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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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oder unauffällig zu laufen, er wollte nur Abstand gewinnen. Jetzt blieb er aber stehen und schaute zurück, spähte zwischen die Bäume, horchte angestrengt. Er hörte einen Pfiff, dann einen zweiten – den einen rechts von sich, den anderen links, viel näher. Nur zwei Pfiffe; nur zwei Männer. Er entfernte sich immer weiter von Marie. Er würde Stunden brauchen, um in einem weiten Bogen dorthin zurückzukehren, wo sie vermutlich war. Er tat gerade etwas, das er sich selbst geschworen hatte, nie wieder zu tun: Er lief weg.
    Er streckte die Hände vor sich aus. Sie zitterten. Das war keins von seinen Wochenendspielen; seine Verfolger benutzten keine Platzpatronen. Das hier war auf eine Weise wirklich, wie seit der Operation Stalwart nichts mehr wirklich gewesen war. Zurückgehen oder sich zurückziehen: Das waren im Augenblick die einzigen Optionen. Er hatte nur Sekunden Zeit, sich zu entscheiden. Und er entschied sich.
    Er sah an sich hinunter. Sein Pullover war dunkel, aber das Hemd darunter war weiß, und Manschetten und Kragen schauten grell hervor. Rasch streifte er sich den Pullover über den Kopf und zog das Hemd aus, dann schlüpfte er wieder in den Pullover. Hose, Schuhe und Socken waren ebenfalls dunkel. Er stopfte das Hemd in seine Reisetasche und packte dann Lucky 13 aus. Er nahm etwas von der feuchten Erde unter dem Laub und schmierte sich damit Gesicht und Hände und dann die Schneiden des Dolches ein. Die Männer hatten vielleicht Taschenlampen dabei, und er wollte nicht, dass das Blinken von Metall ihn verriet. Es wurde schnell immer dunkler, die Baumkronen sperrten praktisch den ganzen dürftigen Rest Tageslicht aus. Ein weiterer Pfiff, eine weitere Antwort. Sie waren so weit auseinander, dass er problemlos zwischen ihnen hindurchspazieren konnte. Sie rechneten ja wohl kaum damit, dass er kehrtmachen würde.
    Aber genau das hatte er vor. Er ließ die Tasche dort stehen, wo sie war, und ging los.
    Er ging mit langsamen, gemessenen Schritten, um keinen Lärm zu machen, und er ging von Baum zu Baum, um aus der Deckung das Gelände bis zum jeweils nächsten Baum zu prüfen. Er hatte nichts, woran er sich hätte orientieren können, ließ sich nur von seinem Ortssinn leiten. Er hatte keine Spuren hinterlassen, die ihn zurück zur Straße hätten führen können, und er wollte ohnehin keinen Spuren folgen; sie hätten von einem Trüffelsucher stammen können; oder von einem Verfolger.
    Aber die Pfeifsignale, die seine zwei Verfolger tauschten, waren so gut wie Funkfeuer. Da kam der erste Pfiff … dann die Antwort. Er hielt den Atem an. Die Antwort kam aus solcher Nähe, dass er den tonlos ausklingenden Atem nach dem eigentlichen Pfiff hören konnte. Der Mann bewegte sich langsam, vorsichtig. Und sehr, sehr leise. Reeve wusste, dass er es mit einem Profi zu tun hatte. Seine Finger krampften sich um Lucky 13.
    Ich werde einen Menschen töten, dachte er. Nicht bewusstlos schlagen oder verletzen. Ich werde ihn töten.
    Der Mann ging an Reeves Baum vorbei, und Reeve packte ihn am Kopf, riss ihn zu Boden und bohrte ihm den Dolch in die Kehle. Aus der Pistole löste sich ein Schuss. Er ging ins Leere, aber als Warnung an die anderen mochte er genügen. Selbst im Sterben hatte der Mann noch an seinen Auftrag gedacht. Reeve ließ den leblosen Körper zu Boden gleiten; aus der klaffenden Halswunde sprudelte schwallweise Blut. Er nahm die Pistole aus der noch warmen, schlaffen Hand und sah sich den Mann an. Er trug Tarnkleidung, schwarze Schnürstiefel und eine Sturmhaube. Reeve riss die Sturmhaube herunter, aber das Gesicht sagte ihm nichts. Eine rasche Durchsuchung der Leiche ergab auch nichts.
    Es war Zeit zu verschwinden. Ein weiteres Pfeifsignal: zwei kurze scharfe Töne. Reeve leckte sich die Lippen und antwortete, wusste aber, dass er seinen Gegner damit nicht länger als eine halbe Minute lang täuschen würde. Jetzt ging er schnell und hoffte, dass er bald die Autos erreichen würde. Doch als eine bekannte Lichtung auftauchte, wusste er, dass er die Richtung schlecht abgeschätzt hatte. Da war das Haus, in Dunkelheit getaucht. Er schaute nach oben, aber es waren keine Halogenleuchten in den Baumkronen zu sehen. Vielleicht hatte der Feind sie außer Betrieb gesetzt.
    Hatten sie Marie zum Haus gebracht? Es kam ihm unwahrscheinlich vor, drinnen war es dunkel. Er ging näher heran, um sich Klarheit zu verschaffen … und jetzt flammte Halogenlicht auf und beleuchtete die Szene wie Scheinwerfer eine dunkle

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