Sein Anteil
umarmte ihn stürmisch.
»Das ist aber lieb von dir.«
Nikita knallte sein Glas an das von Willem und nahm einen kräftigen Schluck. Er lächelte ihn freundlich an.
»Du hast ja eine tolle Sache vor. Und du willst also, dass Pia und ich da mitmachen. Das finde ich toll von dir.«
Willem schaute Pia an, die komplizenhaft zurückblinzelte. Sie schien Nikita offenbar erzählt zu haben, dass Willem beide, Pia und Nikita, von vornherein in seine Pläne einbeziehen wollte.
»Was ist das?«
Nikita tippte auf den orangefarbenen Schnellhefter, der vor Willem auf dem Tisch lag.
»Das sind einige Informationen, die ich für unser Unternehmen zusammengetragen habe. Sie könnten nützlich sein. Ihr solltet sie euch mal ansehen, aber besser zu Hause.«
»Ist ja toll. Du bist ja ein echter Profi.«
Nikita schien wirklich beeindruckt zu sein.
»Ich habe dir doch gesagt, Will ist ein toller Typ«, sagte Pia.
Toll schien ein Lieblingswort von Pia und Nikita zu sein, dachte Willem. Oder es lag an ihrem begrenzten Wortschatz, dass sie es ständig wiederholten. Er fühlte sich in jedem Fall geschmeichelt.
»Wenn ihr wollt, kann ich euch über die Personen, um die es geht, auch etwas erzählen.«
Willem wollte den Namen Hewitt in der Öffentlichkeit nicht erwähnen.
»Das ist nicht nötig. Jetzt nicht«, antwortete Nikita. »Pia hat mir schon einiges erzählt. Und ich denke, es ist genauso wichtig, dass wir gut miteinander auskommen.«
Nikita lachte Willem an, hob sein Glas und animierte ihn mitzutrinken.
»Du bist aus Belgien?« Bevor Willem etwas sagen konnte, legte Nikita wieder los. »Belgien hat tolle Biere. Ich bin einmal da gewesen, mit einem Freund. War toll. Vor allem die dunklen Biere haben uns fast umgehauen. Nette Leute da. Auch tolle Mädchen.«
Pia versetzte Nikita einen Hieb in die Rippen. Nikita umschlang Pia ganz fest, dass Willem erst dachte, er würde sie erdrücken.
»Keine Angst. Keine war so schön wie du.«
Pia lag wie ein kleines Kind in Nikitas Armen. Zärtlich küsste er sie auf die Nase.
Willem machten die Vertraulichkeiten zwischen den beiden etwas verlegen. Er schaute auf den Tisch. Nikita und er hatten ihr Bier ausgetrunken. Vor Pia stand noch ein fast volles Glas.
»So! Das ist meine Runde. Noch mal drei Lager?«
»Tolle Idee!«, sagte Nikita. »Für mich lieber noch mal Chips, Salt and Vinegar«, bat Pia.
»Werft ein Auge auf die Mappe, bitte!«
»Wird gemacht, Boss!«, brachte Nikita wie selbstverständlich über die Lippen.
Willem wartete geduldig an der Theke, bis die Reihe an ihm war.
»Zwei Pints Lager und Chips, bitte, Salt and Vinegar.«
Er fühlte sich erleichtert. Die erste Begegnung mit Nikita lief recht gut an. Dieser Nikita schien zwar kein Überflieger zu sein, aber durchaus ein netter Kerl. Willem gab ein großzügiges Trinkgeld und balancierte die randvollen Gläser an ihren Platz zurück, die Tüte Chips zwischen zwei Finger geklemmt.
»Toll! Danke!«
»Dank dir, Will!«
Beide lösten sich aus der Umarmung. Pia stürzte sich auf die Chips, die stark nach Essig rochen. Nikita trank sofort das halbe Glas Bier in einem Zug aus.
Willem glaubte, dass Nikita ihm irgendetwas sagen wollte. Jeder Fremde, der nach London kam, brachte seine Geschichte mit, die er früher oder später anderen erzählen wollte. Nur Willem kannte dieses Bedürfnis nicht. Was sollte er auch erzählen, und wem?
Er überlegte einen Augenblick und fragte Nikita dann: »Seit wann bist du in London?«
Sein Gefühl hatte ihn nicht getäuscht. Nikita legte in seinem einfachen Englisch los.
Seit zehn Jahren lebte er in London, als politischer Asylant, wie er mit stolzer Stimme sagte. Er war mit knapp achtzehn Jahren in die russische, damals noch sowjetische Handelsmarine eingetreten. Gleich seine erste Auslandsfahrt führte ihn nach Schottland. Nikita nannte den Namen einer schottischen Hafenstadt, die Willem nicht kannte oder deren Namen er wegen Nikitas fehlerhafter Aussprache nicht richtig verstand. Als sein Frachter wieder ablegte, sprang Nikita über Bord, mitten in das Hafenbecken, trotz des eiskalten Wassers. Schottische Seeleute zogen ihn heraus und übergaben ihn den britischen Behörden. Für ein paar Wochen steckte man ihn ins Gefängnis. Fast zwei Jahre dauerte es, bis Nikita offiziell als politischer Flüchtling anerkannt wurde. Wenig später war die Sowjetunion zusammengebrochen.
»Da lebte ich schon in London. Ich hätte zurückkehren können. Aber auf mich wartete niemand. Meine
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