Seidentanz
Haut war.
»Man kann sich hierin nicht eine Sekunde lang täuschen«, sagte ich. Er lachte leise, ein wenig verwirrt.
»Ich wußte nicht, daß ich eines Tages dazu fähig sein wür-de.«
Ich schob meine Hände an seinen Hüften entlang; sein Körper war warm und dicht, er hatte eine ganz gleichmäßige goldene Tönung und bebte leicht unter meinen Fingern. Dieser Körper war mir noch nicht vertraut; es war wundervoll, ihn zu entdecken.
»Du… wie schön du bist«, flüsterte ich.
Er umfaßte mich mit beiden Armen, so fest, daß er meinen Atem aus dem Gleichmaß brachte.
»Eine Frau sollte einem Mann niemals sagen, daß er schön ist. Sonst glaubt er am Ende noch, daß sie in ihn verliebt ist.«
»Darauf lasse ich es ankommen.«
»Wir Japaner nehmen die Leidenschaft sehr ernst, Ruth-San.«
»Großartig!«
Es war dunkel im Zimmer, doch nicht ganz: Die zunehmende Mondsichel warf blaue Schatten, gemischt mit dem Neonlicht der Straßenbeleuchtung. Die Schatten bewegten sich, während wir uns auf dem Futon umarmten. Er streichelte meine Hüften, die so hart waren wie seine – die Hüften einer Tänzerin eben –
und dann mit den Fingern die Innenseite meiner Schenkel aufwärts. Wir küßten uns lange, schlossen nicht die Augen dabei; wir sahen uns an, und ich spürte seine Hand in mir, sanft und geübt, bis ich aufstöhnte. Schon möglich, daß ich nicht in ihn verliebt war; aber ich war von ihm angezogen, verzaubert. Er war nicht abgebrüht, das war es, was mir so an ihm gefiel.
Noch hatte sich bei ihm eine große Unbefangenheit erhalten.
Und gleichzeitig hatte ich nie einen Mann in den Armen gehalten, der feinfühliger gewesen wäre als er. Er hatte sofort gemerkt, daß es für mich nichts Schöneres gab als Verzögerung, Zärtlichkeit, das gleichzeitige Erkunden zweier Körper, die sich begehren. Er beschleunigte nichts, seine Finger nahmen sich Zeit, entdeckten meinen Schoß, das lebendige innere Fleisch.
Ich genoß diese schwachen Traumbewegungen seiner Finger in mir, manchmal leicht wie das Streicheln einer Feder, manchmal stärker, fast schmerzhaft; ein Schmerz, der höchste Lust war.
Wir sprachen jetzt nicht mehr; unsere Körper sprachen für uns eine deutliche Sprache. Ich preßte die Beine fest ineinander, hielt seine Hand mit meinen Schenkeln fest. Er sollte spüren, wie ich beschaffen war – klein und hart und eng, mit den festen Muskeln, die einen Mann zur Ekstase bringen. Das kann man trainieren, wie alles andere auch. Ein Mann, der Erfahrung hat, spürt diese Dinge. Meine Hände, die am Anfang sehr kühl gewesen waren, wurden plötzlich fordernd und heiß. Ich be-rührte ihn an den richtigen Stellen, mit der richtigen Intensität, bis seine Brustwarzen hart und klein wurden und ich ihn leise keuchen hörte. Da wälzte ich mich auf ihn, preßte meine Knie an seine Hüften. Er stieß in mich hinein, stöhnte leise, während ich ihn immer fester in mich hineinpreßte. Ich genoß es, einen Mann vollkommen zu besitzen, ihn mit meinem Körper festzuhalten, einen Schmerz zu empfinden, der so natürlich war. Ich schaukelte langsam auf ihm, fühlte mich ganz von ihm ausgefüllt. Ich verfügte über viel Geschicklichkeit, es gelang mir, mich noch tiefer zu öffnen, ihn noch vollständiger zu umfangen. Er seufzte kaum hörbar, seine Augen leuchteten bläulich; er legte beide Hände auf meine Lenden, drückte sie sanft, dann stärker, schneller, zeigte mir, wie er es haben wollte, bis ein tiefer Schauer ihn durchbebte, sein Körper sich mir entgegen-hob. Ich ließ mich auf seine Brust sinken, das Gesicht an seinen warmen Hals gedrückt, fühlte das Pochen seines Blutes in der Schlagader, die ich zärtlich mit der Zunge berührte. Eine Zeitlang lagen wir da, in der Feuchte der eigenen Ermattung; wahrscheinlich schliefen wir sogar eine Weile. Als wir aufwachten, war alles still; nur das hypnotische Zirpen der Glockenzikade strömte durch den offenen Türspalt. Ich hob den Kopf, im selben Augenblick, da auch er sich bewegte, die Augen auf meine richtete. Die Mondsichel schwebte tief und schräg vor dem Fenster. Es mußte etwa vier Uhr morgens sein.
»Kunio«, fragte ich leise, »was ist mit uns?«
Die Muskeln seiner Schultern zitterten leicht, als ich sie mit meinen Lippen streichelte.
»Ich verstehe nicht, was ich fühle. Ich fühle es zum ersten Mal.«
»Du auch?«
Er nickte.
»Es ist seltsam, nicht wahr? Ich habe es noch nie empfunden, aber möglicherweise… «
Er stockte, sprach den Satz nicht
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