Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Schmerzen verursacht hat, die wiederum alle möglichen psychischen Probleme nach sich gezogen haben dürften.«
Plötzlich tauchte Lauren McCraes abgespanntes und nervöses Gesicht vor Costellos innerem Auge auf. »Sie meinen also, sie wurde verprügelt, als sie jung war. Könnte das in der Zeit passiert sein, während sie mit Rogan zusammen war?«
»Mir fehlen die speziellen Kenntnisse, um solche Verletzungen präzise zu datieren«, antwortete O’Hare, »aber sie sind auf jeden Fall einige Jahre alt. Sehen Sie sich diesen Ellbogen an; der Bruch hat die Epiphysenfuge unterbrochen, was bedeutet, dass sie zu dem Zeitpunkt fast vollständig ausgewachsen gewesen sein muss.«
»Fast? Das heißt, eigentlich war sie noch ein Kind?«
O’Hare schüttelte langsam den Kopf. »Einige der Verletzungen stammen aus ihrer Kindheit, und andere sind passiert, als sie heranwuchs. Mir scheint, sie wurde als Kind misshandelt und später als Erwachsene ebenfalls. Und damit meine ich, innerhalb einer sexuellen und möglicherweise gesetzeswidrigen Beziehung. Ihr wurden die Jugend und die Gesundheit geraubt … Wie lange hat sie in dieser Wohnung gelebt?«
»Zwanzig Jahre oder so«, antwortete Quinn. »Rogan hat sein Alter nie ehrlich zugegeben, bis heute nicht. Er war zwanzig Jahre älter als Frances. Sie ist mit fünfzehn zu Hause ausgerissen, um mit ihm zusammen zu sein. Und mit sechzehn hat sie diese Songs geschrieben.« Quinn nahm die Akte. »Frances’ Krankenakte – ich fasse mal zusammen. Trigeminusneuralgie, verursacht durch einen Schlag ins Gesicht, und psychiatrische Behandlung, vom neunzehnten Lebensjahr an bis zu ihrem Tod. Das war vor allem deshalb notwendig, weil sie unter chronischen Schmerzen litt. Und …« Sie sah O’Hare an.
»Wir haben die mumifizierten Überreste eines sehr kleinen Kindes gefunden, vielleicht einer Totgeburt.« O’Hare hustete. »Die Frau, die auf diesem Tisch liegt, hat ein Kind geboren. Allerdings ist von einer Schwangerschaft nirgendwo etwas verzeichnet. Absolut nichts.«
»War Rogan der Vater des Kindes?«, fragte Quinn.
»Das könnte ich mir vorstellen. Aber die Überreste werden uns wohl keine brauchbare DNA mehr liefern.«
»Er hat eine schwangere Frau verprügelt? Hat er sie so heftig geschlagen, dass sie das Kind verloren hat?«
»Dazu gehört schon einiges …« O’Hare wählte seine Worte mit Bedacht. »Babys sind nicht so zerbrechlich. So leicht kann man ihnen keinen Schaden zufügen. Aber wir werden nie erfahren, welche Macht O’Neill über sie hatte oder wie das Baby gestorben ist. Viele Fragen bleiben vermutlich für immer ungeklärt.«
»Die arme Frances. Ich kann sie trotzdem verstehen, wissen Sie. Er hat ihre Lieder in den Pubs gesungen und zum ersten Mal in seiner kläglichen Karriere ein bisschen Aufmerksamkeit geerntet, und dann wird sie schwanger. Er sieht vor sich, wie sie für ihn zum Klotz am Bein werden wird. Deshalb verprügelt er sie, sie verliert das Baby, schreibt diesen Song, er klaut ihr den Song und lässt sie sitzen. Nach ein paar Monaten unterschreibt er einen Plattenvertrag und scheint sich nicht mehr darum zu kümmern, wie es ihr geht und was ihr zusteht.«
»Wenn er das einer schwangeren Frau angetan hat, dann möge Gott Lauren beistehen«, meinte Costello verbittert. »Was für ein Scheißkerl.«
»Also«, fasste Quinn zusammen, während sie sich die Sache noch einmal durch den Kopf gehen ließ. »Als Frances sechzehn war, dürfte Rogan Mitte dreißig gewesen sein, also erheblich älter als sie. Sie haben in seiner Wohnung gewohnt, und im Keller befand sich der Proberaum. Diese Matratzen sollten wahrscheinlich als Schalldämmung dienen. Aber dann wurde sie schwanger … und er hat dafür gesorgt, dass sie das Baby verliert …« Sie legte die Hand vor den Mund. »Tut mir leid«, sagte sie und unterdrückte die Tränen.
» Sicher wissen wir das alles nicht«, mahnte O’Hare.
Costello beachtete ihn nicht. »Spielt das eine Rolle? Sie hat das Baby verloren und einen Song darüber geschrieben. Rogan ist abgehauen, hat sie in der Wohnung sitzen lassen und die Lieder mitgenommen. Zauberhaft.«
Quinn schüttelte den Kopf. »Aber er hat all ihre Songs mitgenommen, seine größten Hits … die waren alle …«
»Von ihr«, ergänzte Costello nachdenklich und fügte giftig hinzu: »Bloß weshalb hat sie sich nie von ihm geholt, was er ihr geschuldet hat? Ich hätte den Mistkerl bis zum letzten Hemd ausgenommen.«
»Sie vielleicht, Costello«,
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