Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
bei ihr am Tisch gesessen und ihre selbst gebackenen Biskuits geknabbert und ein Schwätzchen gehalten, wie es Frauen eben tun, während sie auf die Termine im Krankenhaus warten.«
»Miss Cotter kannte Troy gut, aber auch Luca? War der ihr schon einmal über den Weg gelaufen?«
»Wenn ich mich recht entsinne, hat sie gesagt, sie habe nur die Geschichte über ihn gehört, aber entscheidend war ja, dass Frances ihn kennen musste. Vielleicht hat sich das erst nach und nach entwickelt: Zuerst hat sie nur beobachtet, dann hat sie sich Sorgen um sie gemacht und schließlich geglaubt, sie sei die Retterin, und hat die Jungen mitgenommen. Was zu der Frage führt – warum hat sie die beiden in dem stinkenden Keller gelassen, wo sie verhungert wären?«
»Das ist Ihre Sicht, Costello. Frances hat ihnen Essen gegeben und ein Bett, und sie waren glücklich in ihrer Kellerburg, und tagsüber durften sie in der großen Wohnung toben. Fragen Sie Luca; er hat bis zum Schluss viel Spaß gehabt«, sagte O’Hare.
»Und warum hat sie Troy von den Ratten anknabbern lassen? Man schließt doch Kinder nicht ein und überlässt sie einfach sich selbst«, fauchte Costello.
O’Hare sah sie an, halb verblüfft und halb fragend, ehe er antwortete: »Das Problem bei Troy war rein medizinischer Natur. Er hatte eine Halsentzündung, und seine Mutter hat sich nicht um eine entsprechende Behandlung gekümmert. Dazu war er unterernährt, und zusammen mit der Krankheit entwickelten sich aus dem eher kleinen Kratzer am Bein eine Sepsis und eine nekrotisierende Fasciitis. Sein kleiner Körper reagierte sofort, und das Hautgewebe starb ab. Allerdings mangelte es ihm an Immunkräften. Diese Infektion breitet sich so schnell aus, wie das Blut fließt. Beim Frühstück ging es ihm vielleicht noch gut, und zur Teezeit war er schon tot.«
»Sie hätte es trotzdem bemerken können. Es fällt einem doch auf, wenn der Fuß eines Kindes schwarz wird.«
O’Hare seufzte genervt. »Costello, da war sie schon tot. Ich glaube, sie hatte auf gar keinen Fall schlechte Absichten mit den Kindern. Und ich wiederhole nochmals: Wer immer Frances Coia getötet hat, ist auch für Troys Tod verantwortlich. Und Sie zwei sitzen hier herum. Sie sollten endlich den Giftmischer suchen. Inzwischen haben wir sechs Tote, von denen wir wissen. Sechs.«
»Zuerst müssten wir Peter finden«, erwiderte Costello schlicht.
»Na los, dann an die Arbeit.« Quinn ging zur Tür und drehte sich dort um. »Sie können das alles nicht beweisen, oder, Jack? Sie können nur beweisen, was Sie vor sich haben – das Zyanid.« O’Hare öffnete den Mund und wollte protestieren, aber Quinn hatte sich bereits Costello zugewandt. »Diese Geschichte ihres Lebens hat keinen Bezug dazu, wie sie gestorben ist. Rein juristisch, meine ich. Ich gehe jede Wette ein, dass Rogans PR-Leute es bereits in Arbeit haben, wie sie diese Tragödie ausschlachten können: der Tod der schottischen Exfreundin, der großen Liebe, die diese wunderbaren Lieder für ihn geschrieben hat. Ich sehe es schon vor mir … er wird die Beerdigung in einen PR-Triumph verwandeln, und die Medien werden ihn dafür noch lieben.«
»Das dürfen wir nicht zulassen«, sagte Costello.
»Uns bleibt keine Wahl.«
»Passen Sie nur auf.«
»Costello, ich warne Sie. Sie – wir – können mit dieser Sache nicht an die Öffentlichkeit gehen.«
»Wir vielleicht nicht. Aber ich bin absolut sicher, jemand anderes kann es.«
Anderson hielt sich den Plastikhuf mit beiden Händen vor die Nase, als könnte ihm das Stück seine Geheimnisse zuflüstern. Er gehörte eindeutig Peter, und er hatte oben an der Treppe gelegen, die zu Helenas Keller hinunterführte. Und sie hatte Anderson die Schlüssel gegeben. Wollte sie ihm damit etwas mitteilen? Und wenn, was?
Dann begriff er, dass er ein Beweisstück in der Hand hatte, und zwar ihr einziges Beweisstück bislang. Er sollte es eintüten, in der Wache anrufen und das Team kommen lassen; die hätten das Haus in weniger als einer halben Stunde auseinandergenommen. Er würde Helena von Littlewood verhören lassen, und der würde sich nicht auf diese Ausflüchte einlassen, dass es ihr schlecht gehe. Er schniefte, um ein paar Tränen zu unterdrücken. Er hatte ihr vertraut … Natürlich vertraute er ihr immer noch. Was dachte er sich eigentlich? Trotzdem, Peter war hier gewesen. Er versuchte, seinen Puls zu beruhigen. Er würde Quinn anrufen und ihr Bericht erstatten. Aber zuerst würde er sich
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