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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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wirklich in Orly, oder? Lass mich nicht den ganzen Weg umsonst da rausfahren.«
    »Vielleicht sprechen wir uns noch.«
    »Das glaube ich nicht, Philosoph.«
    Und Jay legte als Erster auf.
     
    Reeve fuhr mit der U-Bahn nach London rein.
    Er dachte an Jay. Wie er zusammen mit ihm durch die Dunkelheit gepaddelt und unmittelbar südlich von Viamonte an Land gegangen war. Ihr Beobachtungsziel, Rio Grande, lag dreißig Kilometer nördlich von dort. Sie waren auf der Isla Grande de Tierra del Fuego, deren westliche Hälfte zu Chile gehörte. Wenn ihr Fluchtweg zurück nach Viamonte kompromittiert sein sollte, würde es für sie noch am sichersten sein, nach Westen zu halten. Ein Sechzig-Kilometer-Marsch von Rio Grande aus, und sie würden in Chile sein.
    Jay trug den Sender, Reeve den größten Teil ihrer übrigen Ausrüstung. Es war eine Last von 45 Kilo. Zusätzlich trug er sein M16-Gewehr und zweihundert Schuss Munition. Das M16 war standardmäßig mit einem M203-Granatwerfer ausgerüstet. An weiteren Waffen hatten sie eine 66mm-Panzerabwehrrakete dabei, fünfzehn HE-Granaten, jeder eine 9mm Browning und das SAS-Sortiment von Flash-Bangs, die hauptsächlich zur Deckung eingesetzt wurden.
    Außerdem trug er Fernglas, Nachtsichtgerät und 60x-Teleskop samt Stativ, Schlafsack und wattierte Hose, Ersatzkleidung, gefriergetrocknete Rationen und »Combo«-Rationen samt einem Esbit-Kocher, um Letztere aufzuwärmen.
    Und das Lied, das Jay gesungen hatte, wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf, weswegen er keinen klaren Gedanken fassen konnte.
    Sie waren im Schutz der Dunkelheit aufgebrochen und beabsichtigten, ihr Zielgebiet noch vor Tagesanbruch zu erreichen. Sie wussten, dass sie in dieser ersten Nacht wahrscheinlich keine geeignete Stelle für die Observierung erreichen würden. Sie würden sich lediglich ein gutes Versteck suchen, sich vielleicht eine Kuhle scharren und den ganzen folgenden Tag ohne einen Mucks unter ihren Tarnnetzen liegen. Und genau das taten sie auch. Während der ganzen Zeit hielten sie Funkstille. Wenn es nur ebenso einfach gewesen wäre, Jay zum Schweigen zu bringen …
    »Die Scheiß- Argies sollen sich bloß nicht einbilden, ich würd diesen Schweinefraß, den sie Cornedbeef nennen, noch einmal anrühren! Weißt du, wie die das Zeug herstellen? Ich hab’s mal in der Sun gelesen oder sonst wo. Da gegen ist britische Billigwurst das reinste Filetsteak, das kann ich dir flüstern, Philosoph!«
    Er war ein gutaussehender Mann, mit einem etwas fleischigen Gesicht zwar, aber dazu kurzem blondem Haar und blaugrauen Augen. Sein Aussehen war noch das Beste an ihm. Reeve mochte ihn nicht und kannte nicht viele Männer, die ihn gemocht hätten. Er war ein Angeber, dazu grausam und tyrannisch ; er befolgte zwar Befehle, legte sie aber immer nach seinen eigenen Vorstellungen aus. Reeve wusste nicht, ob er ein guter Soldat war; er wusste lediglich, dass er ihn nicht leiden konnte.
    Aber das war nicht alles. In der Anfangsphase des Konflikts hatte Jay zu einem Team gehört, das von einem Wessex-Hubschrauber auf dem Fortuna-Gletscher abgesetzt worden war. Sie waren bei dichtem Schneetreiben und Windgeschwindigkeiten von knapp 100 km/h gelandet. Die Kälte verwandelte ihre Waffen in Eiszapfen. Sie mussten den Gletscher irgendwie überqueren. In den ersten fünf Stunden legten sie eine Strecke von vielleicht 750 Metern zurück. Um nicht zu erfrieren, schlugen sie Zelte auf, aber die wurden vom Sturm weggeweht. Schließlich kam der Befehl, den Einsatz abzubrechen. Der zu ihrer Bergung ausgesandte Helikopter stürzte im Schneesturm ab; drei Mann kamen dabei ums Leben. Zuletzt gelang es einem zweiten Heli, alle auszufliegen. Die meisten Überlebenden litten an Unterkühlung und Erfrierungen. Jay hatte bei dem Absturz eine Schnittwunde an der Wange davongetragen, die mit sieben Stichen genäht werden musste.
    Eigentlich wäre jetzt eine mehrtägige, wenn nicht sogar mehrwöchige Erholungspause fällig gewesen, aber er bestand darauf, sofort wieder eingesetzt zu werden. Die Führung lobte sein Pflichtbewusstsein, und der Psychologe bestätigte, dass das Erlebnis keine feststellbaren Nachwirkungen hinterlassen habe. Doch Jay war nicht mehr derselbe. Er wollte nur noch Rache, Argentinier töten. Das stand ihm in die Augen geschrieben.
    »Weißt du was, Philosoph«, sagte Jay in dieser ersten Nacht in der Scharrgrube, »du magst nicht der beliebteste Mann im Regiment sein, aber ich glaube, du bist in Ordnung. Ja, du wirst

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