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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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…«
    »…   dort passieren ständig Unfälle, es wird die Todesstrecke genannt   …« Templin sagte es, als handele es sich um die normalste Sache der Welt.
    »…   und wir vermuten, dass der Unfall fingiert wurde   …«
    »Kennen Sie eine Frau Schönhals, ihre Mutter lebt in Ihringen?«
    Henry bemerkte, dass nach seiner letzten Frage die Händevon Templin wieder zitterten. Er griff nach dem Glas wie ein Süchtiger nach der Spritze und stürzte den Wein in einem Zug herunter, schenkte nach und trank hastig. Der Wirt stand mit dem neuen Viertele schon bereit.
    »Ich brauche Bedenkzeit.« Templin röchelte fast. »Bitte, geben Sie mir Bedenkzeit.«
    »Nur bis morgen«, sagte Henry und stand auf. »Und nur, wenn Sie meine Frage beantworten.«
    Als der Wirt das Viertele Wein vor Templin abgestellt hatte, wandte er sich an Henry. »Es ist eine Unverschämtheit von Ihnen, wie unmenschlich Sie den armen Kerl behandeln«, sagte er aufgebracht.
    »Es ist eine noch viel größere Unverschämtheit, Herr Wirt, dass Sie ihm immer wieder Drogen verkaufen und von seinem Elend profitieren. In anderen Kreisen nennt man solche Leute Dealer!«
     
    »Und wo gehen wir jetzt essen?« Frank zog eine Flunsch, nachdem der Wirt sie rausgeworfen hatte. »Mein Blutzuckerspiegel fällt beängstigend, für eine umfangreiche Nachmittagsweinprobe bin ich nicht gewappnet.«
    »Essen! Ist das alles, was dir nach diesem Gespräch einfällt?«
    »Mitnichten, das Leben geht weiter, wir müssen nachdenken. Was machen wir, was machst du, wenn Templin ablehnt?«
    »Er wird nicht ablehnen, dazu ist er zu stolz. Davon ist noch ein Rest übrig, und auf den setze ich.«
    »Wenn dem mal so ist. Aber du hast recht, wir wissen eine ganze Menge. Wenn die Wirtin auch aus Kalabrien stammt, mit diesem Koch verheiratet ist und plötzlich zu dem Geld für die Renovierung kam, die Millionen gekostet haben wird, dann lässt das für mich nur einen Schluss zu   …«
    »Und welchen?«
    »Das ist Geldwäsche. Illegales Geld wird vom OrganisiertenVerbrechen in legales umgewandelt. Bauwirtschaft, Gastronomie und Hotellerie sind dazu ideal.«
    »Das glaube ich auch. Im nächsten Ort widmen wir uns deinem Blutzuckerspiegel, und dann sind wir bei Schätzle, wir müssen uns beeilen.«
    »Immer im Stress   – diese Journalisten!«
    »Im Gegensatz zu dir bin ich noch lange kein Rentner und auch nicht reich verheiratet   …«
    »Aber du könntest es sein, denk mal drüber nach, und immer schöne Autos fahren   …«
     
    Das mittelalterliche Endingen am nördlichen Rand des Kaiserstuhls gefiel Henry mit seinem historischen Ortskern von allen Orten hier am besten. Eindrucksvoll waren aufwendig restaurierte Gebäude mit Staffelgiebel wie die Kornhalle von 1617.   Alte Bürgerhäuser leuchteten in frischen Farben, an anderer Stelle fand sich eine Barockfassade, ein schöner Brunnen, und hinter kulissenhaft wirkenden Fassaden spielte sich ein zeitgemäßes Leben ab, allerdings in einer Ruhe, von der Großstädter nur träumten. Allein die Fahrt durch das einspurige Stadttor brachte die Geschwindigkeit auf null herunter.
    Frank wollte aussteigen. »Ich gehe fotografieren, ich will keine Weine probieren, und vom Erfolg verwöhnte Winzer habe ich genug getroffen, zumindest für heute. Du hast Zeit bis zum Sonnenuntergang, gegen halb fünf ist das Licht am besten, also vor sechs Uhr brauchst du hier nicht aufzukreuzen.«
    Henry war es recht, dass Gatow ausgestiegen war. Er wendete auf dem Marktplatz und fuhr zur Stadt hinaus. Das Weingut der Schätzles lag außerhalb von Endingen, den Wegweiser hatte er vorhin an der Landstraße entdeckt. Wieder kreuzte er die Bahnlinie, sie erinnerte ihn daran, dass er mit dem Bähnchen fahren wollte.
    Unter einem großen Baum im offenen Hof parkte Henryneben den Landmaschinen. Traktoren, Spritzgebläse und Maschinen zum Rebschnitt waren ihm vertraut, er fühlte sich heimisch. Neugierig schlich er um die vorn auf den Trecker aufgesetzten Armaturen zum Ausblasen der Gescheine.
    »Es handelt sich um ein französisches Patent«, sagte jemand hinter ihm. Das konnte nur der Winzer sein, Leopold Schätzle, ein Mann in den Sechzigern, klein, korpulent, sehr lebendig und, wie Henry später fand, auch überzeugend in seiner Art, vielleicht ein wenig zu überzeugt von dem, was er tat.
    Erfolge hatte er genug vorzuweisen, zählte er doch zur Elite, war mehrmals bester Rotweinerzeuger Deutschlands gewesen. Dann konnte er für sich die beste

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