Sein letzter Fall - Fallet G
für Dinge?«
Sie wühlte in der Schultertasche, die sie auf den Boden gestellt hatte, und holte einen Umschlag hervor. Öffnete ihn und zog ein Papier heraus.
»Das da lag auf dem Küchentisch.«
Van Veeteren nahm den Zettel entgegen und schaute ihn sich an. Ein normales DIN-A4-Blatt, offensichtlich aus einem Collegeblock herausgerissen. Auf zwei Zeilen stand etwas:
14.42
und
G. Verdammt noch mal, jetzt aber
Das war alles. Holprige Handschrift. Blauer Kugelschreiber, der ein paar kleine Tintenkleckse hinterlassen hatte. Das G. war etwas größer und kräftiger als die übrigen Buchstaben geschrieben. Zweifellos aggressiv. Die oberen Ziffern waren unterstrichen. Ganz unten rechts auf dem Papier befand sich ein leicht gelblicher Fleck in Form eines ungenauen Dreiviertelkreises, er ging davon aus, dass er von einem Bierglas stammte.
Er gab das Papier zurück und betrachtete sie.
»Ja?«
Sie zögerte.
»Das ist natürlich nicht… besonders viel, aber Sie müssen wissen, dass er von dieser Geschichte mit Hennan wie besessen war. Zumindest zeitweise. Als wäre sie – und ganz allein sie – die Ursache seines eigenen Scheiterns. Sie können nicht ahnen, wie viele Stunden ich bei ihm gesessen und mir das habe anhören müssen… als Folge davon hat er seinen Job bei dieser Versicherungsgesellschaft verloren, ich weiß nicht, ob Sie das wissen, und wenn es stimmt, dass einige Menschen etwas brauchen, dem sie die Schuld geben können, dann ist es Jaan G. Hennan, der den Sündenbock im Leben meines Vaters abgibt… Ich gehe davon aus, dass Sie verstehen, was ich meine?«
»Ich bilde es mir jedenfalls ein«, sagte Van Veeteren. »Das Leben gestaltet sich nicht immer so, wie wir es uns wünschen. Aber Sie sagten, es wären da einige Dinge? Also nicht nur dieses Papier?«
Sie nickte.
»Ja. Allein dieses Gekritzel besagt ja nicht besonders viel, aber da gab es auch noch ein Telefongespräch.«
»Ein Telefongespräch?«
»Mein Vater rief an und hat mit meinem Sohn, Torben, gesprochen. Wir haben versucht nachzurechnen, wann das gewesen sein muss, aber Kinder sind ja nun einmal… Torben ist zehn Jahre alt. Wahrscheinlich war es Anfang letzter Woche, so vor zehn, elf Tagen, aber er kann sich nicht mehr so genau erinnern. Es ist ihm erst jetzt wieder eingefallen, als wir über den Opa sprachen und darüber, dass nach ihm gesucht wird…«
»Um was ging es in dem Gespräch?«
»Mein Vater rief an, und Torben ging ran. Er war allein zu Hause, deshalb gehe ich davon aus, dass es in der Woche gewesen sein muss, nachdem er von der Schule nach Hause gekommen ist und ich und mein Mann noch bei der Arbeit waren… wahrscheinlich Montag oder Dienstag. Ja, ich habe es, so weit es geht, überprüft, und ich kann wohl für meinen Sohn bürgen.«
»Und was war es, das Ihr Vater wollte?«
Sie machte eine kurze Pause, bevor sie antwortete. Hielt seinen Blick eine halbe Sekunde ganz bewusst fest. Ihm war klar, dass sie sich seiner ehrlichen Aufmerksamkeit vergewissern wollte. Ob er ihr auch glaubte.
»Er bat Torben, uns etwas auszurichten«, erklärte sie. »Unglücklicherweise hat er das dann für ein paar Tage vergessen. Mein Vater sagte Folgendes: ›Es geht um Jaan G. Hennan. Jetzt weiß ich, wie es abgelaufen ist. Heute Abend werde ich es beweisen.‹ Das hat er zweimal wiederholt und Torben gebeten, uns das wörtlich auszurichten.«
Van Veeteren runzelte die Stirn.
»Hm«, sagte er. »Und Ihr Sohn hat es vergessen.«
»Ja, leider. Es kamen andere Dinge dazwischen. Aber ihm fiel es wortwörtlich wieder ein, als die Sprache darauf kam… Sie wissen, wie Zehnjährige sein können!«
Van Veeteren nickte vage.
»›Jetzt weiß ich, wie es abgelaufen ist. Heute Abend werde ich es beweisen.‹ So soll er das gesagt haben?«
»Und dass es um Hennan ging, ja.«
»Klingt ein wenig… ja, wie soll ich sagen? Melodramatisch.«
»Ich weiß. Er kann manchmal so sein.«
»Vor zehn, zwölf Tagen?«
»Auf jeden Fall ist es nicht länger als zwei Wochen her.«
»Und Sie haben ausgerechnet, dass er wie lange nicht mehr bei sich zu Hause gewesen ist?«
»Seit vier Wochen, soweit ich es beurteilen kann.«
»Und Sie wissen nicht, von wo aus er angerufen hat?«
»Nein.«
»Hat er ein Handy?«
»Nein.«
»Hat er etwas dahingehend gesagt, dass er die Polizei benachrichtigen will oder so?«
»Nein, offenbar nicht. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass Torben sich daran erinnert hätte, wenn dem so gewesen wäre.«
Van Veeteren
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