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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Flasche des neuen Flights einzuschenken. Henry meinte, Überseeweine vor sich zu haben, Durchschnitt aus Südafrika, zu viel wässriger Chenin Blanc und Chardonnay, der nicht sein Fall war, außer er kam von der Loire oder aus Chablis, wobei ihm François Dillon offen zustimmte: »Durchschnitt! Keine Medaille.«
    Ungeduldig wartete Henry während des dritten Flights auf das Ende der Probe und wehrte sich als Einziger heftig gegen den Vorschlag, ohne Mittagspause weiterzumachen. Er musste dringend mit Frank sprechen, er brauchte seinen Rat. Und er brauchte einen abhörsicheren Raum, um mit Dorothea und ihrem Hacker zu telefonieren. Er war heilfroh, dass er die Verabredung noch vor der Installation der Wanze vorgenommen hatte.
     
    »Das ist illegal, was du da machst.« Frank hatte ein winziges Besprechungszimmer organisiert, in dem sie auch seine Frau nicht überraschen würde.
    »Der Staat geht genauso vor«, konterte Henry. »Er packt dir Spyware in den Rechner, um dich zu überwachen. Außerdem ist das hier Industriespionage, und die betreiben alle.«
    »Das macht es nicht besser.« Aber trotz seines Einwands spielte der Fotograf an der Tür den Aufpasser, der Raum ließ sich nicht abschließen.
    Frank ist verlässlich, dachte Henry, er schweigt sogar seiner Frau gegenüber. Um Dorotheas Verschwiegenheit brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Den Weg in Hecklers Cyberwelt erachtete er für sicher, der Hacker hatte ein spezielles Verschlüsselungsprogramm installiert und eine Sperre eingebaut, damit niemand über das hoteleigene WLAN in seinen Rechner eindringen und seine Mails lesen konnte. Er kannte das TeamViewer-Programm, mit dem sein Webmaster vom eigenen Rechner aus Zugriff auf seinen Rechner hatte, doch als er selbst mit dem Cursor auf denLink klickte, den Dorothea ihm per E-Mail geschickt hatte, und er sich plötzlich in Hecklers E-Mail -Korrespondenz befand, war er ziemlich verblüfft und sogar erschrocken. So einfach war das? Also konnte ohne die neuen Sicherheitsprogramme auch nahezu jeder andere bei ihm eindringen?
    Henry huschte von Datei zu Datei, als befände er sich auf seinem eigenen Rechner. Wie Dorothea am Telefon gesagt hatte, war ihr Hacker oder Cracker der Meinung, dass Hecklers Sicherheitssystem nicht besonders ausgefeilt sei. Aber ein Urteil darüber stand Henry bei seinem beschränkten Computerwissen nicht zu. Er fand die Korrespondenz mit der OIV, von der Koch gesprochen hatte, also konnte der Kettenhund an der Kette bleiben. Bissige Hunde schnappten eben auch nach der Hand ihres Herrn. Wäre jetzt ein Drucker an seinem Laptop angeschlossen, hätte er sich die Dokumente sofort ausdrucken können. So musste er sie zuerst herunterladen. Das bedauerte er noch viel mehr, als er die Datei J.   J. entdeckte, er hielt es zunächst für Musik von J.   J.   Cale, was kaum zu Heckler passte.
    Wie er beim Lesen des ersten Briefes feststellte, waren es die Initialen für John Johansen. Und die E-Mails gaben Auskunft darüber, wie Johansen durch Vermittlung Hecklers an die Bank gekommen war, mit deren Hilfe und Finanztricks er sich das Weingut von Jürgen Templin unter den Nagel gerissen hatte. Das war die Bombe, die er gesucht hatte. Bei dem Deal mochte auch einiges für den Bankmanager abgefallen sein. J.   J. hatte Templins Kreditverpflichtun gen übernommen, so jedenfalls beurteilte Henry den Sachverhalt nach Überfliegen einiger Dokumente, und hatte ihm eine Abfindung gezahlt. Hätte die Bank ihm die Rückzahlung nicht stunden können?
    Das war grandios eingefädelt, nein, es war eine Schweinerei, aber es war grandios, so etwas aufzudecken. Ich habe zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, freute sich Henry, als er die Dokumente auf seinen Laptop geladen hatte undDorothea anrief, um ihr von der gelungenen Aktion zu berichten. Oh, verdammt, er musste zu seinen Juroren   …
    »Dann hat es also funktioniert?« Frank, der sich anscheinend auch als Wachhund eignete, begleitete ihn ins Hotelrestaurant.
    »Besser als erwartet, viel besser.« Henry war seine Befriedigung anzusehen. »Ich habe das Druckmittel gegen Heckler bekommen, nein, eigentlich zwei, er ist erledigt, und ich kann diesem Templin, von dem ich dir erzählt habe, dabei helfen, sein Weingut wiederzukriegen. Aber die Juroren warten   – nachher mehr. Fahren wir zum Rennen?«
    »Antonia ist gleich mit dem Verkosten fertig, außerdem reist sie morgen ab, da will ich die restliche Zeit noch mit ihr verbringen. Wir können uns um

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