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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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Bisher war sie noch nicht in den Gesinderäumen gewesen, hatte nur eine ungefähre Ahnung, wo diese überhaupt waren. Doch der Duft, der aus der großen Küche im Haupthaus drang, zeigte ihr den Weg.
    Unschlüssig blieb sie an der Tür stehen, es herrschte hektische Betriebsamkeit in dem großen Raum.
    »Mademoiselle?« Sofia hatte sie entdeckt und kam auf sie zu. »Fehlt Euch etwas?«
    »Ich suche Heinrich, unseren Kutscher.«
    Suchend sah die Magd sich um. »Hier scheint er nicht zu sein. Martin, hast du den Kutscher aus Krefeld gesehen?«
    Die Dienerschaft saß um den riesigen Esstisch, gerade wurden die Schüsseln aufgetragen.
    Martin nahm sich eine dicke Scheibe Brot, riss sie in zwei Stücke und tauchte eine Kante in die Grütze. »Nein«, sagte er und biss ab.
    »Aber irgendwo muss er doch sein?« Catharina knetete unruhig die Hände.
    Sofia zuckte mit den Achseln, ging zurück zu Tisch und setzte sich auf die Bank. Schnell griff sie zu dem Brot, nahm eine Scheibe und folgte Martins Beispiel. Keiner schien sich zu kümmern, was Catharina betrübte. »Wo ist denn seine Kammer?«, wollte sie wissen.
    »Den Gang runter, dann raus auf den Hof. Die Knechte, Kutscher und Stallburschen schlafen über dem Stall, neben dem Heuschober.« Martin nahm sich seelenruhig eine weitere Scheibe Brot.
    Catharina folgte seiner Beschreibung. Die Stiege zum Heuschober war noch steiler als die schmale Treppe in ihrem Elternhaus.
    »Heinrich?«, rief sie zuerst zögerlich. Doch niemand antwortete, nur die Pferde schnaubten. »Heinrich?«, rief sie, diesmal lauter. Nachdem sie das dritte Mal gerufen hatte, ohne dass eine Antwort kam, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, raffte die Röcke und stieg die Stiege empor.
    »Heinrich?« Es roch nach Heu und Staub, ein wenig auch nach dem Urin von Mäusen. Sie konnte in dem engen Gang kaum stehen, musste den Kopf einziehen. Links von ihr, über den Pferdeboxen, lagen die Kammern. Sie klopfte, öffnete eine Tür nach der anderen. Zwei schmale Pritschen mitStrohmatratzen waren in jeder Kammer, auf jeder lag eine dicke Wolldecke, die kratzig aussah. Auch der Boden war mit Stroh bedeckt, doch nicht so wie bei ihnen zu Hause, mit Kräutern gegen das Ungeziefer vermischt. In der dritten Kammer lag Heinrich. Er atmete hektisch, sein Gesicht war rot, die Wangen wirkten so, als hätte er sie aufgeblasen.
    »Heinrich?« Catharina trat zu ihm, doch er reagierte nicht. Sie legte ihm die Hand auf die Stirn, zog sie dann erschrocken zurück. Der Kutscher schien zu glühen. Sein Kopf war nach hinten gestreckt, die Augen waren geschlossen. Catharina sah, dass er die Beine angezogen hatte.
    »Heinrich!« Sie war entsetzt. In der Kanne neben dem Bett war etwas Wasser. Sie fand einen Lappen, tauchte ihn hinein und legte ihn dem Kutscher auf die Stirn, das hatte ihre Mutter immer gemacht, wenn sie Fieber hatte. Wadenwickel, fiel ihr ein, halfen auch. Heinrich stöhnte leise, reagierte aber ansonsten nicht.
    Ich brauche Hilfe, dachte Catharina. Vorsichtig stieg sie die Stiege hinunter, lief zurück zur Küche.
    »Hilfe! Bitte helft mir. Heinrich ist krank!«
    »Was hat er denn?«, fragte die Mamsell. »Er klagte heute Morgen über Kopfschmerzen, konnte das Sonnenlicht kaum ertragen.« Sie grinste. »Da hat er wohl gestern dem Bier zu sehr zugesprochen.«
    Auch andere lachten nun. »Ja, er hat wohl ordentlich einen über den Durst getrunken.«
    »Nein, er fiebert, und er hat den Kopf so seltsam verdreht. Er ist wirklich krank.« Doch niemand schien wirklich auf ihre Worte zu hören. »Bitte!«, flehte sie. »Helft mir!«
    Ein hutzeliges Weiblein stand auf. Sie trug schwarze Kleidung, die Haube tief ins Gesicht gezogen, ihr Rücken wargebeugt, und sie musste den Kopf heben, um Catharina anzusehen.
    »Nun beruhigt Euch, Mademoiselle. Männer trinken schon mal zu viel. Umgebracht hat das noch keinen hier.«
    »Aber wenn ich es doch sage – er ist wirklich krank.«
    »Nun gut.« Das Weiblein ging an ihr vorbei und hinaus zum Stall. Stöhnend erklomm sie die Stiege. »Wo ist er denn?«, fragte sie.
    »In der dritten Kammer.« Catharina folgte ihr.
    Die alte Frau öffnete die Tür, sie ging nur einen Schritt in die Kammer, blieb dann stehen. »Zum Teufel – er ist tatsächlich krank.«
    Catharina zuckte zusammen, als sie den Fluch hörte, doch sie fasste sich schnell. »Was können wir tun? Bist du heilkundig?«
    »Ich habe ein wenig Ahnung von Kräutern«, murmelte die alte Frau. Dann drehte sie sich um, schaute

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