Sein Anteil
hatte er längst seine Wahl getroffen.
Er hatte sich für einen Schirm aus rötlichem Kirschholz entschieden, dessen Griff unbearbeitet wirkte, zwar geglättet, aber nicht lackiert wie die einen, aber auch nicht wüst und rustikal wie die anderen. Willem spielte fasziniert mit dem Öffnungsschieber aus glänzendem Messing, bewunderte das Gestänge aus geöltem Stahlrohr und die Feinheit des schwarzen Himmels aus dreifach gewebter Seide.
Doch die freudige Erregung, die Willem verspürte, nahm an der Kasse eine andere Färbung an. Angst verdrängte die Freude. Erst in diesem Augenblick wurde ihm wirklich bewusst, dass er im Begriff war, eine Straftat zu begehen, die erste seines Lebens. Noch wäre es Zeit, den Schirm wieder zurückzustellen. Oder ihn der Verkäuferin zu überlassen, etwa mit der Frage, ob es dieses Modell nicht auch mit einer Nylon-Bespannung gebe. Aber Willem wagte es.
Wie selbstverständlich zückte er die Karte und gab sie der Kassiererin. Die Karte verschwand in einem Lesegerät. Es vergingen einige qualvolle Sekunden, und die Karte wurde Willem mit einem Beleg für ihn und einem weiteren, den er zu unterzeichnen hatte, zurückgegeben. Er leistete wie selbstverständlich die geforderte Unterschrift, Robin Clarke. Er atmete tief durch. Erleichtert nahm er den Schirm, verpackt in dunkelrotem Papier, aus den Händen der Verkäuferin entgegen.
»Vielen Dank, Mister Clarke.«
»Ich danke Ihnen!«
Alles war glatt gelaufen.
Willem musste sich zusammenreißen, um nicht auf der Straße einen Freudenschrei auszustoßen. Eine Straftat zu begehen, war so einfach. Wäre doch Pia dabei gewesen, dachte er. Sein Coup hätte sie sicherlich amüsiert. Es war nur ein kleiner Kreditkartenschwindel, keine Kindesentführung. Aber ausgelacht hätte sie ihn ganz bestimmt nicht. Er würde es gleich noch einmal probieren. Willem schaute in die Schaufenster, war aber zu aufgeregt, um sich auf irgendetwas zu konzentrieren.
In der Piccadilly Arcade erweckte ein Laden mit antiken Uhren seine Aufmerksamkeit. Eine Patek Philippe vielleicht? Oder eine Rolex? Oder besser eine Jaeger LeCoultre? Er musterte oberflächlich die Gehäuse. Wenn, dann sollte es eine goldene, keine silberne sein. Zu weiteren Überlegungen war er nicht im Stande. Die Zifferblätter verschwammen vor seinen Augen. Er überquerte wieder den Piccadilly und trat in die Burlington Arcade. Bei Edward Green fielen ihm ein Paar mittelbraune Oxford-Schuhe auf, die, auf antik poliert, eine edle Patina vortäuschten. Nein. Schuhe hatte er bereits verworfen. Hinten links gab es einen Laden mit ausgewählten Schreibutensilien. Auf den steuerte Willem zu, als plötzlich, er wusste nicht, wie ihm geschah, zwei Männer ihn bedrängten.
»Guten Tag! Metropolitan Police!«
Willem spürte einen stechenden Schmerz in der Herzgegend. Der eine Mann nannte seinen Namen, während der andere seinen Oberarm fasste. Ein kleines schwarzes Etui klappte vor seiner Nase auf, darin ein Dienstausweis mit einem Foto, unter dem ein Name, eine Nummer und auch Metropolitan Police stand. Der Mann sagte wieder etwas. Willem hatte nichts verstanden.
»Was? Bitte…?«
Sein Kopf drohte zu platzen.
»Wir möchten nur wissen, was Sie hier machen«, wiederholte der Mann.
Der andere tastete seinen Wildlederblouson ab. Willem merkte es kaum. Wie von selbst hatte er wie ein ertappter Verbrecher seine Arme gehoben, den Schirm ausgestreckt in der rechten Hand.
»Nichts! Ich mache nichts, nur einkaufen, ich kaufe ein.«
Der Mann, der ihn durchsucht hatte, schaute seinen Kollegen an und schüttelte den Kopf. Er hatte nichts Verdächtiges in Willems Taschen gefunden.
»Was ist da drin?«, setzte der andere das Verhör fort.
»Nichts! Doch, ich meine, ein Schirm.«
Der stumme Beamte nahm ihm die längliche Tüte aus der Hand, öffnete sie kurz, nickte mit dem Kopf und gab ihm die Tüte zurück.
»Haben Sie einen Ausweis dabei?«
Willem holte aus seiner Hosentasche ein braunes Ledermäppchen, in dem neben seiner Scheckkarte und Robins Kreditkarte auch sein Presseausweis steckte, und händigte das Mäppchen dem Beamten aus.
»Entschuldigen Sie bitte, aber meinen Pass habe ich nicht dabei.«
Der Beamte schaute prüfend den Presseausweis an und warf auch einen kurzen Blick auf den sonstigen Inhalt. Wieder spürte Willem einen stechenden Schmerz im Herzen.
»Gut. Vielen Dank! Entschuldigen Sie vielmals. Es ist sonst nicht unsere Art, jemanden auf der Straße anzuhalten.«
Er atmete auf. Und
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