Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Claus, der dem Vorsitzenden des Mietervereins Partickhill, Alan Arnett, verblüffend ähnlich sah, nickte und begrüßte Helena McAlpine. Er wuschelte Peter durch das Haar und nahm ihm das Versprechen ab, mindestens bis Weihnachten ein lieber Junge zu sein.
Der Weihnachtsbasar der Rowanhill-Schule im Zeichen der Aktion »Spenden für Andy« war ein voller Erfolg. In Feuerkörben loderten helle Flammen rund um den Schulhof, und vier uniformierte Polizisten mit Rauschgold um den Hals und Squidgys an den Helmen tänzelten von einem Fuß auf den anderen, um sich warm zu halten, und rösteten ihre Finger an den Feuern. Eltern standen im Halbdunkel und tranken Glühwein aus Styroporbechern. Arm-Strong-Security zeigte ebenfalls Flagge und zwar ganz und gar nicht diskret. Rogan O’Neill hielt sich im Schulgebäude auf, und obwohl es zu schneien begann, reichte die Schlange derjenigen, die sich seine neue CD von ihm signieren lassen wollten, aus der Turnhalle heraus bis auf den Schulhof. Jedes Mal, wenn wieder hundert Pfund an Spenden eingenommen worden waren, band man einen weiteren Heliumballon an den Baum, an dem schon viele Ballons befestigt waren, und jedes Mal jubelten die Umstehenden begeistert. Zwischen den Weihnachtsmännern und den Schneemännern erinnerten riesige Schwarzweißfotos von frierenden Waisenkindern aus Pakistan daran, aus welchem Grund man hier zusammengekommen war.
Auch Evelynne Calloway war höchstpersönlich erschienen. Die dürre Frau ohne Ausstrahlung in einem langen schwarzen Mantel, der mindestens drei Konfektionsgrößen zu groß für sie war, sollte den Bazar in einem oben offenen Bus eröffnen, der mit aufblasbaren Squidgy McMidges geschmückt war, und sie hatten schon tausend Squidgys verschenkt, die die Spitzen von Weihnachtsbäumen zieren sollten. Außerdem hatte sie eine signierte Originalzeichnung von Squidgy für die Auktion gespendet. Die Auktion sollte um vier Uhr beginnen, Rogan O’Neill würde sie leiten und als Top-Preis eine VIP-Loge für sein Spendenkonzert an Hogmanay, an Silvester, im Hampden Park versteigern. Das Konzert war schon seit einem ganzen Jahr ausverkauft, und Gerüchten zufolge lagen manche Gebote bereits über sechstausend Pfund. Draußen auf der Straße stand der Laster eines Transportunternehmens, das den Wagen bereitgestellt hatte, um in der Zeitung erwähnt zu werden. Die Plastikmücke auf der Windschutzscheibe hatte die Beine von sich gestreckt, als wäre sie mit voller Wucht dagegengekracht, und sie blinkte rot und blau, während freiwillige Helfer auf der Ladefläche Schuhkarton um Schuhkarton an Sachspenden entgegennahmen. Der Lastwagen war über und über mit Lametta, Girlanden und Weihnachtsschmuck verziert.
Es gab die übliche Mischung aus Weihnachtslotterie, Schminktischen, Flohmarktständen, Verlosungen und Tombolas, und über allem hing der Geruch gebratener Zwiebeln vom Hotdog-Stand. Der hatte längst geöffnet und bildete das Herzstück des Basars.
Trotzdem lag die Bedrohung durch einen unsichtbaren Feind in der Luft. Eltern behielten ihre Kinder ein wenig dichter bei sich als gewohnt und beäugten misstrauisch alle Fremden, die ihnen zu nahe kamen, und viele Kinder trugen hellblaue Gummiarmbänder mit fluoreszierenden Streifen, damit sie Luca und Troy nicht vergaßen. Und überall, an jeder Wand und jeder Tür, klebten Plakate mit Fotos der beiden und der beängstigenden Aufschrift: Haben Sie diese Jungen gesehen?
In der Halle saß Evelynne Calloway, signierte Squidgy-Postkarten und Daumenkinos und lächelte für die Kameras, während ihr eine Assistentin die Bücher der Kinder anreichte und sie wieder zurückgab, ganz so, als wäre Evelynne die Queen.
In der Ecke hinter ihr kauerte eine fette Frau in einem Rollstuhl. Deren kastanienbraunes Haar lockte sich unter einem Wollhut hervor, und ihre baumstammstarken Beine waren in eine rote Karodecke gewickelt. Sie vertilgte einen Cheeseburger, und das Verpackungspapier auf ihrem Schoß verriet, dass es nicht ihr erster war. Dabei sah sie todunglücklich aus. Sie stopfte das letzte Stück Cheeseburger in den Mund und nahm einen McMidge-Ballon aus dem Schoß. Den blies sie auf und ließ die Luft wieder herausströmen, wobei sie ziemlich gut das Geräusch eines Elefanten mit Flatulenz nachahmte. Ein paar Eltern in der Schlange für die Backkartoffeln warfen ihr böse Blicke zu, doch einige Kinder kicherten, und nun lachte sie ebenfalls und zog sich ihren Wollhut ins Gesicht.
Helena freute sich
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