Seidenmagd
wie Euch das Leben in einer richtigen Stadt schmeckt.«
»Wenn es so schmeckt wie heute«, sagte Catharina und leckte sich über die Lippen, »will ich zufrieden sein.« Seine Hand auf ihrem Arm löste in ihr ein Kribbeln aus, so als liefen Ameisen über ihre Haut. Sie war sich nicht sicher, ob sie das befremdlich oder angenehm finden sollte.
Frieder lachte. »Ich hatte ein Mädchen eingestellt, das die einfachen und groben Arbeiten verrichtete. Sie sollte auch das Haus hüten. Offensichtlich hat sie das nicht getan, sondern sich aus dem Staub gemacht. Sie hatte wohl auch lange Finger und hat ein paar Dinge entwendet.«
»Oh.« Catharina sah ihn an. »Werdet Ihr sie verfolgen?«
Frieder seufzte. »Ich fürchte, sie ist schon über alle Berge. Trotzdem werde ich natürlich Erkundigungen einziehen.« Er schaute sie an. »Falls wichtige Gegenstände in der Küche und in der Hauswirtschaft fehlen, sagt mir Bescheid, damit ich sie ersetzen kann.«
Catharina zog die Stirn kraus. »In meinem Zimmer gibt es keine Bettwäsche, soweit ich feststellen konnte.«
»Was?« Frieder blieb stehen, sah sie entsetzt an. »Das ist nicht Euer Ernst!« Er schnaufte und zog sie energisch mit sich in Richtung Haus. »Diese Hundsfott! Hat die gesamte Wäsche gestohlen!« Wieder blieb er abrupt stehen, drehte sich um. »Gerald, du musst heute Abend noch Bettwäsche besorgen, anscheinend hat die kleine Diebin nicht nur meine Wäsche geklaut. Diese Tochter einer Ratte, möge der Aussatz sie treffen!«
»Heute Abend?« Gerald schüttelte den Kopf. »Wie stellt Ihr Euch das vor?« Doch dann erst schien er zu begreifen. »Sie hat sämtliche Bettwäsche mitgehen lassen?«
Frieder nickte. »Scheint so.«
»Sapperlot, die Schlampe. Unglaublich.« Er schüttelte den Kopf. »Ich werde schauen, ob uns das Gasthaus am Stall Bettwäsche borgt. Ihr werdet neue kaufen müssen.«
»In der Tat!« Frieder zog Catharina enger an sich. »Was für ein Auftakt in dieser Stadt. Dennoch bin ich überzeugt, dass Potsdam Euch gefallen wird.«
Catharina atmete den Duft seiner Haut ein, fühlte die Wärme seines Körpers und fand Gefallen an der ungewohnten Nähe.
Kapitel 29
Eine Woche später hatten sie sich eingerichtet, die gestohlenen Haushaltsgegenstände ersetzt und die Küche in Betrieb genommen. Catharina und Thea hatten das Haus geputzt, und nun blitzte und blinkte alles. Inzwischen wussten sie auch, wo es gute Händler gab und wann Markt war.
Die ersten Tage hatten die beiden Frauen tatsächlich Probleme, das Haus wiederzuerkennen, doch dann hatte Catharina einen auffälligen Krug in das Fenster der Stube gestellt.
Thea stand in der Früh auf und bereitete die erste Mahlzeit. Am ersten Morgen deckte Catharina den Tisch für Frieder in der guten Stube, doch er nahm seinen Teller und seinen Krug und setzte sich zu seinem Gesinde in die Küche.
»Alleine essen macht melancholisch«, sagte er mit einem Zwinkern.
Tagsüber war er meist unterwegs oder las. Auch hier gab es etliche Bücher, und fast täglich brachte Frieder neue. »Es ist unglaublich, was man in dieser Stadt für eine Auswahl hat. Ich wünschte, so etwas gäbe es auch in Krefeld«, sagte er nachdenklich.
»Monsieur ter Meer hat eine große Sammlung an Büchern und verleiht sie auch«, erzählte Catharina ihm.
»Ach?« Erstaunt zog Frieder die Augenbrauen hoch. »Wie ungewöhnlich. Und warum weiß ich davon nichts?«
Catharina zuckte mit den Schultern. »Vielleicht, weil es Euch bisher nicht interessiert hat. In der Gemeinde ist es wohlbekannt.«
»So, so, in der Gemeinde«, sagte er mit einem amüsierten Lächeln. »Fehlt sie Euch eigentlich?«
Catharina dachte nach. »Ja, schon. Mir fehlt die Zeit der Besinnung und auch manches Wort der Prediger.«
»Das wundert mich. Ich weiß zwar, dass Ihr gläubig seid, hätte aber nicht gedacht, dass Ihr Gefallen an den langatmigen Predigten habt.«
»So manches, was die Prediger ansprechen, klingt in mir nach. Hin und wieder grübele ich auch über den Sinn ihrer Worte, doch oft steckt etwas darin, was man mitnehmen kann in den Alltag. Geht es Euch nicht so? Immerhin besucht Ihr die Gottesdienste auch.«
»Ja, aber eher aus repräsentativen Gründen. Mein Oheim meint, wir wären dazu verpflichtet, der Gemeinde ein gutes Vorbild zu sein.«
»Und Ihr lauscht der Botschaft des Herren nicht?«
»Nun, doch. Meistens. Aber oft finde ich sie zu sittenstreng und zu tugendhaft.«
»Auch die Prediger müssen Vorbilder sein, sagte mir Monsieur
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