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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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haken Sie nach, aber übernehmen Sie nicht die Führung. Costello hatte wenig Erfahrung mit Pädophilen und noch weniger mit Supermodels, aber als er sagte: Behandeln Sie sie wie eine geprügelte Ehefrau, die alles abstreitet, fühlte sie sich auf etwas festerem Grund. Sie würde höflich, interessiert und mitfühlend wirken, egal, wie gern sie Lauren die Wahrheit mit ein paar Schlägen auf den Hinterkopf aus dem hübschen, aber leeren Schädel hauen würde.
    Costello drehte eine Runde im Glashaus, ging die Befragung in Gedanken schon einmal durch und atmete warme Luft und den Duft von feuchter Erde und Kompost ein. Im Gewächshaus des Großvaters einer Schulfreundin hatte es genauso gerochen, nach Heizöl und Gartenwicken, und zur richtigen Jahreszeit hatten sie immer den Duft selbstgezüchteter Tomaten an den Fingern und den Geschmack auf der Zunge gehabt. Wie unschuldig diese Zeit gewesen war: zwei kleine Mädchen mit einem alten Mann in einem Gewächshaus am Ende eines einsamen Gartens. Die Erinnerung daran vergegenwärtigte ihr erneut den Grund, aus dem sie hier war.
    Das Café wirkte mit seinen nachgemachten schmiedeeisernen Tischen und Stühlen auf unebenem Pflaster provisorisch, und auf einer Tafel wurde in äußerst kreativer Rechtschreibung Cappuccino angeboten, während Irn Bru richtig geschrieben war. Zwei Frauen saßen mit drei an den Rollstuhl gefesselten Kindern an einem Tisch. Zwei der Kinder aßen Suppe; das dritte, ein Junge mit Gehirnlähmung, wurde mit dem Löffel gefüttert, wann immer die unaufhörlichen Zuckungen es erlaubten. Costello bemerkte gar nicht, wie sie den Jungen anstarrte, bis er ihren Blick erwiderte und sie aus seinen braunen Augen intelligent und freundlich anschaute. Sie winkte ihm zu und spazierte um das Wasserbecken, in dem silber-weiß gesprenkelte Kois vor goldenem Hintergrund verschlafen zwischen den Seerosen dahintrieben. Costello näherte sich ihnen behutsam, denn sie wollte nicht, dass sie davonhuschten, wenn ihr Schatten auf sie fiel.
    Lauren McCrae war spät; als sie kam, war es fast zehn nach. Costello vermutete, das habe mit ihrer Arbeit zu tun. Sie schaute sich gerade einen großen Baum an, der abrupt einen Meter vor dem Glasdach endete, wo man ihn beschnitten hatte, damit er die ihm zugedachten Grenzen nicht überschritt, und strich sanft über den Stamm.
    »Im warmen Klima wachsen die gut«, sagte da plötzlich jemand mit der langsamen Sprechweise der Kanadier hinter ihr.
    »Na, dann haben sie in Schottland keine Chance«, meinte Costello. »In diesem Schnee fühlen Sie sich bestimmt wie zu Hause.«
    »Ein bisschen schon.«
    Sie gingen um das Becken, und das Klackern von McCraes Absätzen hallte ihnen hinterher. Costello warf Lauren einen Seitenblick zu. »Darf ich Ihnen einen Rat geben? Wir sind in Glasgow, und es ist Dezember. Wenn man da eine Sonnenbrille trägt, und vor allem im Inneren eines Gebäudes, lenkt man die Aufmerksamkeit auf sich. Ich schätze, genau das wollten Sie vermeiden.«
    »Ich denke, ich habe mich einfach daran gewöhnt, überall erkannt zu werden, wo ich auftauche.« Lauren nahm die Rayban von der Nase, aber erst, nachdem sie sich umgeschaut hatte.
    Costello hätte sie nicht wiedererkannt. Der natürliche Glanz von Laurens hypergesunder Schönheit schien in den letzten vierundzwanzig Stunden abgestumpft zu sein. Ihre Augen wirkten rot und verquollen, als hätte sie nicht geschlafen. Sie klappte den Kragen nach unten, schüttelte ihr Haar frei und ging langsam weiter, ja schwebte auf den unebenen Pflastersteinen wie über einen Laufsteg.
    Costello überlegte, womit sie im Lichte von Littlewoods Ermittlungen das Gespräch beginnen sollte; sie nahm an, es wäre am besten, es wie bei den Kois zu versuchen, langsam und ohne Hast. Sie durfte nicht drängen.
    »Sollen wir uns nicht einen Platz suchen und eine Tasse Tee trinken? Ich weiß allerdings nicht, ob der hier genießbar ist.«
    Erneut fiel ihr bei Lauren diese Nervosität auf, dieses leichte Zögern, ehe die Antwort kam. »Ja, sicher.«
    Sie holten sich einen schwarzen Kaffee und einen schwarzen Tee, die sie in wenig Vertrauen erweckenden Pappbechern mit Griffen aus Schmetterlingspappflügeln ausgeschenkt bekamen.
    Sie setzten sich, und Costello wärmte sich die Hände an ihrem Becher und hielt ihn sich unter das Kinn. Sie war ungeduldig, trotzdem musste sie zuerst das Vertrauen dieser Frau gewinnen. Peters Rettung hing möglicherweise davon ab. »Tut mir leid«, sagte sie. »Schmeckt

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