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Seidentanz

Seidentanz

Titel: Seidentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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bis ich nicht mehr konnte.
    Meine Schultern sackten vornüber, als wäre mein eigenes Gewicht zu schwer zu tragen. Alle Geräusche verklangen, bis auf einen ganz hohen, sirrenden Ton, der meine Nerven zu sprengen drohte. Dieser war meinem Gehör so nahe, daß er die Stelle der Trommeln einnahm, immer lauter wurde. Ich verlor das Gleichgewicht, taumelte. Von einem Herzschlag zum anderen fiel ein schwarzes Tuch von oben, wie ein Bühnenvorhang. Der Raum drehte sich vor meinen Augen und wurde schwarz. Dann eine Erschütterung, die nicht mehr Teil des Tanzes war. Und dann Stille.
    Ich mußte wohl für ein paar Sekunden das Bewußtsein verloren haben. Als ich zu mir kam, standen die Tänzer und Musiker im Kreis und starrten auf mich herab. Von allen Seiten kam betroffenes Gemurmel. Meine Augen klärten sich, wenn ich mich auch noch immer schwach und elend fühlte. Man hatte mich von der Maske befreit. Mein Kopf fühlte sich kühl und erlöst an. Aiko, im schwarzen Trainingsanzug, umfaßte meine Schultern, setzte eine warme Schale an meine Lippen. Ich trank, die Schale schlug an meine Zähne. Doch der Tee gab mir Kraft, ich fühlte mich besser. Aiko half mir, mich aufzurichten.
    »Es tut mir leid…«, stammelte ich. »Die Hitze…«
    Sie machte ein besorgtes Gesicht.
    »Ruth-San, du bist überanstrengt. Mein Mann verlangt zuviel von dir. Er kann manchmal sehr tyrannisch sein, ne?« Sie warf Sagon, der aufgewühlt neben mir kniete, einen betont vor-wurfsvollen Blick zu.
    »Bald kann sie keinen Schritt mehr tun, und es ist deine Schuld! Und wer tanzt den Ranryô-ô?«
    Sagon machte ein schuldbewußtes Gesicht. Ich lächelte, um ihn zu beruhigen.
    »Mir ist schon wieder gut.«
    Ich versuchte meine Gedanken zu sammeln; in meinem Kopf waren irgendwelche Visionen gewesen, undeutlich, drohend und quälend. Auch jetzt noch, da die Musik verstummt war, die unbeschädigte Maske in ihren Seidenstoff eingewickelt, fühlte ich mich beunruhigt. Doch ich dachte: Was hast du denn anderes erwartet? Inzwischen packten die Bugaku-Spieler ihre Sachen ein, verneigten sich zum Abschied und schlüpften in ihre Schuhe. Sie nahmen an, daß der Druck der Maske und die Anstrengung der Probe auf mich eingewirkt hätten; jetzt waren sie froh, daß es mir besserging. Ich hörte das Knirschen ihrer Schritte auf dem Kies; Stimmen und Lachen entfernten sich.
    Dann war nur noch das Zirpen der Zikaden hörbar und das leichte Klirren der Teeschalen, die Aiko auf einem großen Tablett einsammelte. Sagon betrachtete mich, ernst und stumm.
    Ich rieb mir die Schulterblätter mit kreisenden Bewegungen.
    »Es ist die Maske«, sagte ich zu ihm.
    Er nickte.
    »Ja, ich weiß.«
    Ein Schweigen folgte. Ich fröstelte trotz der Hitze. Sagons Augen ließen nicht von mir ab. Sein Gesicht war von einem leichten Schweißfilm überzogen.
    »Ruth-San, du brauchst nur ein Wort zu sagen…«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein. Ich balge mich ganz gerne mit Gespenstern. Sie kommen nicht selten auf die Bühne und werden, so nach und nach, ziemlich zutraulich. Ich werde mit dem Ding schon fertig werden.«
    Ich knotete meinen Pullover um die Schultern und erhob mich. Meine Bewegungen waren wieder fest, mein Schritt geschmeidig. Der Priester und seine Frau verbeugten sich zum Abschied. Mir schien, daß diese Verbeugung tiefer und inniger ausfiel als sonst. An der Schwelle der Schiebetür erwiderte ich den Gruß, bevor ich in meine Sandalen schlüpfte. Als ich nach draußen trat in die Dunkelheit, sah ich Kunio auf der Vorve-randa sitzen, dort, wo er immer auf mich wartete. Er stand auf, streckte die Hand aus; unsere Finger verschränkten sich zu einem, fest und vertraut. Hand in Hand wanderten wir durch die Dunkelheit. Und kaum waren wir zehn Schritte gegangen, da fragte er schon:
    »Was ist mit dir?«
    Ich sah ihn überrascht an.
    »Warum fragst du?«
    »Deine Hand ist kalt.«
    Ich stellte fest, daß es wirklich so war.
    »Es ist ganz erstaunlich, wie du diese Dinge merkst.«
    Wir gingen den Bach entlang, in der weichen, sternenglit-zernden Nacht; in der Mitte einer geschwungenen Holzbrücke blieben wir stehen, lehnten uns über die Brüstung. Das leise Klingeln unzähliger Fahrräder erfüllte die Straßen, mischte sich in das Glucksen des Wassers. Ich blinzelte, schüttelte den Kopf, versuchte ihn zu klären. Kunio brach das Schweigen nicht Seine Gegenwart schien mich wieder mit mir zu vereinen. Nach einer Weile erzählte ich ihm, was vorgefallen war.
    »Es wird eine ziemliche

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