Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
über die tröstliche Ablenkung, hielt Peter fest an der Hand und spazierte mit ihm herum. Sie war dankbar gewesen, als DS Costello sie angerufen hatte, kurz und knapp wie immer. Anderson sei der ranghöchste Beamte der Wache und deswegen nicht abkömmlich. Brenda sei mit dem Wagen in Glasgow unterwegs und könne die Kinder nicht gebrauchen, weil sie Weihnachtseinkäufe erledigen wolle. Ob Mrs. McAlpine nicht Peter von seiner Großmutter abholen könne? Und so wurde Helena nun von einem quirligen Kerlchen in einem Drachenkostüm, das nur Unfug im Sinn hatte, herumgezerrt.
Draußen auf dem Schulhof wurde es langsam dunkel, und die Flammen in den Feuerkörben reichten nicht bis in die düsteren Schatten der Ecken. Die Scheinwerfer erwachten zum Leben.
Peter wurde bereits ungeduldig und wollte wissen, wo sein Dad steckte. Helena hatte keine Ahnung. Colin konnte überall sein – er ging vielleicht den Schulzaun ab und erkundigte sich, was bei den Polizisten draußen los war, oder er überprüfte, ob das provisorische Kommunikationssystem seine Arbeit tat. Das hätte jedenfalls Alan getan. Ihr Blick ruhte auf einem Jungen, der allein dastand und eine Backkartoffel aus einer Styroporschale aß. Allein. Der Junge schaute gebannt den bunten Lichtern des beleuchteten Schneemanns zu, die in regelmäßigem Takt an- und ausgingen.
Helena schaute sich rasch um. Sie wollte nicht mit dieser Fettsüchtigen im Rollstuhl reden, die bereits ein kleines Publikum für ihr Theater der unanständigen Laute angelockt hatte. Also zog sie ihr Handy hervor und rief Colin an, wobei sie den Jungen nicht aus den Augen ließ, bis sich Colin meldete und jemand Drittem Anweisungen zurief. Ein Streifenpolizist im Weihnachtsmannkostüm tauchte wie aus dem Nichts auf und nahm den Jungen an die Hand. Der Polizist winkte Helena flüchtig zu. Lage unter Kontrolle.
»Wo sind Sie?«, fragte Colin. »Ich komme sofort runter.«
»Ich werde gleich von einem mannsgroßen Pinguin angegriffen«, antwortete Helena.
»Bin in einer Sekunde bei Ihnen.«
»Pat der Pinguin!«, schrie Peter. »Tante Helena! Da ist Pat der Pinguin!«
»Nein, wie süß«, erwiderte Helena wenig begeistert.
»Kann ich ein Foto mit ihm haben?« Peter löste sich von ihrer Hand und lief durch die Menschen zu dem Pinguin. Der Polizist von der Wache vor Ort, ein Mann namens Willie McCaffrey, der jährlich einmal in den muffigen Pinguinanzug gesteckt wurde, war für seine Unduldsamkeit jedem unter einer Größe von einem Meter zwanzig gegenüber bekannt, aber jetzt wirkte zur Abwechslung der Pinguin nervös, und er bewegte sich sehr schnell, gefolgt von einem Schäferhund der Polizeistaffel, Bruno, der sich die Lefzen leckte. Bruno hatte miserable Laune, da man ihn gedemütigt hatte, indem man ihn seine gelungene Vorführung hündischer Polizeiarbeit mit einer Girlande aus rotem Lametta um den Hals hatte absolvieren lassen.
»Diese Idioten haben auf dem ganzen Anzug Pedigree verschmiert«, zischte Willie durch seinen Schnabel, »und jetzt will mir der Hund an den Hintern.«
»Könnte schlimmer sein, Willie«, antwortete Anderson, der sich zu ihnen gesellte und lachte. »Könnte auch Rogan O’Neill sein, der dir an den Hintern will. Hallo, Kleiner, wie geht’s denn unserem Drachen Puff?«
»Bild! Bild!«, sagte Peter und zeigte auf die Kamera.
Der Pinguin beugte sich vor, legte Peter den Arm um die Schultern, und irgendwo zündete ein Blitz. »Richtig«, verkündete der Pinguin, »ich wollte mir gerade einen Glühwein holen. Frohe Weihnachten.« Daraufhin stampfte er mit der Eleganz eines Mähdreschers davon und überließ es Peter, sich statt mit ihm mit Bruno anzufreunden.
Anderson lächelte Helena an. »Danke, dass Sie Peter abgeholt haben; das war mir eine große Hilfe. Brenda wird mir jetzt nicht mehr im Nacken sitzen.« Seine Stimme wurde ein wenig milder. »Sie hat augenblicklich viel um die Ohren.«
»Ach, da drüben ist ja auch Ihre Tochter. Ungefähr auf zwei Uhr, wie Sie Polizisten sagen würden. Sie hat einen Jungen dabei, also starren Sie nicht so hin.«
Tatsächlich unterhielt sich Claire mit einem Jungen. Sie wurde schrecklich rot und winkte verlegen, als sie ihren Vater entdeckte und durch die Menschen herüberkam.
»Kann ich heute Abend mit Graham in die Disco?«
»Disco?« Anderson hörte zum ersten Mal davon. »Graham?«
»Mum hat es erlaubt. Sie geht zum deutschen Weihnachtsmarkt, und ich will nicht mit.«
Langsam dämmerte es Anderson, dass seine
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