe das bei meinem Onkel, seiner Frau und einigen anderenwohlhabenden Bürgern unserer Stadt –, desto weniger sind die Damen des Hauses in die Haushaltsführung involviert. Sie haben andere Interessen.«
»Aber das ist doch gut so. Warum sollte sich so eine zarte Frau mit Arbeit kaputtmachen? Personal ist dazu da, die nötigen Arbeiten zu verrichten.«
»Monsieur Quantz, das ist sicherlich richtig. Dennoch finde ich gut, wenn die Dame des Hauses durchaus weiß, wie
Weitere Kostenlose Bücher