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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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mit der anderen Hand an Reeve, zog sich an seinen schlüpfrigen Beinen hoch, während der Dolch sich wegen des vereinten Gewichts der beiden Männer wieder durch das Erdreich zu pflügen begann, so dass Reeve, je höher Jay an ihm hinaufkletterte, immer tiefer über die Kante rutschte.
    Er wartete, bis Jay zum nächsten Aufwärtsschwung ansetzte; und jetzt, wo er aus dem Gleichgewicht war, rollte sich Reeve zur Seite, schüttelte dabei Jay von sich ab und trat dabei gleichzeitig mit beiden Füßen nach ihm. Einen Augenblick lang lagen sie nebeneinander, genauso wie damals in jener letzten Nacht in Argentinien, ihre Gesichter so nah, dass Reeve Jays Atem an seiner Wange spürte.
    »Na«, keuchte Jay und versuchte zu grinsen, »ist das nicht kuschelig? Nur du und ich, wie es von Anfang an gedacht war.«
    »Du hättest in Rio Grande verrecken sollen«, stieß Reeve hervor.
    »Wenn wir in diesem verdammten Graben geblieben wären, wären wir beide verreckt!«, zischte Jay. »Du bist mir was schuldig, Philosoph!«
    » Dir was schuldig?« Ohne auf den Schmerz zu achten, der durch seine Schulter schoss, krallte sich Reeve mit den Fingern der linken Hand in den Boden. Sobald er ausreichenden Halt gefunden hatte, begann er, den Dolch im Boden zu lockern.
    »Ja, mir was schuldig«, sagte Jay und bereitete sich darauf vor, ihn mit sich über die Kante und hinab in den Abgrund zu reißen.
    Reeve holte mit dem Dolch aus und rammte ihn Jay in die Kehle. Während Jay, die Augen erstaunt aufgerissen, mit einer Hand nach der Wunde griff, gurgelte ihm Blut aus dem Mund. Dann verlor er vollends den Halt und rutschte über die Kante.
    Reeve sah ihm zu, wie er den Abgang machte und der Kopf, die Augen noch immer weit aufgerissen, als Letztes verschwand. Reeve stieß einen Schrei aus, der die Wände der Schlucht hinab und hinauf in den Himmel hallte. Keinen Schmerzensschrei, nicht einmal einen Siegesschrei.
    Einfach nur einen Schrei.
    »Alle Schulden beglichen«, sagte Reeve, während er den Dolch wieder in den Boden rammte, und aus welchem Grund auch immer sah er vor seinem geistigen Auge jetzt Jim, und er sah zufrieden aus.
    Dann machte er sich langsam, vorsichtig, wieder an den Aufstieg, den tückischen Hang hinauf und entspannte sich erst, als er ganz oben war und mit Kopf und Oberkörper über dem Kamm hing. Da schloss er die Augen und weinte, und er spürte weder den Schmerz in der Schulter noch die kalte feuchte Erde unter sich, die ihn unerbittlich, Grad um Grad auskühlte.

26
    Es gab noch einen ziemlichen Saustall aufzuräumen: Das war Gordon Reeve durchaus bewusst. Es war keineswegs sicher, dass die Polizei ihm seine Geschichte abnehmen würde. Wenn er darüber nachdachte, klang sie schon ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Aber er hatte Jims Datei, und sobald er die Fahrt nach Tisbury einrichten konnte, würde er sich auch die dazugehörigen Unterlagen beschaffen.
    Was CWC und Kosigin anbelangte... er wusste nicht, wie es weitergehen würde. Er wusste nur, dass irgendetwas passieren würde. Das Gleiche galt für Allerdyce und Alliance Investigative. Inzwischen war es ihm eigentlich egal. Er hatte getan, was er konnte.
    Er schlug sich zu seinem Hof durch und taumelte ins Haus. Er wusste, er hätte seine Wunden säubern und verbinden, einen Arzt rufen sollen. Aber er setzte sich lediglich an den Küchentisch und blieb dort sitzen. Er wollte Joan anrufen, wollte ihr sagen, dass jetzt alles in Ordnung war, dass Allan und sie heimkommen konnten. Das wollte er am allermeisten.
    Was sie danach tun würden, wusste er nicht. Wieder zum gewohnten Leben zurückkehren? Vielleicht. Vielleicht würde er aber auch einen Teil ihres Landes umgraben, Gemüse anbauen... Biobauer werden und sich etwas weniger Sorgen machen müssen. Er sah es aber eigentlich nicht kommen.
    Er fing an zu lachen und legte den Kopf auf die Unterarme.
    »Ich bin einer von Nietzsches Gentlemen«, sagte er sich. »Mir wird schon was einfallen.«

Die Originalausgabe erschien 1995 unter dem Titel »Blood Hunt« bei Headline Book Publishing, London.
    Verlagsgruppe Random House
     
     
    1. Auflage
    Deutsche Erstveröffentlichung September 2009
    Copyright © 1995 by Ian Rankin
    Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2009 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlagfoto: Collage buchcover.com/doublepointpictures/visummb · Herstellung: Str.
    Made in Germany
    eISBN :

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