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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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wisperte sie. Er zuckte zusammen, so als ob er sie endlich gehört hätte. Doch es kam keine weitere Regung.
    Schweigend saß sie neben ihm, erneuerte immer wieder den feuchten Lappen auf seiner Stirn. Wadenwickel zu machen, traute sie sich nicht recht. Er stöhnte auf, sobald man ihn berührte, und sie hatte Angst, ihm Schmerzen zu bereiten. Sie schnitt sich ein Stück Brot und etwas Käse ab, doch obwohl sie Hunger hatte, schmeckte es ihr nicht. Es erschien ihr ungerecht, dass sie hier saß und etwas zu sich nahm, während Heinrich so sehr litt.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Thea zurückkehrte. Sie brachte einen Krug mit, in dem ein bitter riechender Aufguss war. »Es muss noch etwas abkühlen«, sagte sie. »Riecht scheußlich, aber wenn es hilft ...« Sie zog eine kleine Phiole aus ihrer Rocktasche.
    »Was ist das?«, fragte Catharina.
    »Lindenblütentinktur. Ich werde ihm davon alle halbe Stunde drei Tropfen auf die Zunge geben. Wenn das nicht hilft, das Fieber zu senken, hilft gar nichts. Aber lange übersteht er es sowieso nicht mehr.« Thea fühlte nach seinem Puls. »Das Herz rast, aber es wird schwächer.«
    Gemeinsam flößten sie ihm den Trunk aus Beinwellwurzel ein, gaben ihm die Tropfen auf die Zunge. Sein Zustand verändertesich nicht, das Fieber schien sogar noch zu steigen. Er bekam Schüttelfrost, obwohl ihm der Schweiß auf der Stirn stand. Catharina holte eine weitere Wolldecke aus einem der anderen Zimmer und deckte ihn zu.
    Der Morgen graute, ein schwaches Licht zeigte sich am Himmel. Die Pferde wieherten erwartungsvoll, als eine Magd zum Brunnen ging und Wasser holte. Bald regte sich das Leben in Haus und Hof, der Duft frischen Brotes drang zu ihnen.
    »Was hat es mit dem Buch auf sich?«, fragte Thea. »Es ist ein Kräuterbuch, nicht wahr?«
    »Ja. Ich finde es sehr interessant. Es hat eine Nonne geschrieben, die sehr viel über Kräuter und Pflanzen und ihren Nutzen wusste. Wo hast du Heilkunde gelernt?«
    »Von meiner Mutter und die von ihrer Mutter. Bei uns wurde das Wissen von Generation zu Generation weitergegeben. Doch ich habe keine Kinder, und mein Wissen wird mit mir sterben.« Plötzlich klang sie traurig. Dann schaute sie auf. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Heilkunde durch ein Buch lernen kann.«
    »Vermutlich nicht. Aber man kann sich ein wenig Wissen über Pflanzen aneignen. In dem Buch steht, dass Lindenblütentinktur Fieber senken kann, aber nicht, wie oft man es verabreichen soll.« Sie schaute zu Heinrich, er schien ruhiger und tiefer zu atmen.
    »Nun, warum interessiert es dich? Willst du Heilfrau werden?«
    Catharina dachte nach. »Wenn ich das wählen könnte, wäre es sicherlich etwas, was ich tun würde. Aber wirklich weiß ich nicht, ob ich dazu geeignet bin. Es gehören Dinge dazu, die ich noch nie erlebt oder gesehen habe. Es reicht janicht, Tinkturen, Salben und Aufgüsse zuzubereiten.« Sie schluckte. »Man muss auch kranke Menschen pflegen. Ob ich das könnte, weiß ich nicht.«
    »Es gibt schöne Augenblicke, aber die schrecklichen überwiegen. Manchmal kann man nicht helfen, manchmal nur Schmerzen lindern. Das scheinen wir bei Heinrich zumindest erreicht zu haben.« Thea fühlte wieder seinen Puls, zog die Decke weg, um nach den Wadenwickeln zu schauen. Er hatte die Beine nicht mehr zu starr angewinkelt, auch der Kopf schien nicht mehr krampfhaft nach hinten gezogen zu sein. »Der Aufguss hilft.« Thea wirkte erstaunt. »Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Geht es ihm besser?« Catharina sah sie erwartungsvoll an, doch Thea schüttelte den Kopf.
    »Das kann man so nicht sagen.« Sie legte Heinrich die Hand auf die Stirn, dann vorsichtig in den Nacken. »Das Fieber ist gesunken. Wir versuchen ihm noch mal etwas von dem Aufguss zu geben.«
    Immer noch war Heinrich nicht bei Bewusstsein, es war schwierig, ihm etwas einzuflößen, denn er schluckte nicht, und so drohte die Gefahr, dass er erstickte. Thea zeigte Catharina, wie sie es machen musste.
    »Heb vorsichtig den Kopf an, so dass sein Hals so gerade wie möglich ist. Du musst den Mund öffnen, nur ein wenig, nicht zu weit. Dann gießt du ein wenig auf die Zunge, immer nur ein paar Tropfen, und streichst den Hals hinunter – ruhig kräftig. Dadurch schluckt er die Flüssigkeit.«
    Vorsichtig half Catharina der alten Frau.
    »Gut machst du das«, lobte Thea.
    »Wird er jetzt genesen?«
    Thea hielt kurz die Luft an. »Nein«, sagte sie dann leise.»Das glaube ich nicht. Wenn Fieber in den Kopf

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