Seidenmagd
sie kurze Zeit später nach oben. Catharina zeigte der alten Magd ihr Zimmer.
»Für mich?« Thea riss die Augen erstaunt auf. »Ganz alleine?«
»Nun ja, es sind ja zwei Betten vorhanden. Vielleicht stellt Monsieur noch eine zweite Magd ein. Aber vermutlich werden wir uns gar nicht so lange in Potsdam aufhalten.«
Erst jetzt fand sie Zeit, ihr Zimmer in Ruhe zu inspizieren. Während die Kammer der Mägde mit Stroh ausgelegt war, lag in Catharinas Zimmer ein dicker Teppich auf den Dielen. Sie stellte den Krug mit dem heißen Wasser auf den Frisiertisch zu der Waschschüssel. Gerald hatte ihre Truhe vorhin schon in die Kammer gebracht und an den Fuß des Bettes gestellt. Schnell öffnete sie die Truhe, nahm ein Leinentuch, frische Wäsche und ein Stück Seife heraus. Die Waschschüssel war staubig und musste ausgewischt werden. Überhaupt war alles staubig, und die Bettdecken rochen muffig. Sie schüttelte sie aus, öffnete das Fenster und hängte sie zum Lüften über den Sims. Auch die Laden der Truhe waren schmutzig, dort würde sie so schnell keine Kleidung einräumen. Catharina fand keine Bettwäsche und konnte das Bett daher nicht beziehen. Vielleicht ist ja unten Wäsche, überlegte sie.
Nachdem sie sich gewaschen und umgezogen hatte, ging sie hinunter. Frieder, Gerald und Thea warteten schon. Thea und Gerald auf der Ofenbank in der Küche, Frieder in der guten Stube.
Tatsächlich sahen alle Häuser in der Straße gleich aus. Catharina befürchtete, dass sie Mühe haben würde, das richtige Haus zu finden, auch Thea runzelte verwundert die Stirn.
»Ist den Bauherren die Fantasie ausgegangen?«, fragte sie, als sie um die Ecke bogen und feststellten, dass der nächste Straßenzug genauso aussah.
»Die Häuser sind in Karrees gebaut«, erklärte Frieder. »Es nennt sich das Holländische Viertel und ist den Häusern inden Niederlanden nachempfunden. Auch dort gibt es solch eckige Giebel.«
»Wozu ein Holländisches Viertel hier in Potsdam?«, wollte Catharina wissen.
»Es wurde im Zuge einer Stadterweiterung vor dreißig Jahren gebaut. Der König hoffte damals, niederländische Handwerker nach Potsdam zu locken. Das ist nur zum Teil gelungen, also wurden die Zinshäuser an Handwerker, Handelsvertreter und auch an Soldaten vermietet. Ich griff letztes Jahr zu, als sich die Chance bot. Schließlich muss ich öfter geschäftlich hierher.«
»Aber Euer Haus steht leer in der Zeit, in der Ihr nicht hier weilt?«, fragte Catharina unschuldig, so als hätte sie die Unterredung zwischen Gerald und Frieder nicht gehört.
Gerald räusperte sich. Frieder zog die linke Augenbraue hoch. »Nein«, sagte er dann mürrisch. »Zumindest sollte es das nicht. Aber offensichtlich ist mein Plan nicht aufgegangen.«
Catharina spürte seinen Unwillen und fragte nicht weiter nach. Sie erreichten die Garküche, aus der es verführerisch nach Spanferkel roch.
»Ich habe hier schon des Öfteren gespeist, es gibt einfache, aber herzhafte Mahlzeiten.« Frieder führte sie zu einem der derben Holztische.
Ihnen wurde ein großer Krug schäumendes Bier gebracht, frisches Brot, dampfendes Sauerkraut und duftendes Schweinefleisch. Beherzt langten sie zu, nur Thea hielt sich zurück. Sie zerriss eine Scheibe Brot in Fetzen und tunkte diese in die Fleischsoße.
Nachdenklich sah Frieder sie an, stand dann auf und ging zur Küche. Kurze Zeit später kehrte er mit einer Schüssel mit kleinen Fleischstückchen zurück.
»Eigentlich servieren sie die Reste nicht, sondern kochen daraus Sülze.« Er schob der alten Magd die Schüssel zu und lächelte.
Thea senkte den Kopf, langte aber ordentlich zu.
Nach der Mahlzeit führte Frieder sie durch das Viertel, das in vier Blöcke aufgeteilt war. Die meisten Häuser hatten hübsche Fensterläden und bemalte Haustüren.
»Und jedes Haus hat einen Garten?«, fragte Catharina. Sie sah, dass die Häuserreihen an den Kanten nicht aneinanderstießen und dass es dort Toreinfahren gab.
»Ja, die Gärten sind unterschiedlich groß. Aber auch die Eckhäuser haben zumindest einen kleinen Hof.« Er lächelte. »Potsdam ist genau wie Hannover eine Stadt. Vor den Toren haben etliche Bürger Gärten, doch hier leben Händler und Kaufleute, Leute, die nicht selbst Gemüse und Obst anbauen. Dafür haben sie gar keine Zeit.«
»Eure Familie hat einen Kräutergarten und auch einen großen Gemüsegarten.«
»Krefeld ist Provinz, meine Liebe.« Frieder nahm ihren Arm und führte sie weiter. »Ich bin gespannt,
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