Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
Tochter sich gern mit diesem Jungen verabreden wollte, zu einem richtigen Date. »Was für eine Disco? Und wer ist …«
»Heute Abend um sechs. Für Zwölfjährige und alle darunter. Du hast gesagt, du würdest es dir überlegen. Na ja, Mum hat gesagt, du würdest es dir überlegen.«
In diesem Moment holte Miss Saunders, die Grundschullehrerin, die ein nervöses Lächeln und drei unterschiedliche Namensschilder trug, den sehr aufgeregten Peter zum Krippenspiel ab und stellte ihn ans Ende einer Reihe aufgeregter Erstklässler. Sie wurden davongeführt, und Peter rief über die Schulter: »Komm gucken, Daddy! Komm gucken!« Anderson winkte seinem Sohn hinterher und dachte über Claires Party nach. Brenda war unterwegs und erledigte Weihnachtseinkäufe, und das Handy hatte sie abgeschaltet. Die Enttäuschung lag ihm schwer im Magen. Er wollte mit Helena zu dem Weihnachtskonzert, würde aber den Abend damit verbringen, allein auf einem Parkplatz im Wagen zu sitzen und auf seine Tochter zu warten. »Woher kennst du den Jungen?«, flüsterte er, denn seine väterlichen Instinkte warnten ihn, dass jeder, der seiner Tochter nachstellte, ein potentieller Kindermörder sein musste.
»Dad, er ist in meiner Klasse. Seine Mum hat mich heute abgeholt. Dad, alle anderen dürfen auch hin«, bettelte Claire.
»Meine Mum arbeitet hier an der Schule, und sie hat gesagt, ich soll Ihnen das hier geben.« Der Junge reichte ihm ein Stück Papier mit dem Namen der Frau und einer Handynummer. Anderson fiel unwillkürlich auf, dass der Junge saubere Hände und tadellose Fingernägel hatte.
»Wie alt bist du denn?«
»Zehn. Ich heiße Graham, Mr. Anderson. Graham Smeaton.« Saubere Hände und höflich. Helena musste ihr Grinsen hinter dem Schal verbergen.
»Und wo ist deine Mutter?«, wollte Anderson wissen.
»Sie ist am Teestand. Ich soll bei Leuten bleiben, die ich kenne«, sagte Graham auf, als hätte man es ihm eingeschärft, »und den Schulhof unter gar keinen Umständen verlassen. Und ich soll mich alle halbe Stunde bei ihr melden. Sonst wird sie böse«, fügte er noch hinzu.
»Ganz recht so.«
»Sie hat gesagt, wenn Sie möchten, sollen Sie bei ihr anrufen. Sie wird heute Abend bei der Disco Aufsicht führen«, sagte der Junge vorsichtig. »Sechs von uns nimmt sie anschließend mit nach Hause, und dann gibt es noch Pizza bei uns. Die anderen Eltern holen ihre Kinder bei uns ab.«
Anderson hatte es mit einem Experten der Überredungskunst zu tun. Gleichzeitig tauchte am Horizont wieder die Möglichkeit auf, den Abend doch mit Helena zu verbringen. Er rief Grahams Mutter an. Ja, sagte sie über das Klappern von Teegeschirr und das Rauschen eines Wasserkochers hinweg, sie würde Claire und die anderen Kinder zur Disco bringen und später wieder abholen, und sie würden bei ihnen im Clarence Drive Pizza essen. Er könne später vorbeikommen und Claire bei ihnen abholen. Möglicherweise, so wandte er ein, würde es ein wenig später werden. Grahams Mutter erwiderte, das sei kein Problem, andere Mütter würden die Gelegenheit ebenfalls nutzen, um die Geschenke einzupacken oder überhaupt erst zu besorgen; einige der Väter hätten sich wohl verabredet, auf dem deutschen Weihnachtsmarkt Wein, Bier oder Käse zu probieren, und vielleicht würde ja auch ein bayrischer Volkstanz aufgeführt. Vor Mitternacht wurde eigentlich niemand erwartet. Colin könne kommen, wann es ihm gefalle.
Claire himmelte jetzt ihren jungen Verehrer an.
»Meine Tochter ist gerade erwachsen geworden«, sagte Anderson verwirrt zu Helena. »Sie hat einen Freund.«
»Ja, aber einen Freund im Sinne von ›Kann ich mir bitte deinen Bleistift leihen‹ und keinen Freund im Sinne von ›Lass uns mal hinter den Schuppen gehen‹.« Sie erwischte ihn beim Grinsen. »Na ja, ich habe keine Ahnung von solchen Dingen. Ich war auf einem Mädcheninternat.«
»Und da habe ich immer gedacht, auf den Internaten würden sie es am schlimmsten treiben.« Anderson schüttelte den Kopf. »Trotzdem, in Greenock gibt es tatsächlich einen Zwölfjährigen, der schon Vater ist – kein Scherz.«
»Deswegen brauchen Sie sich sicherlich keine Gedanken zu machen.«
»Ich bin ihr Vater. Ich mache mir dauernd Gedanken.«
»Colin, Claire ist ein vernünftiges Mädchen. Und Peter ist genauso vernünftig, auch wenn Sie es manchmal nicht glauben mögen. Sehen Sie mal, er hat für mich einen ganz besonderen Squidgy gemalt.« Sie zeigte ihm eine Zeichnung von einer drachenartigen
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