Seidenmagd
kneten.
»Lass mich das machen, Maman. Hast du geschlafen?«
»Ein wenig. Im Sessel.« Esther drückte ihre Hände ins Kreuz.
»Ich mache Frühstück und schicke die Mädchen zur Schule. Leg du dich hin.«
Esther schüttelte den Kopf. »Die Kostüme müssen noch zu den von der Leyen.«
»Ich kann sie doch hinbringen.« Catharina merkte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Die Aussicht darauf, Frieder wieder zu treffen, ließ ihr Herz schneller pochen. Sie beugte sich über den Brotteig.
»Das würdest du machen?« Die Mutter sah sie zweifelnd an.
»Naturellement.«
»Es wäre eine große Erleichterung für mich. Auf dem Rückweg könntest du ein paar Dinge einkaufen. Es fehlt Mehl und Speck. Zum Glück habe ich schon einen Teil des Geldes bekommen, jetzt können wir die Vorräte wieder auffüllen.«
»Ich habe gestern nur drei Eier aus den Gelegen geholt. Ich fürchte, die Hühner werden zu alt und legen nicht mehr«, sagte Catharina leise. »Dabei werden die Tage jetzt doch wieder länger, und sie sollten mehr legen.«
»Da helfen auch keine längeren Tage. Den beiden alten Hennen kannst du ruhig den Hals umdrehen, für eine Suppe und ein wenig Frikassee sind sie noch gut genug. Wir werden uns Junghennen kaufen müssen.« Wieder seufzte sie.
Catharina schob den Brotlaib in den Ofen, rührte die Grütze um. »Wir haben noch einen halben Schinken, ein paar Kohlköpfe, zwei Lagen Wurzeln, ein halbes Fässchen Sauerkraut und drei Lagen Äpfel.«
Besorgt schaute Esther nach draußen. Der Winter schien kein Ende zu nehmen, eisige Winde drückten den Qualm der Kamine in die Gassen. »Es ist erst Anfang Februar, wirhaben bestimmt noch zwei kalte Monate vor uns. Dieses Jahr war die Ernte schlecht, und durch die Besatzer sind die Preise allerorts gestiegen. Wäre doch schon das Frühjahr da, und wir könnten frische Kräuter und junges Gemüse ernten.«
»Bis dahin wird es noch dauern. Mal schauen, ob ich auf dem Markt noch etwas finde. Hast du die Kleider schon verpackt?«, fragte Catharina.
Esther nickte. »Du kannst sie gleich wegbringen. Und sag Mamsell Luise, dass wir gerne kommen, um die Kleider anzupassen.«
»Oui.«
Elisabeth und Mette hüpften die Treppe herunter. Die beiden Mädchen waren meist unbekümmert und schienen die Last, die auf der Familie lag, besser zu ertragen als ihre großen Schwestern.
Vielleicht, dachte Catharina, liegt das daran, dass sie es fast nur so kennen. Viele Erinnerungen an »früher« konnten die beiden nicht haben.
Als der Vater noch gelebt hatte, war das Leben der Familie unbeschwerter und sorgloser gewesen. Selbst Esther hatte damals öfter gelacht. Heute zwang sie sich hin und wieder zu einem Lächeln, laut lachen hatte Catharina sie seit der Schlacht an der Hückelsmay nicht mehr gehört.
Catharina füllte die Schalen der Mädchen mit Grütze, nahm das Brot aus dem Ofen und schnitt es auf. Sie hatten Gänse- und Schweineschmalz statt süßer Butter.
»Guten Morgen«, sagte Henrike und schob sich neben Mette auf die Bank. »Alle gut geschlafen?« Sie strich der einen Schwester über den Kopf, knuffte die andere liebevoll in die Seite.
»Lasst uns beten.« Esther klang tadelnd.
Alle senkten den Kopf, und Esther sprach ein kurzes Gebet, verteilte dann das Brot. »Schling nicht so«, ermahnte sie Henrike.
»Muss mich beeilen«, murmelte Henrike.
»Du könntest einfach früher aufstehen.«
Henrike warf Catharina einen Blick zu und verdrehte die Augen.
»Deine Schwester ist schon seit einer Stunde auf und hat das Frühstück bereitet.«
»Ja, Maman.«
Sie aßen schweigend. Nach dem Frühmahl stand Esther auf, wieder seufzte sie.
»Leg dich hin, Maman«, sagte Catharina leise. »Ich kümmere mich schon um alles.«
»Kind, das ist schön. Bring doch bitte dann die Bücher zurück zu den ter Meers.« Sie tätschelte die Schulter ihrer Tochter und stieg langsam die Treppe nach oben.
Abraham ter Meer, ein Gemeindemitglied, hatte vor einigen Monaten Anna te Kloot geheiratet. Sie war zwölf Jahre älter als Catharina und ihr zu einer mütterlichen Freundin geworden. Die größte Leidenschaft des jungen Ehepaars waren Bücher. Abraham hatte von seinem Bruder Claes eine Sammlung von dreitausend Büchern und Folianten geerbt. Die kostbaren Bücher hielt er in Ehren, verlieh sie jedoch für eine geringe Gebühr an Mitglieder der Gemeinde. Zu den te Kamps gab es freundschaftliche Verbindungen, und so kamen die Frauen unentgeltlich in den Genuss mannigfaltiger
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