Sein erster Fall
Sprache!«
»Laß sein Gesicht los«, sagte die Frau.
Ein Tritt in das Gesäß folgte, den ich bis in den Schädel heraufspürte.
»Los, los«, befahl Fred, »sag die Wahrheit, du hast ihm die Papiere zugestellt.«
Das Telefon läutete, alle wurden still. Schwere Schritte gingen zum Apparat. Das Klingeln brach ab, und der Lange sagte: »Hallo... hallo... Wer ist da? Du, Jerry... Ja, Jerry... Hör mal, Jerry, wir glauben, er ist noch im Hotel... Ich sag dir, er hat sie bekommen... Natürlich, unter einem falschen Namen, und wahrscheinlich läßt er sich nicht sehen... Dann durchsuch doch das Zimmer, paß scharf auf, ich sage dir, er ist da, er muß da sein.«
Er legte den Hörer auf und sagte: »Zwei Minuten nachdem wir weg waren, sind Sandra Birks, ihr Bruder und Alma Hunter zusammen weggegangen; dieser andere Kerl, von dem wir nicht wissen, was er dabei zu suchen hat, auch. Jerry will gehört haben, wie jemand ihn mit Doktor angeredet hat. Der Bruder soll einen Blutsturz gehabt haben, und ein Arzt wurde schnell gerufen. Mehr ist nicht.«
Ich kam weiter zu Bewußtsein.
»Es ist ja klar, wie’s gewesen ist«, sagte die Frau, »er hat ihm die Ladung zugestellt. Die Kopien hat er überreicht und das Original behalten für seinen Bericht.«
»Wollen Sie ein bißchen was extra machen, Mr. Lam?«
Ich schwieg, das strengte nicht so an.
»Wenn Se ’ne Kleinigkeit plusmachen wollen... Fünfhundert Dollar, vielleicht sogar sechs, dann kann das eventuell arrangiert werden. Sie müßten Mr. Birks bestellen, Sie können das sicher einrichten.«
»Halt den Rand«, unterbrach ihn die Frau ruhig, »sei nicht verrückt, mit dem ist doch nichts zu machen.«
Der Fette sagte: »Sie haben gehört, was die Dame eben gesagt hat, sie hat recht, was das betrifft. Wie geht’s denn so, Lam, ziemlich mäßig, was?«
Mir war miserabel zumute. Je mehr ich wieder zu mir kam, desto schlechter fühlte ich mich. Jener erste krachende Kinnhaken hatte mir fast die Besinnung geraubt. Jetzt, wo die betäubende Wirkung abzuklingen begann, fühlte ich die Schmerzen der anderen Schäden um so heftiger.
Das Telefon klingelte wieder. »Geh ’ran, Fred«, sagte der Chef. »Hallo... Ja...« sagte er und hörte ungefähr zwei Minuten zu. »Verdammt gerissen«, warf er ein, dann blieb er wieder eine Minute still. Schließlich sagte er: »Bleib mal am Apparat«, und kam zurück ins Wohnzimmer. »Nachrichten«, sagte er, »wo können wir ungestört sprechen?«
»Paß du auf ihn auf, John«, sagte der Chef. Dann hörte ich Schritte verhallen. Ich lag vollkommen still, und mir kam zum Bewußtsein, wie fürchterlich meine Rippen weh taten. Nach einer Weile hörte ich wieder Freds Stimme am Telefon.
»In Ordnung, es klappt. Ich selber werde das machen. Wiedersehn.«
Sie kamen ins Zimmer zurück.
»Nimm ihn ins Badezimmer, Fred«, sagte der Chef, »und mach ihn sauber.«
Fred nahm mich hoch wie ein Baby und trug mich ins Badezimmer. »Allerhand abgekriegt, Kleiner«, sagte er, »aber längst nicht so schlimm wie eine gebrochene Nase. Eine Weile tut’s noch weh, dann merkste nichts mehr. Erst mal ein bißchen kaltes Wasser drauf.«
Er setzte mich auf den Toilettendeckel, ließ kaltes Wasser in eine Schüssel laufen, zog mir den Rock aus und bearbeitete meine Stirn mit nassen Handtüchern. Mein Gehirn wurde wieder klar, ich konnte sogar wieder richtig sehen.
»Diese Krawatte ist hinüber«, bemerkte er, »aber ich glaube, wir können eine vom Chef nehmen. Wie ist das mit dem Hemd? Das geht nicht mehr. Da müssen wir mal sehn, was wir machen. Aus dem Jackett kriegen wir das Blut ’raus, ein bißchen kaltes Wasser genügt. Sitzen Sie erst mal ganz still, und bewegen Sie sich nicht.«
Er zog mir das Hemd aus und wusch mich mit einem Schwamm kalt ab. Ich fühlte mich schon wieder besser.
Die Frau kam ins Badezimmer. »Ich denke, dieses Hemd hier wird ihm passen«, sagte sie.
»Wir brauchen noch eine Krawatte«, sagte Fred.
»Ich hole eine.«
»Eine Flasche Franzbranntwein und etwas Riechsalz«, fügte er hinzu. »In fünf Minuten ist er wie neugeboren.«
Die Frau kam mit Riechsalz, Alkohol, Handtüchern, Hemd und Krawatte zurück. Fred bearbeitete mich wie ein Sekundant seinen Boxer zwischen den Runden. Dabei sprach er zu mir. »Man gut, daß Sie keine Prellungen abgekriegt haben«, meinte er. »Ihre Nase wird allerdings noch eine Weile leuchten und auch weh tun. Nicht anfassen. Und schneuzen Sie sich nicht! So, und jetzt noch ein bißchen den
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