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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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versteckt haben. Der unverdächtige Kinderwagen konnte eine Bombe enthalten. Niemals jemanden oder etwas als ungefährlich ansehen! Er würde sie sich merken, auch wenn es gerade Wichtigeres gab.
    Er war schon früher einmal in der Wohnung gewesen. Sie lag in einem viergeschossigen Haus ganz in der Nähe des oberen Endes der Ferme Park Road, fast in Sichtweite des Alexandra Palace. Jim hatte darüber gelacht, als er die Wohnung gekauft hatte. »Der Makler hat mir das als einen der Pluspunkte der Wohnung genannt – man hat fast einen Blick auf den Ally Pally! Als ob das irgendwie besser wäre, als zehn Kilometer davon entfernt zu sein! Diese Mistkerle funktionieren absolut alles zu einem Kaufanreiz um. Wenn das Dach undicht wäre, würden sie sagen: Besonders günstig im Falle eines Hausbrands.«
    Reeve probierte das obere Schloss, aber es war schon aufgeschlossen. Mit dem Hauptschlüssel öffnete er die Tür. Die Souterrainwohnung hatte einen eigenen Eingang, zu dem eine kurze Treppe hinunterführte, während das Erdgeschoss und die zwei anderen Stockwerke über die Haustür zu erreichen waren. Vom Hausflur gingen zwei weitere Türen ab. Jims Wohnung war die im Erdgeschoss.
    »Wahrscheinlich war das mal ein schönes, großzügiges Einfamilienhaus«, hatte Jim gesagt, während er Gordon herumführte, »bevor die Spekulanten einmarschiert sind und das Ganze in Einzelwohnungen zerstückelt haben.« Er hatte ihm gezeigt, dass von einem ehemals großen Wohnzimmer durch Rigipswände die Küche und das Schlafzimmer abgetrennt worden waren. Das jetzige Bad war ursprünglich Teil des Flurs gewesen, und von dem dürftigen Rest des Wohnzimmers hatte der Architekt auch noch eine Ecke abgezwackt.
    »Das sieht jetzt richtig hässlich aus, nicht?«, hatte Jim gesagt. »Die Proportionen stimmen einfach nicht mehr. Die Räume sind jetzt viel zu hoch. Man kommt sich vor wie in hochkant hingestellten Schuhkartons.«
    »Warum hast du die Wohnung dann gekauft?«
    Jim hatte ihm zugezwinkert. »Das ist eine Geldanlage, Gordie.« Dann hatte Jim die Hintertür geöffnet und ihm gezeigt, dass der Garten, der eigentlich zur Souterrainwohnung gehören sollte, lediglich eine betonierte Terrasse war. »Außerdem ist das Viertel in . Hier wohnen Popstars und DJs. Die kann man alle auf dem Broadway sehen, wie sie im griechischen Restaurant essen und darauf warten, dass sie jemand erkennt.«
    »Und was tust du, wenn du sie erkennst?«, hatte Reeve gefragt.
    »Ich?«, hatte sein Bruder mit einem Grinsen erwidert, das ihn um Jahre jünger aussehen ließ. »Ich geh zu denen hin und frag sie, ob sie mir für den Abend einen Tisch reservieren können.«
    »Herrgott, Jim«, sagte Reeve jetzt und schloss die Wohnungstür auf.
    Drinnen hörte er Geräusche. Er ging instinktiv in die Hocke. Er konnte die Geräusche nicht identifizieren – Stimmen vielleicht. Konnten sie aus der Wohnung darüber oder der darunter kommen? Er glaubte es nicht. Und dann erinnerte er sich an die Briefkästen im Hausflur. Da war keine Post gewesen, die auf Jims Rückkehr gewartet hätte. Jim war eine ganze Weile nicht zu Hause gewesen; es hätte Post da sein müssen.
    Er musterte den kurzen Flur, in dem er sich befand: keine möglichen Verstecke; nichts, was eine Waffe abgegeben hätte. Der Fußboden sah zwar durchaus stabil aus, es war aber trotzdem nicht auszuschließen, dass er knarrte. Er blieb auf einer Seite, schmiegte sich im Gehen an die Wand. Dort waren Fußböden in der Regel am festesten; sie machten nicht so viel Krach. Er ballte die Fäuste. Laufendes Wasser, Klirren von Geschirr – die Geräusche kamen aus der Küche – und ein Radio, Stimmen aus dem Radio. Das waren harmlose häusliche Geräusche, aber er würde nicht leichtsinnig werden. Es war ein ganz einfacher Trick, jemanden durch »harmlose« Geräusche in Sicherheit zu wiegen. Er erinnerte sich an eine Stelle aus Nietzsches Zarathustra : »Muß man ihnen erst die Ohren zerschlagen, dass sie lernen, mit den Augen zu hören?« Das war kein dummer Gedanke.
    Die Küchentür stand einen Spaltbreit auf, ebenso die übrigen Türen. Das Wohnzimmer sah aufgeräumt aus, ordentlicher, als er es in Erinnerung hatte. Im Bad war es dunkel. Ins Schlafzimmer konnte er nicht hineinschauen. Er näherte sich der Küchentür und spähte durch den Spalt. Eine Frau stand an der Spüle. Sie kehrte ihm den Rücken zu. Sie war dünn und groß und hatte kurzes blondes Haar, das sich im Nacken lockte. Sie war allein und spülte

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