Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
tun hatte, gleichgültig was. Erneut mit Brenda zu reden hatte er sich geweigert, doch er hatte dabei geholfen, die Verlautbarung für ihre Radio-Ansprache zu verfassen, obwohl er wusste, wie wenig das einbringen würde.
Gegen halb sieben war er eingedöst und hatte zehn Minuten mit dem Kopf auf dem Kantinentisch geschlafen. Doch im Schlaf wurde er noch schrecklicher gequält als im Wachzustand. Jetzt tat ihm der Rücken weh, er hatte Kopfschmerzen, und erschwerend kam hinzu, dass es weiterhin keine Neuigkeiten gab.
Wie Troy und Luca schien sich Peter Anderson in Luft aufgelöst zu haben.
Als er nach neun aufwachte, schlug Burns vor, ein wenig an die frische Luft zu gehen und sich ein bisschen zu bewegen, damit das Gehirn wieder in Gang käme. Schweigend spazierten sie die Hyndland Road entlang. Anderson trug einen geborgten Mantel und zog die Schultern zusammen, weil es leicht schneite. Sie beachteten die wenigen frühmorgendlichen Pendler nicht, die in die Stadt unterwegs waren. Als sie in die Gasse einbogen, hörte Anderson hinter sich Schritte im Kies knirschen.
»Colin? Colin?«
Er drehte sich um. Da stand Helena und hielt sich die Kapuze mit der behandschuhten Hand über dem Kopf fest. Sie sah aus, als hätte sie den größten Teil der Nacht geweint, ihre Augen waren rot, ihre Lippen geschwollen und aufgesprungen.
»Colin, wie geht es dir?«
»Nicht gut.« Er nickte Burns zu. Der hob die Hand und ging ohne ihn weiter. »Das ist der schlimmste Moment in meinem Leben.«
»Und wie geht es Brenda?«
Anderson antwortete nicht. Er konnte Helena nicht sagen, dass er mit seiner Frau kaum gesprochen hatte und ihr den Großteil der Schuld zuschrieb. Musste er ihr das sagen? Helena nahm sein Schweigen als Anzeichen der Sorge.
»Colin, es tut mir so leid. Hat die Polizei keine Spur gefunden? Bestimmt …?«
»Viel haben wir nicht. Sämtliche Pädophilen werden überprüft; wir durchforsten meine alten Fälle, und außerdem werden alle und jeder und zusätzlich noch deren Hunde zum Verhör geholt.« Er schloss die Augen und versuchte, sich zu beherrschen. »Ich kann es nicht fassen, und ich kann es mir nicht eingestehen …«
Helena war zu lange die Frau eines Polizisten gewesen, um leichthin zu sagen: Oh, das wird bestimmt wieder alles gut. »Wenn ich irgendwie helfen kann, irgendwie …«
»Da fiele mir im Augenblick nichts ein.«
»Tut mir leid, Colin, ich muss heute ins Krankenhaus. Eigentlich soll ich um zehn da sein, ich bin sozusagen auf dem Sprung …« Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
Anderson wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. »Alles Gute«, brachte er nur hervor.
Sie nickte unter Tränen und ging durch den Schneematsch davon.
Hinter ihm tippte Costello auf die Hupe. Sie saß in ihrem weißen Corolla, war durch die beschlagene Windschutzscheibe kaum zu erkennen und machte ihm die Beifahrertür auf.
»Quinn hat mich von dem Fall abgezogen.«
»Willkommen im Club.«
»Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich Batten die meisten Fakten gefaxt habe – über Peter, meine ich. Er wird sich vielleicht ganz inoffiziell mit Ihnen unterhalten wollen.«
»Das könnte Sie Ihren Job kosten.«
»Die sollen nur versuchen, mich rauszuwerfen. Aber Quinn war einverstanden. Ich bin jetzt zu Lauren unterwegs. Wenn sie irgendetwas weiß, kriege ich das aus ihr heraus.«
»Sicherlich. Danke.« Er blickte in den trüben Himmel und in die Pfützen. Dem Wetterbericht zufolge würde es im Laufe des Tages kälter werden. »Es wird Frost geben«, sagte er. »Peter hat noch nie weiße Weihnachten erlebt.«
»Na, dann ist es dieses Mal seine Premiere.« Sie zeigte auf ein paar Schneeflocken, die auf der Windschutzscheibe niedergingen.
Es hatte richtig zu schneien begonnen, doch im Inneren des botanischen Gartens war es unangenehm warm. Costello hatte sich deutlich ausgedrückt: im Kibble Palace, dem älteren Teil, um elf. Es war ein hübsches Gebäude, und sie freute sich, dass die Bürgerschaft der Stadt endlich das Geld aufgebracht und es renoviert hatte. Das Glas der viktorianischen Kuppel funkelte sauber und war von einer zarten Schicht Schnee bedeckt, wo das Glas das Eisen berührte. Costello trat ein, war froh, aus der Kälte zu kommen, und öffnete sofort den Kragen ihrer Jacke und schüttelte den Schnee vom Schal, ehe sie ihn in die Tasche steckte. Sie hoffte nur, sie würde nicht einschlafen.
Littlewood hatte sich unmissverständlich geäußert. Überlassen Sie das Gespräch Lauren; hören Sie zu,
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