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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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tauchte zu seiner Verwunderung plötzlich – förmlich aus dem Nichts dieser völligen Pampa – ein Restaurant auf. Es schien eine umgebaute Mühle zu sein, der dazugehörige Bach floss noch immer daran vorbei. Ein paar hundert Meter weiter blinkte der Xantia noch einmal, und sie bogen in eine engere, holprige Piste aus festgefahrenem Schotter und Sand. Die Piste verwandelte sich bald in eine Eichenallee, dann in eine regelrechte Waldschneise. Gelegentlich zweigten links und rechts Wege ab, die wahrscheinlich dem Holztransport dienten. Am Ende, in völliger Einsamkeit, stand ein kleines eingeschossiges Haus mit Dachgauben. Die steinernen Wände waren unverputzt, und die Fensterläden sahen neu aus, ebenso wie die Dachziegel.
    Reeve stieg aus seinem Wagen aus. »Das ist ja ein richtig hübsches Fleckchen«, sagte er.
    »Ach so, ja, meine Großeltern wohnten früher hier.«
    Reeve nickte. »War Ihr Großvater im Holzgeschäft?«
    »Nein, nein, er war Professor für Ethnologie. Bitte, kommen Sie.«
    Und sie führte ihn hinein. Reeve sah zu seinem Entsetzen, dass die Sicherheitsvorkehrungen mehr als zu wünschen übrig ließen. Nicht genug, dass das Haus so einsam lag und es nur den einen Zufahrtsweg gab, die Tür war lediglich durch ein einfaches Schloss gesichert, und die Läden standen offen, so dass jeder durch ein Fenster hätte einsteigen können.
    »Nachbarn?«, fragte er.
    »Die Bäume sind meine Nachbarn.« Dann sah sie sein ernstes Gesicht. »Es gibt einen Bauernhof nur ein paar Kilometer von hier. Die Leute haben Trüffelrechte. Das heißt, sie haben das Recht, nach Trüffeln zu suchen. Ich bekomme sie immer nur im Herbst zu Gesicht, aber dann ausgiebig .«
    An der Innenseite der Tür war ein Riegel angebracht, immerhin besser als nichts. Außerdem ließ sich ein leises Donnern vernehmen. Das Donnern entpuppte sich als ein tiefes Knurren.
    » Ça suffit! «, rief Marie Villambard, als der größte Hund, den Reeve je gesehen hatte, in den Flur getrottet kam. Das Untier lief geradewegs zu Frauchen und forderte seine Streicheleinheiten ein, aber während der ganzen Begrüßungszeremonie wandte es kein Auge vom Eindringling. Wieder drang ein tiefes Knurren aus dem mächtigen Brustkorb. »Das ist Foucault«, erklärte Marie Villambard. Reeve hielt es nicht für den richtigen Zeitpunkt, ihr zu erzählen, dass er einen Kater namens Bakunin hatte. »Lassen Sie sich von ihm beschnuppern.«
    Reeve wusste, dass das die vorgeschriebene Prozedur war – bei jedem Hund: dafür sorgen, dass man kein Fremder mehr war. Sich von ihm anspringen und zwischen den Beinen beschnüffeln lassen, ihn einfach machen lassen, bis er einen in sein Revier aufgenommen hatte. Reeve streckte die Hand aus, und der Hund beschnüffelte die Knöchel mit einer feuchten Spürnase und leckte sie dann ab.
    »Braver Hund, Foucault«, sagte Reeve. »Braver Hund.«
    Marie zauste energisch das Fell des Monstrums. »Ich sollte ihn eigentlich draußen lassen«, sagte sie. »Aber er ist verwöhnt. Er war früher ein Jagdhund – fragen Sie mich nicht nach der Rasse. Dann musste sein Besitzer ins Krankenhaus, und wenn ich mich nicht um ihn gekümmert hätte, hätte das keiner getan. Nicht wahr, Foucault?«
    Sie fing an, mit dem Hund – Reeve tippte auf halb Deutscher Schäferhund, halb Irischer Wolfshund – auf Französisch zu reden, führte ihn dann in die Küche zurück, wo sie Dosenfutter in einen Fressnapf von der Größe einer Waschschüssel füllte. Als Reeve näher kam, sah er, dass es tatsächlich eine Waschschüssel war – rot, aus Plastik und mit abgekautem Rand.
    »So«, sagte sie, »jetzt würde ich sagen, dass Sie ein Bad brauchen, oder? Nach Ihrer traumhaften Fahrt.«
    »Das wäre wunderbar.«
    »Und Essen?«
    »Ich bin ausgehungert.«
    »Es gibt hier ein ausgezeichnetes Restaurant, wir sind daran vorbeigefahren …«
    »Ja, ich habe es gesehen.«
    »Da gehen wir hin. Sie bleiben nur eine Nacht in Frankreich, da müssen Sie die Zeit gut nutzen.«
    »Danke. Ich hab ein paar Sachen im Auto, ich hol sie eben.«
    »Und ich lasse Ihnen die Wanne einlaufen.«
    Das Badezimmer war ein Kabüffchen, das direkt vom Flur abging. Dann gab es noch eine kleine Küche und eine kleine Wohnstube, die eher wie ein Arbeitszimmer als wie ein Ort zum Relaxen aussah: Darin herrschte organisiertes Chaos, jene spezifische Form von Ordnung, die nur der Besitzer erklären könnte.
    »Sie wohnen allein hier?«, fragte Reeve.
    »Erst seit mein Mann mich verlassen

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