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Sein Bruder Kain

Sein Bruder Kain

Titel: Sein Bruder Kain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Schulter verdeckte er mit seiner Hand, so daß Genevieve sie nicht sehen konnte, und zeigte ihr nur die Innenseite der Jacke mit dem Namen des Schneiders.
    Sie zog scharf die Luft ein und schlug die Hände vor den Mund.
    »Ist das seine Jacke?« fragte Monk, obwohl er die Antwort bereits kannte.
    Sie war unfähig zu sprechen, aber sie nickte, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Ohne ein Wort legte Niven die Arme um sie, und sie drehte sich um und vergrub ihren Kopf an seiner Schulter.
    Es gab nichts, was Monk hätte sagen oder tun können. Er packte die Jacke wieder ein, schloß die Tasche und ging, ohne noch ein Wort zu verlieren, ja sogar ohne das Hausmädchen zu bemühen, ihm die Tür zu öffnen.
    Diesmal erhob die Polizei keine Einwände. Der Sergeant betrachtete die Jacke und die Hose mit einer Art grimmiger Befriedigung, und der Anflug eines Lächelns breitete sich auf seinem mageren Gesicht aus.
    »Das war's dann also«, sagte er leise. Mit einem Kopfschütteln sah er sich den Blutfleck auf der Jacke an.
    »Armer Teufel!« Dann schob er die Kleidungsstücke an den Rand seines Schreibtisches und drehte sich um. »Jenkins!« rief er. »Jenkins! Kommen Sie rüber! Wir müssen einen Suchtrupp zusammenstellen und nach Caleb Stone Ausschau halten. Ich will ein halbes Dutzend Männer, die sich am Fluß auskennen. Außerdem sollten sie schnell laufen können und auf einen Kampf gefaßt sein. Kapiert?«
    Von irgendwoher kam eine Antwort, auch wenn man den Sprecher nicht sehen konnte.
    Der Sergeant sah wieder zu Monk auf.
    »Jetzt kann ich etwas tun«, sagte er mit einem Nicken.
    »Diesmal kriegen wir ihn. Kann nicht sagen, daß er lange hinter Gittern bleiben wird, aber wir können ihm jedenfalls einen Mordsschrecken einjagen.«
    »Ich begleite Sie«, bemerkte Monk.
    Der Sergeant holte tief Luft, änderte dann aber seine Meinung. Vielleicht war ein weiterer Mann gar nicht so schlecht, vor allem, wenn es sich um einen handelte, der ein persönliches Interesse an der Sache hatte. Und vielleicht verdiente Monk es ja auch.
    »Also schön, Sie sind dabei«, meinte er. »Wir brechen in…«, er warf einen Blick auf seine Taschenuhr, ein hübsches Stück aus Silber von beträchtlicher Größe, »…in fünfzehn Minuten auf.«
    Eine halbe Stunde später ging Monk die Wharf Road hinunter, und an seiner Seite befand sich Constable Benyon, ein hagerer junger Mann mit ernster Miene und langer gerade Nase. Der Wind blies ihnen ins Gesicht und roch nach Rauch, Feuchtigkeit und Abwässern. Sie hatten ihre Suche auf der Ostseite der Isle of Dogs begonnen, an der Grenze von Greenwich Reach und Blackwall Reach, und sie hatten Anweisung, dem Fluß am Nordufer stromabwärts zu folgen. Zwei andere Männer nahmen sich Limehouse vor und wieder zwei andere Greenwich und das Südufer. Der Sergeant selbst überwachte den Einsatz aus einem Hansom, der von Osten nach Westen fuhr. Ein weiterer Constable war dazu abkommandiert worden, den Fluß zu überqueren, um die beiden Polizisten aus Greenwich um zwei Uhr in der Crown and Scepter Tavern zu treffen, es sei denn, diese beiden verfolgten eine heiße Spur, in welchem Falle sie ihm eine Nachricht dort hinterlassen würden.
    »Ich selbst denk' ja, wir finden ihn am ehesten flußabwärts«, sagte Benyon nachdenklich. »Eher in Blackwall oder auf den East India Docks. Sonst ist er sicher auf der anderen Seite. Ich an seiner Stelle hätt' mich in den Sümpfen versteckt.«
    »Er glaubt nicht, daß wir ihm etwas anhaben können«, erwiderte Monk und zog die Schultern hoch, um sich gegen die Kälte, die vom Wasser aufstieg, zu schützen. »Hat mir selbst erzählt, daß wir niemals eine Leiche finden würden.«
    »Vielleicht brauchen wir auch keine«, erwiderte Benyon, der sich gern eingeredet hätte, daß es so war.
    Sie bogen von der Barque Street auf die Manchester Road ab und kamen an einer Gruppe von Hafenarbeitern vorbei, die auf dem Weg zur Fähre waren. An der Ecke stand ein einbeiniger Seemann und verkaufte Streichhölzer. Ein Mann, der unablässig Gebete herunterleierte, ging in Richtung Ship Street an ihnen vorbei, bog an der Ecke ab und verschwand.
    »Reine Zeitverschwendung, das hier.« Benyon schnitt ein Gesicht. »Ich werd' mich mal am Cubitt-Town-Pier nach unserem Mann erkundigen. Das dürfte der beste Ausgangspunkt sein.«
    Schweigend gingen sie an der Rice Mill und der Seysall Asphalt Company vorbei und bogen scharf nach rechts zum Pier hinunter ab. Die Schreie der Möwen

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