Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)
Jaguars und BMWs und Rovers auszumachen. Die Parkplatzangestellten hatten die alte Karre mit teuren Karossen zugebaut, die, wie sie vermuten durften, auf potenzielle Kunden eine positivere Signalwirkung haben würden. Reeve nahm es ihnen nicht übel – es war ihm sogar sehr recht, dass der Saab während seiner Abwesenheit so gut versteckt gewesen war.
Er betrat das Büro.
»Hatten Sie einen angenehmen Flug?«, fragte das Mädchen am Schalter.
»Ja, danke«, sagte er. Auf einem Tisch stand Gratis-Kaffee für Kunden, und Reeve bediente sich. Es gab nur Milchpulver, also trank er ihn schwarz. Er war bitter, aber er machte ihn wach.
»Es tut mir leid, Mr. Fleming, aber Sie hatten kein Abholdatum angegeben, deswegen haben wir Ihr Fahrzeug noch nicht gereinigt.«
»Kein Problem. Der Dreck ist sowieso das Einzige, was es noch zusammenhält.«
Sie lächelte und füllte den Rest des Formulars aus, das er dann unterschreiben sollte. Er konnte sich nicht erinnern, welchen Vornamen er angegeben hatte, aber er sah ihn dann oben auf dem Blatt aufgedruckt. Jay. Er hatte sich Jay Fleming genannt.
»Und hier sind Ihre Schlüssel«, sagte die Angestellte und reichte sie ihm.
»Ich glaube, Sie werden ein paar von den anderen Autos beiseitefahren müssen.«
»Oh, Sie sind zugeparkt. Tom wird sich darum kümmern.«
Tom war draußen und trank Tee aus einer Thermosflasche. Er trug einen Overall, eine Regenhaut und Gummistiefel und war ohne Zweifel das Parkplatzfaktotum. Reeve schaute ihm zu, wie er einen blitzblanken roten BMW 635 und einen silberfarbenen Rover 200 beiseitefuhr. Er dankte ihm und tuckerte mit dem Saab aus der Parkbucht und hinaus auf die Straße. Und damit begannen lange, sehr lange vierundzwanzig Stunden.
Er fuhr nach Norden und hielt nur, um Sprit und Kaffee zu tanken und alle erhältlichen Zeitungen zu lesen. Er verfluchte noch einmal die Tatsache, dass der Saab kein Radio hatte – er musste wissen, ob die Polizei ihn mit dem Mord an Marie Villambard in Verbindung brachte. McCluskey hatte etwas von Interpol gesagt, aber das konnte auch ein Bluff gewesen sein. Als er kurz vor der Grenze hielt und ein paar schottische Zeitungen kaufte, fand er, irgendwo im Innenteil, endlich etwas über die Sache. Die Polizei, hieß es da, sei »sehr daran interessiert, mit dem schottischen Outdoor-Trainer Gordon Reeve zu sprechen«. Es gab keine Personenbeschreibung, aber die konnte auch schon in einer früheren Ausgabe veröffentlicht worden sein. Er hielt an einem Little Chef, um seinen Koffeinspiegel nachzustellen, und rief bei Joans Schwester an. Joan nahm selbst ab.
»Joan, Bob Plant hier, was Neues von Gordon?«
Sie erkannte seine Stimme sofort. Sie brauchte nur einen Augenblick, um zu begreifen, was los war. (In jüngeren Jahren hatte sie für Robert Plant von Led Zeppelin geschwärmt.) »Bob«, sagte sie, »entschuldige, ich bin irgendwie etwas daneben.«
»Ist was nicht in Ordnung, Joan?«
»Doch, doch, alles okay. War bloß ein ziemlicher Schock mit der Polizei und so.«
»Haben sie dich ausgefragt?« Er klang ganz wie der teilnahmsvolle Freund.
»Na ja, die möchten einfach wissen, wo Gordon ist. Weißt du, die haben sein Auto in Frankreich gefunden, in der Nähe vom Fundort von drei Leichen, darunter eine Frau.«
»Herrje.«
»Sie bewachen das Haus hier, für den Fall, dass er herkommen sollte.«
»Glauben die, er hätte irgendetwas mit den Morden zu tun?«
»Tja, Bob, was würdest du an deren Stelle glauben? Gordons Landrover war ausgebrannt, und er selbst ist verschwunden.«
»Ja, so gesehen...«
»Bob, ich mach mir seinetwegen Sorgen.«
»Gordon kann auf sich selbst aufpassen, Joan.«
»Ja, ich weiß, aber...«
»Meinst du, er könnte auf die Idee kommen, auf die Insel zu fahren?«
»Ich weiß nicht. Die Fähren werden ja überwacht.«
»Eine richtige Verbrecherjagd, hm?«
»Vielleicht beobachten sie auch das Haus.«
»Ach, nicht sehr wahrscheinlich, dass er da hinfahren würde.«
»Nein, wohl nicht. Aber wo könnte er sonst sein? Wo könnte er hin?«
»Du kennst ihn besser als ich, Joan.«
»Tja, das ich hatte zumindest geglaubt, Bob, dass ich ihn kenne.«
Schweigen in der Leitung.
»Joan«, sagte Reeve, während er die Lokalgäste musterte – größtenteils Familien, »es wird schon alles gut werden. Ich bin sicher, er hat nichts Unrechtes getan.«
»Versuch das mal der Polizei klarzumachen.«
»Vielleicht braucht er erst Beweise, ich meine, bevor er zurückkommen
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