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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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gab. »Aber wie der Beschützer der Witwen und Waisen siehst du auch nicht gerade aus.«
     
    Der Maler schaute ihnen nach, winkte sogar, obwohl sie ihn schon längst vergessen hatten. Dann wischte er sich, noch immer grinsend, die Hände sauber und schlenderte zu seinem Transporter. Er griff durch das offene Beifahrerfenster, holte ein Handy heraus und hielt es sich ans Ohr. Er hörte erst auf zu lächeln, als jemand abnahm.
    »Sie waren gerade hier«, sagte er.
     
    An dem Nachmittag setzte Eddie seinen Arbeitgeber im Zentrum ab, an der Ecke E Street und Eighth Avenue. James Reeve hatte einiges in der städtischen Bücherei zu erledigen. Manchmal gab er seine Notizen auch schon dort in den Laptop ein – es ging besser als in seinem Motelzimmer, hundertmal besser. Wenn er von arbeitenden Menschen, von Menschen mit Projekten und Ideen, Menschen mit Zielen umgeben war, merkte er, dass er selbst konzentrierter, zielstrebiger arbeitete.
    Hinzu kam, dass die Bücherei nur vier Blocks vom Gaslamp Quarter entfernt lag, was bedeutete, dass er anschließend ein Bier zischen konnte. Eddie hatte ein paar Dinge zu erledigen, meinte aber, er könnte es bis sechs in ihr Stammlokal schaffen. Sollte er immer noch nicht aufgekreuzt sein, wenn James ins Motel zurückwollte, würde ihm die Bar ein Taxi rufen. Es war eine Acht-Dollar-Fahrt, einschließlich Trinkgeld.
    Die Story, so sagte ihm sein Gefühl, verlief allmählich im Sand. Da war er nun in San Diego, also theoretisch im Zentrum des Geschehens, und kam keinen Schritt weiter. Er hatte Preece und die Pestizid-Geschichte, aber die lag schon Jahre zurück. Er hatte eine Vergewaltigung, ebenfalls schon ziemlich abgestanden. Er hatte Informationen von zwei pensionierten Detektiven. Er hatte Korngold … aber Korngold war tot.
    Er hatte Agrippa und die Bankkonten. Vielleicht sollte er nach England zurück, sich auf diese bestimmte Ecke des Puzzles konzentrieren, noch einmal mit Josh Vincent reden; die Geschichte des Gewerkschafters war in sich bereits fast ausreichend. Aber er hatte sie Giles Gulliver schon mal vorgelegt, und der hatte verächtlich abgewinkt und gemeint, der Guardian hätte schon vor einem Jahr eine ähnliche Story gebracht. Er hatte es überprüft, und der Guardian hatte die Sache von einer vollkommen anderen Seite aufgezogen – aber Giles, der sture alte Mistkerl, war nicht umzustimmen gewesen.
    Es gab also herzlich wenig, was er seiner Materialsammlung hinzufügen konnte. Er hatte weitere Namen, und er hatte ein bisschen herumtelefoniert, aber niemand war bereit, sich mit ihm zu treffen oder auch nur am Telefon mit ihm zu reden. Das war schade, da er seinen Minirecorder, das Mikro an der Hörmuschel befestigt, immer parat hatte. Seine bisherigen Aufnahmen enthielten lediglich ausweichendes Herumgedruckse, was aber gar nichts weiter bedeutete. Amerikaner reagierten auf unbekannte Anrufer grundsätzlich mit Argwohn. Wofür man sich bei Call-Centern und ähnlichen Nervensägen bedanken konnte, die einen zur Mittag- oder Abendessenszeit, oder wenn man gerade ein Verdauungsnickerchen machte, anriefen und um Geld für die verschiedensten »guten Sachen« anzugraben versuchten – von der Republikanischen Partei bis hin zu einer Tupperparty. Er selbst war sogar schon in seinem Motelzimmer von einem Typen angerufen worden, der versucht hatte, ihm Sprachkurse zu verkaufen. Sprachkurse! Vielleicht klapperten die ja systematisch sämtliche Zimmer sämtlicher Motels ab. Das hieß nun wirklich auf dem letzten Loch pfeifen.
    Auf dem letzten Loch pfeifen.
    Er seufzte, schaltete den Laptop aus, klappte ihn zu und entschied, dass jetzt ein Bier das Richtige wäre – Einmachglas hin oder her. Als er die Bibliothek verließ, schlug ihm die Wärme wieder entgegen. Das war sehr angenehm; fast zu angenehm. Man konnte glatt verrückt werden an einem solchen Ort, an dem es das ganze Jahr über nur minimale Temperaturschwankungen gab. Fast kein Regen, die Straßen blitzsauber, und alle Leute so höflich. Das konnte einem schon auf den Geist gehen.
    Und dann war er in der trüb beleuchteten, klimatisierten Bar und rutschte auf seinen – mittlerweile dazu avancierten – Lieblingsbarhocker. Die Bardame war neu und trug abgeschnittene Jeans und ein eng anliegendes weißes T-Shirt. Ihr Haar war mit einem roten Tuch zurückgebunden, ein weiteres hing ihr lose um den Hals. Ihre Beine, Arme und ihr Gesicht waren braungebrannt und glatt. Solche Mädchen kriegte man in England einfach nicht

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