Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Computersystem mit unserer Adresse gelandet. Unserer IP-Adresse, meine ich. Aber jemand anderes hat es benutzt«, beharrte sie. »Derjenige kann irgendwo auf der Welt sitzen. Die Computerheinis haben gesagt, es wäre ziemlich ausgefuchst und so designt, dass wir möglichst große Schwierigkeiten bekommen. Das Haus war voller Leute, die kamen und gingen – PR-Leute, Polizei und so. Sie wissen schon. Ich musste einfach weg da. Rogan hat sich Sorgen gemacht, der Stress könne sich negativ auf das Baby auswirken.«
»Das kann ich durchaus verstehen.« Costello tätschelte die schlanke, sonnengebräunte Hand.
»Oh, es war gar nicht schwierig. Wir sind einfach ins Flugzeug gestiegen. Das Hotel ist okay, und wir haben ja schnell die Burg gekauft. Die hatten wir uns schon in L.A. im Internet angeschaut.«
Genau, das hätte ich auch gemacht, dachte Costello.
Lauren hatte wieder ihr Supermodelgesicht aufgesetzt. »Na ja, ich dachte, wir suchen etwas für uns beide, und dann erfahre ich, dass Dec und Jinky auch einziehen sollen.« Die Verbitterung in ihrer Stimme kam wieder stärker durch. »Ich schätze, Rogan hatte das Gefühl, sich nicht einfach von ihnen trennen zu können, nicht nach all den Jahren.«
Costello spürte ein Kribbeln auf der Haut und formulierte ihre nächste Frage sehr sorgfältig, um das Gespräch wieder in die eigentliche Richtung zu lenken. »Aber Porno ist doch bei Männern nicht so ungewöhnlich? Sie sollten mal sehen, was sich einige dieser Neandertaler auf der Wache anschauen, und das sind immerhin Polizisten.«
Lauren rutschte auf ihrem Stuhl hin und her. »Das ist mir gleichgültig. Rogan steckt jedenfalls nicht dahinter.« Sie sagte es, als wäre es die unumstößliche Wahrheit, fast, als würde sie das Thema langweilen, als würde es sie eigentlich gar nichts angehen. Dennoch blickte sie sich unbehaglich um, und Costello war sofort alarmiert, als Lauren aschfahl im Gesicht wurde. »Tut mir leid, mir ist nicht gut. Ich muss mal auf die Toilette.«
Luca reckte sich nach oben, um durch das Schlüsselloch in das Zimmer hinter der Tür zu spähen. Er hatte es schon mit dem Schlüsselloch der großen Tür versucht, aber außer einem bisschen Licht an der Seite des Schlüssels hatte er nichts erkennen können.
Bei dieser Tür ging es leichter. Das Schlüsselloch war leer. Er sah Troy, der auf einem schmalen Bett lag und sein Bettzeug über sich aufgetürmt hatte wie einen riesigen Haufen Wäsche. Luca rüttelte an der Tür, aber die ging nicht auf. Also versuchte er es mit Ziehen. Nichts.
Er brachte seinen Mund an das Schlüsselloch. »Hey«, sagte er leise, »hey, Troy.«
Nichts.
Er blickte wieder durch das Loch. Troy hatte sich nicht gerührt. Er stand auf und ging zur anderen Tür, der großen, stabilen, aber auch die konnte er nicht öffnen. Das gefiel ihm nicht; er verstand zwar nicht, was da vor sich ging, aber es erschien ihm nicht richtig.
Er wollte nicht mehr hier sein, entschied er. Er würde nicht bleiben, bis seine Mum käme und ihn abholte; er würde jetzt abhauen und sie im Krankenhaus suchen. Er ging zurück zur kleineren Tür und drückte kräftig, wobei es ihm egal war, ob es jemand hörte. Die Tür öffnete sich einen Spalt und dann noch ein bisschen weiter. Troy sah aus, als wäre er für immer eingeschlafen. Und als würde er nicht nur einfach ganz normal schlafen. Luca betrachtete ihn eine Weile lang, beobachtete, wie er atmete, so ganz komisch, nicht ein und aus wie ein normaler Mensch. So atmete seine Mutter manchmal, wenn sie sich auf den Boden legen musste. Irgendetwas stimmte nicht mit Troy – seine Haltung, seine Farbe –, er sah überhaupt nicht aus wie sonst.
Und er hatte nichts zum Abendbrot gegessen. Das Monkey Meal lag kalt und eingetrocknet auf dem Tablett neben dem Bett, und auch das Getränk hatte sein Freund nicht angerührt. Der Strohhalm steckte sogar noch in seiner Plastikhülle. Troy löffelte seinen Tee immer und stopfte das Essen in sich hinein. Lucas Mum hatte aber gesagt, davon bekomme man Bauchschmerzen. Troy sagte, er esse so schnell, weil er immer kurz vorm Verhungern sei. Luca roch an den Pommes und öffnete den Deckel der Hamburgerpackung. Es roch nach kaltem Senf, war jedoch ansonsten unberührt. Troys Gesicht war feucht und wächsern, und kleine Rinnsale liefen darüber. Seine Hände sahen ganz komisch aus; groß und geschwollen und fast schwarz, fast so wie seine Ärmel. Und er hatte sich immer noch nicht bewegt. Er musste doch
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