Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Zentimeter abchecken. Es gab zu wenige Bodentruppen, und die vorhandenen waren zu müde und zu durchgefroren. Und sich zu sicher in der Annahme, dass sie doch nichts finden würden. Vielleicht lagen sie da nicht einmal falsch. Und zusätzlich mussten sie auch Rogan O’Neill babysitten, der morgen seinen großen öffentlichen Auftritt hatte.
Andersons Telefon gab einen Ton von sich, und Peter sprach eine Nachricht auf die Mailbox: Wann kommst du nach Hause? Ich muss Puff üben. Er wollte gerade zurückrufen, als Wyngate eine Akte auf den wachsenden Stapel auf dem Schreibtisch fallen ließ. »Ich bin alle Klassenkameraden von Troy durchgegangen, dazu die Lehrer und die Assistenten; ich habe die wenigen Nachbarn aufgetrieben, mit denen wir bisher nicht gesprochen hatten. Und alles umsonst. Tut mir leid, Sir, nichts Neues.«
»Okay, Wyngate, wenigstens haben Sie es versucht. Tun Sie mir den Gefallen und rufen Sie den Hausarzt der entzückenden Miss Cotter an. Vielleicht haben Sie ja mehr Glück als ich. Ich versuche herauszufinden, was sie an der Lunge hat. Sie keucht und pfeift, als hätte sie eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung. Und falls das stimmt und diese sich im fortgeschrittenen Stadium befindet, können wir sie von unserer Verdächtigenliste streichen.« Anderson tippte mit dem Stift an den Bildschirm. »Heute Nacht soll es minus vier Grad werden. Der arme Junge hat nur ein dünnes Fleece-Oberteil an, und er braucht seine Medikamente für den Hals. Wir müssen es in die Medien bringen, dass der Junge krank ist. Mulholland soll das in seiner Presseerklärung unterbringen. Ach, und zwar auch dann, wenn der Junge fit genug wäre, um den Mount Everest rückwärts hochzusteigen. Wo steckt Mulholland eigentlich?«
»Ist nach Hause gesaust. Ich denke, er wollte nach etwas oder nach jemandem sehen. Und, Sir? Wenn Sie kurz nach Hause fahren und Claire besuchen wollen, Sir … Wir legen heute alle wieder eine Doppelschicht ein.«
»Oh«, sagte Anderson. »Das hat Quinn in ihrer Nachricht natürlich nicht erwähnt.«
»Ich kümmere mich drum. Gleichgültig, was Mulholland im Augenblick gerade treibt, später wird er wieder reinkommen, und Costello – Costello ist verschwunden.«
»Danke, ich werde auf das Angebot zurückkommen, nach Hause zu fahren. Ich glaube, meine Frau geht wieder aus. Ich nehme die Akte mit und schaue sie mir an. Können Sie die Adressen vielleicht irgendwie geographisch sortieren?«
»Kein Problem.« Wyngate betrachtete die Liste. »Wird dieser Basar morgen stattfinden? Obwohl zwei Kinder vermisst werden? Glaubt die DCI, die Sicherheitskräfte werden reichen? Es wäre besser …«
»… den ganzen Basar abzusagen? Das Leben geht weiter, Wyngate. Aber lassen Sie verlauten, dass ich so viele Polizeibeamte wie möglich in Bereitschaft sehen möchte. Die Hundestaffel wird sowieso eine Vorführung auf dem Parkplatz veranstalten. Außerdem gibt es Gerüchte aus der Zentrale an der Stewart Street, dass Rogan O’Neill für zusätzliche Sicherheitsbeamte zahlen will. Ich nehme an, das bringt ihm gute Publicity ein. Andererseits, angesichts der vielen Kinder und unzureichenden Sicherheitskräfte, wer weiß, wer sich da alles anschleicht?« Anderson schwang mit dem Stuhl herum, und plötzlich stand John Littlewood vor ihm und starrte ihn an.
»Riskant«, sagte Littlewood und kratzte sich den Kahlkopf, wobei Haarschuppen auf seine Lederjacke rieselten. »Zu riskant. Diese Rekonstruktion war riskant.«
»Ist wenigstens alles gut gelaufen? Alles in Ordnung mit Peter?«, fragte Anderson.
Littlewood senkte den Blick und blies aus seinem Kaugummi eine perfekte Blase, bis sie platzte. »Für Peter war alles in Ordnung.«
Anderson entging der Unterton der Antwort, und er sah auf die Fotos der vermissten Jungen, die er an seinen Monitor geklebt hatte. Er konnte sich nicht vorstellen, nicht da zu sein, um seinem Sohn die Wange zu streicheln, während er einschlief, um ihm seine Gutenachtgeschichte vorzulesen und um den üblichen Streit ums Baden zu führen. Dies waren die Kleinigkeiten im Leben, die eine Familie ausmachten. Luca Scott und Troy McEwen wuchsen beide ohne Vater auf und praktisch auch ohne Mutter. Was für ein Familienleben hatten sie schon?
Wieder kam eine Nachricht auf den Schirm. Rogan O’Neills Agent hatte angerufen und eine Belohnung von hundert Riesen angeboten für Informationen, die zur sicheren Heimkehr der Jungen führten. Anderson pfiff leise durch die Zähne; Quinn, so
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