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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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würde sie in einer Hängematte schaukeln. Vik stellte sich zu Frances und legte den Arm um sie.
    »Wetten, du hast nicht gewusst, dass das Original-Cover von einem Absolventen der Kunsthochschule Glasgow entworfen wurde?«, sagte er und fragte sich, ob ihr Tränen oder Regentropfen über die Wangen liefen. »Dürfte heute ein Vermögen wert sein. Und hast du gewusst …« Er legte eine Pause ein, um die Wirkung zu steigern. »… dass niemand eine Ahnung hat, wer das Mädchen ist, das am Ende der Platte dieses Goodnight haucht?«
    »Das liegt daran, dass nur die Traurigen das Stück bis zum Schluss anhören«, erwiderte sie leise, und eine Träne fiel auf ihre Wange. »Es wurde damals gesagt, es sei ein Fehler im Master-Band, aber das Geheimnis hat dem Verkauf nicht geschadet. Wer war das Tamburinmädchen? Alle wollten das wissen. Mit dem Song ist seine Karriere richtig in Gang gekommen.«
    »Ich würde ja zu gern wissen, worum es in dem Song eigentlich geht, das ist alles.« Er sah auf die Uhr. Die Arbeit rief. »Ich sollte mal wieder los.«
    Aber Frances starrte auf das blonde Model, das sich in dem Tamburin zusammengerollt hatte. »Hübsch, oder?«
    »Wenn man auf diese Art Frauen steht, ja. Aber ich halte es ganz bestimmt mit dir aus.« Er küsste sie auf die Wange und schmeckte das Salz einer Träne. »Komm jetzt. Wo musst du hin? Ich könnte dich absetzen.«
    »Nur ein Stück die Western hoch. Ich habe einen Termin wegen meines Gesichts.«
    »Dein Gesicht gefällt mir so, wie es ist.«
    Ihre gute Laune war verflogen. »Ich nehme den Bus und geh noch ein paar Minuten, damit ich ein bisschen frische Luft bekomme.« Als sie die Sauchiehall Street hinunter in das miese Wetter blickte, kniff sie die Augen zu. Es war trist. Und die Tristheit steckte an.
    »Na gut, wenn du unbedingt an Unterkühlung sterben willst, mach nur. Aber ich nehme die Einkäufe mit und bringe sie nach der Arbeit vorbei.«
    Sie standen sich direkt gegenüber und hatten beide die Hände an den Griffen der Taschen. Er zögerte und überlegte, ob er sie küssen sollte, gab sich jedoch damit zufrieden, ihr in die braunen Augen mit den winzigen Goldtupfen zu blicken. Ihr Gesicht wurde von einem schwarzen Paschmina-Schal umrahmt.
    Sie blinzelte träge, ein letzter Regentropfen fiel von den langen Wimpern auf die Wange, und dann lächelte sie. »Ich schaffe das schon«, sagte sie und zog die Tüten an sich.
    Als er sie zum Abschied in den Arm nahm, blickte sie über seine Schulter und entdeckte ihr Spiegelbild in einem Schaufenster. Mit dem Schal um den Kopf und ihrer dünnen Figur, die vollständig von dem knöchellangen schwarzen Wollmantel verhüllt wurde, sah sie aus wie eine mittelalterliche Heilige. Hinter dem Spiegelbild flimmerten schweigend zwei Breitbildfernseher im Edeldesign von Bang & Olufsen: die schottischen Nachrichtenaufmacher, Bilder von Rettungsmannschaften, die in Pakistan über Schuttberge kletterten, ein Fließband in einer Fabrik voller Squidgy-McMidge-Figuren, Luca Scott auf einem Bild aus der Schule und dann eines vom Joozy Jackpot, dieser Spielhölle. Sie löste sich von Vik und ging zu dem Schaufenster, um es sich genauer anzusehen, aber sie hatten bereits zurück ins Studio geschaltet. Die bemalten Lippen der rothaarigen Nachrichtensprecherin bewegten sich begeistert. Ihre rotbraunen Augenbrauen bildeten einen sympathischen Bogen, waren nicht professionell hochgezogen. Gute Nachrichten demnach. Nun waren auf beiden Bildschirmen Wolken zu sehen, Wolken ohne Ende, die düsteren Regenwolken des schottischen Winters. Die eingeblendete Schriftzeile erläuterte, dass Rory McLaughlin vom Flughafen Glasgow berichtete.
    Frances kniff die Augen ein wenig zusammen, als zwischen den Wolken ein Flugzeug auftauchte und wieder verschwand, nur um abermals und nun wesentlich größer zu erscheinen.
    Das Bild wechselte zu einer Ansammlung junger Fans, darunter auch immer wieder mal welche in fortgeschrittenem Alter. Auf den Ansteckern, den Schals, den T-Shirts und den Mützen stand überall das gleiche Wort: ROGUE. Eine Oma in einem Rollstuhl trug ein Schild mit der Aufschrift: »I love Rogan«; sie hielt es in die Höhe und küsste es dann für die Kamera. Schnitt.
    Die Tür des Flugzeugs öffnete sich, und dann kam er heraus, Rogan O’Neill, ganz in Leder oben auf der Gangway. Er nahm die Sonnenbrille ab, winkte, legte die Fingerspitzen an die Lippen und küsste in die Luft seiner Heimat. Dann wandte er sich einer blonden Schönheit zu,

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