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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Jeder von ihnen hätte ein Beschatter sein können. Unmöglich, das zu entscheiden.
    Reeve betrat die Bar.
    Er erkannte sie auf den ersten Blick: eine Frau mittleren Alters, mit Brille, Kettenraucherin. Die Bar war völlig zugequalmt; man kam sich vor wie in einer Nebelbank. Sie saß in einer Nische gegenüber dem Tresen, las in einem großformatigen Taschenbuch und machte sich gelegentlich Notizen am Seitenrand. Sie war die einzige Frau ohne Begleitung im ganzen Lokal.
    Reeve sprach sie nicht direkt an. Er ging an den Tresen und setzte sich auf einen Barhocker. Der Barkeeper hatte sich schon ein fachmännisches Urteil über ihn gebildet und griff nach der bereitstehenden Weinflasche. Es gelang ihm, kein überraschtes Gesicht zu machen, als Reeve ein Perrier verlangte.
    Außer Reeve waren sechs weitere Männer in der Bar, acht einschließlich der Angestellten. Als er eingetreten war, hatten sie ihn alle wie ein Mann angestarrt, aber das war in einer französischen Bar völlig normal; wie überall sonst auf der Welt. Die meisten tranken Rotwein aus kleinen Gläsern, zwei hatten Espressos vor sich. Sie wirkten alle so, als fühlten sie sich hier zu Hause; Stammgäste. Dann merkte er, dass jemand ihn beobachtete. Sie hatte Buch und Stift hingelegt und musterte ihn über den Rand ihrer Brille hinweg. Reeve zahlte und ging mit seinem Glas an ihren Tisch.
    »Mr. Reeve?«
    Er setzte sich und nickte.
    »Angenehme Fahrt gehabt?« In ihrer Stimme schwang Ironie.
    »Traumhaft«, erwiderte Reeve. Er schätzte sie auf Anfang fünfzig. Sie war gut gekleidet und wirkte sehr gepflegt, aber die Falten am Hals verrieten ihr wahres Alter. Ihr graumeliertes Haar war in der Mitte gescheitelt, über die Ohren nach hinten gekämmt und am Hinterkopf fedrig geschnitten. Sie war die Verkörperung der erfolgreichen Frau.
    »Und jetzt«, sagte sie, »werden Sie mir von Ihrem Bruder erzählen?«
    »Zuerst würde ich gern etwas über Sie erfahren«, sagte er. »Erzählen Sie mir von sich, und wie Sie Jim kennen gelernt haben.«
    Also erzählte sie ihm die Geschichte einer Frau, die schon immer, seit ihrer Schulzeit, geschrieben hatte, eine Geschichte, die sich nicht allzu sehr von Jims Biographie unterschied. Kennen gelernt hatte sie ihn auf einem Trip nach London. Ja, sie kannte Marco, und er hatte ihr damals in London von seinem Verdacht erzählt. Sie war nach Frankreich zurückgefahren und hatte ein bisschen recherchiert. In Frankreich war die Bauernlobby sogar noch mächtiger als in Großbritannien, mit engen Beziehungen zur agrochemischen Industrie und einer Regierung, die – gleich ob links oder bürgerlich – bei jeder Gelegenheit vor beiden einknickte. Die Recherchen hatten sich als schwierig erwiesen; sie war nicht viel weiter gekommen und musste die Story immer wieder für längere Perioden auf Eis legen, um Aufträge erledigen zu können, die ihr Geld einbrachten. Die Agrochemie-Story war ihr »Steckenpferd«.
    »Jetzt erzählen Sie mir von Jim«, sagte sie. Also erzählte ihr Reeve, mittlerweile geübt auf dem Gebiet, seine Version von der Geschichte. Sie hörte konzentriert zu, den Stift in der Hand, als wollte sie gleich anfangen, sich Notizen zu machen. Das Buch, das sie gelesen hatte, war die Biographie irgendeines französischen Politikers. Während sie zuhörte, tippte sie unbewusst mit dem Stift auf den Umschlag und überzog das strahlende aufrichtige Gesicht des Politikers mit unzähligen Pünktchen, wie blaue Masernflecken. Der Barmann kam an den Tisch, um eine weitere Bestellung entgegenzunehmen, und machte bei dem Anblick ein vorwurfsvolles Gesicht. Sie sah, was sie da gemacht hatte, und lächelte achselzuckend. Der Barmann wirkte nicht vollständig besänftigt.
    »Kennen Sie diesen Mann?«, fragte sie Reeve. Sie meinte den Politiker. Reeve schüttelte den Kopf. »Sein Name ist Pierre Dechevement. Bis vor kurzem war er Landwirtschaftsminister. Er ist zurückgetreten. Es gab da eine junge Frau … mit der er nicht verheiratet war. Normalerweise würde so etwas in Frankreich keinen Skandal auslösen. Ja, in Dechevements Fall gab es wirklich nicht die Spur eines Skandals. Trotzdem trat er zurück.«
    »Warum?«
    Sie lächelte. »Vielleicht weil er ein Ehrenmann ist? Das zumindest sagt sein Biograph.«
    »Und was sagen Sie?«
    Sie zeigte mit dem Stift auf ihn. »Sie sind clever, Mr. Reeve. Jahrelang hat sich Dechevement von verschiedenen Agrochemie-Unternehmen schmieren lassen – nun ja, nein, vielleicht ist ›schmieren‹

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