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Sein anderes Gesicht

Sein anderes Gesicht

Titel: Sein anderes Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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viel zitierte metallische Geruch von Blut? Vorsichtig und ohne irgendetwas anzurühren gehe ich weiter.
    Im Wohnzimmer markieren Kreidestriche die Lage der Leiche: vor der Fenstertür. Blutige Spuren von gespreizten Fingern, die sich von oben nach unten über die Scheibe ziehen. Dort ist sie gestorben. Auf dem Sofa, den Sesseln, dem Teppich sind Blutflecken. Sie sind getrocknet, nur noch eine rötliche Kruste. Ich sehe mein Spiegelbild in der dunklen Mattscheibe des Fernsehgeräts, mein Kopf ist von Blutspritzern verdeckt. Gestern sah ich unser Spiegelbild, als wir gemeinsam Kaffee tranken. Die hübsche kleine Wohnung von Maeva ist nur noch ein Ort düsterer Stille.
    Ich schnuppere. Es riecht nach chemischen Mitteln, die die Polizei verwendet haben muss. Auf dem lackierten Holztisch in der Küche steht ein Teller. Rohes Hackfleisch, Tabasco. Maeva hatte sich ein Tartar gemacht. Es ist das Fleisch, das so stinkt. Niemand hat es in den Kühlschrank gestellt.
    Nein, sie hat sich sicher um Mitternacht kein Tartar gemacht, nachdem sie zuvor mit Louisette gegessen hatte. Sie hat es für jemand anderen gemacht. Jemanden, den sie erwartete?
    Das würde erklären, warum die Tür nicht aufgebrochen war. Ein Bekannter, wie man so schön sagt. Ein Bekannter, der angerufen hat, um zu fragen, ob er kurz vorbeikommen kann. Und Maeva mit ihrem mütterlichen Instinkt macht ihm schnell eine Kleinigkeit zu essen.
    Ich gehe ins Wohnzimmer zurück. Die Stille und die Dämmerung wirken bedrückend. Ich sehe mir die Wände an. Und dort, neben dem gerahmten Autogramm von Nicole Croisille, sehe ich meinen Namen. Zwei mit zittriger Hand geschriebene, große, rote Buchstaben. Ein B und ein O, da ist kein Zweifel möglich. Die Vorstellung, dass sie mit Blut geschrieben sind, bereitet mir Übelkeit. Hat sie den Finger in eine ihrer klaffenden Wunden getaucht? Ich stürze auf die Toilette und erbreche meinen Hamburger. Als ich die Spülung ziehe, hoffe ich, dass man das Geräusch nicht im ganzen Haus hört.
    Ich gehe ins Wohnzimmer zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass ich mich an einem Ort befinde, wo jemand umgebracht wurde. Aber bisher war es keine vorsätzliche Tötung. Kein Mord.
    Das erste Mal war in einem Nachtclub. Ein Kerl kam herein und zielte mit einem Jagdgewehr auf den Barkeeper, die Flaschen zersprangen in tausend Scherben, der Barkeeper hatte die Kugel ins Auge bekommen und war sofort tot. Das Blut bespritzte die Leute, die an der Bar saßen, und sie gingen schreiend unter den Tischen in Deckung. Ich stand im durchsichtigen Neglige auf der Bühne und jaulte mein Lied: »Wo sind die Fraaauuuen?« Ich flüchtete so schnell hinter die Kulissen, dass ich bäuchlings dort ankam.
    Das zweite Mal war in der Nähe des Hafens. Zwei Typen kamen leicht angetrunken aus einer Bar. Sie fingen an, sich anzubrüllen, und dann zog einer von beiden ein Messer und stieß es, ehe er floh, in die Brust des anderen Mannes. Stephanie, Maeva und ich kamen die Straße herauf. Auch dort gab es viel Blut, der Verletzte taumelte, die Hand aufs Herz gepresst, über den Bordstein. Dann fiel er vornüber. Stephanie versuchte ihn aufzufangen, aber er war zu schwer. Er wiederholte dauernd: »Verdammte Scheiße, das darf doch nicht wahr sein!« Ich lief zu einer Telefonzelle. Der Mann starb in Stephanies Armen, während wir auf den Krankenwagen warteten. Wir haben ihn auf den Boden gelegt und uns aus dem Staub gemacht, um keinen Ärger mit der Polizei zu bekommen.
    Beide Fälle waren schrecklich, Furcht erregend, aber nicht so unheimlich wie hier. Hier ist es wie in einem Grab. In einem Mausoleum. Ein von Leiden und Grauen geprägter Ort. Und die beiden Buchstaben meines Namens starren mich von der Wand an wie aus einer anderen Welt.
    Reiß dich zusammen, Bo! Ich reiße mich zusammen! Die Hand mit meinem Ärmel umwickelt, öffne ich ein paar Schubladen. Alte Papiere, Briefe, Rechnungen, alles sorgfältig in Plastikordnern abgelegt. Fotoalben, vergilbte Zeitungsausschnitte. Ich würde Stunden brauchen, um alles zu sichten. So greife ich nach dem erstbesten Päckchen und schiebe es in meine Jeans.
    Schritte. Sie nähern sich. Stimmen. Verdammter Mist! Ich laufe zur Fenstertür, Jemand öffnet die Wohnungstür, ich schiebe mich auf den Balkon, presse mich an die Wand und drücke die Schiebetür, so gut es geht, wieder zu.
    Männerstimmen.
    »Dieser Idiot von Spinelli geht mir auf die Nerven …«
    Der Pastor.
    »Ein elender Rassist, aber seine Arbeit macht er

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