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Seidig wie der Tod

Seidig wie der Tod

Titel: Seidig wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Ross
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vor und trat beiseite. „Warum kommen Sie nicht herein?“
    Ohne den Blick von ihm zu lösen, hob sie in einer stummen Herausforderung das Kinn. „Sagte die Spinne zu der Fliege?“
    Die Dame besitzt Mut, dachte Roman und verzog den Mund zu einem weiteren humorlosen Lächeln. „Genau.“
    Der verrückte Gedanke, Roman Falconer könne der Mann sein, der die hübsche junge Mary Bretton vergewaltigt hatte, durchzuckte Desiree. Während sie sich sagte, dass ihre Fantasie wieder einmal mit ihr durchging und der Autor all dieser Horrorthriller sich lediglich auf ihre Kosten amüsierte, straffte sie die Schultern und betrat Romans Haus.
    Die Journalistin hereinzubitten, war ein Impuls gewesen, den Roman im gleichen Augenblick bereute, als sie die Schwelle überschritt.
    „Möchten Sie etwas trinken?“, fragte er und spielte die Rolle des aufmerksamen Gastgebers, während er überlegte, was er mit ihr anfangen sollte. „Kaffee? Ich glaube, ich habe auch irgendwo noch Teebeutel.“
    Er erwähnte nicht, dass der Tee von einer früheren Geliebten stammte, die er bei den Recherchen für sein neuestes Buch kennengelernt hatte. Als junge Streifenpolizistin, die neu im Viertel war, hatte Janet Osborne ihn mit mehreren minderjährigen Prostituierten bekannt gemacht – einschließlich sämtlicher Vergewaltigungsopfer. Roman fragte sich, wie lange es dauern mochte, bis O’Malley die Verbindung sah.
    Die Schatten in seinen dunklen Augen vertieften sich, und unter diesem ruhigen, unzugänglichen Blick war Desirees Mund plötzlich wie ausgetrocknet. „Ich hätte gern ein Glas Wasser.“
    „Auf der Stelle.“ Er deutete auf eine nahe Tür. „Machen Sie es sich bequem. Ich bin gleich wieder da.“
    Von Neugier erfüllt, betrat Desiree den Raum, der einst zweifellos ein Salon gewesen war und jetzt ganz offensichtlich als Bibliothek benutzt wurde.
    Mythologische Figuren schmückten die hohen Gipsdecken. Es war eine Weile her, seit jemand diesen Raum gereinigt hatte. Eine Staubschicht hatte sich auf den antiken Tischen und dem Rollpult abgesetzt, und Zeitschriften stapelten sich auf einem Orientteppich, der aussah, als ob er sehr kostbar wäre.
    Drei Wände wurden von Bücherregalen gesäumt, die mit einer faszinierenden Mischung aus Unterhaltungsliteratur und Sachbüchern gefüllt waren. Zwei breite Terrassentüren an der vierten Wand gingen auf einen Innenhof hinaus, der einen wahren Dschungel aus subtropischen Pflanzen darstellte. In der Mitte dieses überwucherten, ungepflegten Gartens stand ein verwitterter Springbrunnen mit drei Nymphen, die in dem grünen, algenerstickten Wasser zu tanzen schienen.
    Wenn man Roman glauben durfte, war dies der gleiche Ort, an dem ein früherer Besitzer des Hauses sechs junge Frauen vergraben hatte, nachdem er sie vergewaltigt und ermordet hatte. Als dieser Gedanke sich als zu verwirrend erwies nach dem brutalen Verbrechen der vergangenen Nacht, wandte Desiree ihre Aufmerksamkeit wieder den Bücherregalen neben einer der Türen zu.
    Und da sah sie es.
    Der rote Buchrücken war kaum wahrnehmbar zwischen der Ausgabe eines neuen Bestsellers und der Autobiografie eines früheren Präsidenten.
    Geheime Leidenschaften
war ein dünner Band erotischer Kurzgeschichten, der ursprünglich von einem kleinen Verlag in San Francisco als Taschenbuch herausgegeben worden war. Als das Buch unerwartet hohe Verkaufszahlen erreichte, kaufte ein New Yorker Verlag die Rechte auf und veröffentlichte das Buch als Hardcover. Die Reaktion der Leserschaft auf die Geschichten war überwältigend gewesen.
    Besonders eine Geschichte –
rote Seidenbänder
– löste eine wahre Kette von Zuschriften weiblicher Leser aus, die erleichtert schienen, festzustellen, dass sie nicht die Einzigen waren, die sich Fesselungs- und Vergewaltigungsfantasien hingaben.
    Tatsächlich hatten so viele Frauen an den Verlag geschrieben und um mehr solcher Geschichten gebeten, dass die anonyme Autorin – nur als Mirielle bekannt – ein weiteres Buch geschrieben hatte, das sie Ä
ngste und Fantasien
betitelte. Im vergangenen Juli veröffentlicht, hatte es bereits die fünfte Auflage erreicht.
    Desiree nahm den dünnen Band aus dem Regal, ohne ihn zu öffnen. Die sinnlichen Geschichten waren ihr nur allzu gut bekannt. Schließlich hatte sie sie geschrieben.
    Obwohl die meisten Fanbriefe von Frauen stammten, waren auch genug von Männern gekommen, um klarzustellen, dass von Frauen verfasste erotische Werke auch die Herren der Schöpfung

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