Sein letzter Fall - Fallet G
ihn vielleicht jeder von uns identifizieren.«
»Er kann ja jetzt in Netzstrümpfen und Perücke herumlaufen«, wandte Rooth ein. »Wird bestimmt keine einfache Sache, ihn aufzuspüren.«
»Entschuldigung«, wandte Polizeianwärter Stiller vorsichtig ein und richtete sich ein wenig auf. »Wir gehen doch davon aus, dass Verlangen ihn gefunden hat, oder? Dann meinst du damit, dass er jetzt seit dem Sommer in Netzstrümpfen herumlaufen könnte?«
Rooth kratzte sich im Nacken, sagte aber nichts. Der Polizeichef nickte.
»Ein richtiger Hinweis, Stiller«, sagte er. »Verlangen muss ihn ja wiedererkannt haben. Und über diesen Verlangen führt der Weg zu Hennan. Oder? Je schneller wir darüber herausbekommen, was Verlangen hier im Ort im April gemacht hat, umso größer sind die Chancen, dass wir weiterkommen.«
»Stimmt«, nickte Münster. »Aber vergesst eine Sache nicht. Wir dürfen diese Verbindung zum Fall G. unter keinen Umständen an die Medien durchsickern lassen. Wenn Hennan sich hier befindet… hier in Kaalbringen wohnt, meine ich… wird er natürlich zusehen, sich in Sicherheit zu bringen, sobald er auch nur eine Zeile davon in der Zeitung liest. Bleibt nur zu hoffen, dass er nicht weiß, dass Verlangen Spuren hinterlassen hat… das ist lebenswichtig, damit wir überhaupt eine Chance haben, irgendwie weiterzukommen.«
»Haben das alle verstanden?«, fragte deKlerk nach und schaute sich in der Runde um. »Absolutes Stillschweigen, was Hennan betrifft!«
Stiller und Moerk nickten. Rooth gähnte, aber als er die Kiefer wieder geschlossen hatte, reckte er einen Daumen in die Luft als Zeichen, dass er mit den Bedingungen einverstanden war.
»Nun gut«, ergriff deKlerk wieder das Wort. »Die große Frage ist natürlich, was zum Teufel Verlangen entdeckt hat. Er behauptet also, er hätte den entscheidenden Beweis in dieser alten Mordgeschichte gefunden… und wie Stiller richtig bemerkt hat: Wenn ein abgetakelter Privatdetektiv das zu Stande bringen kann, dann können das ja wohl fünf hoch begabte Kriminalbeamte auch! Also, was ist gestern herausgekommen? Vielleicht zunächst zu Geraldines Caravan Club, ja?«
Anhand ihrer Notizen und mit Hilfe von Polizeianwärter Stiller berichtete Beate Moerk zwanzig Minuten lang von ihrem Gespräch mit Geraldine Szczok. Ließ kein Detail aus – abgesehen von Polizeianwärter Stillers eventuellem Engagement als Romanlektor –, und die Information über den abgebrannten Wohnwagen ließ Inspektor Rooth an die Decke gehen.
»Bingo!«, rief er aufgebracht aus. »Verflucht noch mal! Genau dieser kleine Zufall führt dazu, dass wir nicht mehr von Zufällen ausgehen müssen. Dieses Prachtarschloch G. steckt dahinter, und er ist hier in der Stadt, und jetzt gehen wir raus und schnappen ihn uns!«
»Immer mit der Ruhe, Inspektor Heißblut«, ermahnte Münster ihn. »Aber im Prinzip bin ich mit dir einer Meinung… auf der einen Seite haben sich vermutlich alle Spuren in Rauch aufgelöst, andererseits gibt es jetzt aber auch keinen Zweifel mehr. Wir haben es wieder mit Jaan G. Hennan zu tun.«
Nach dieser Schlussfolgerung blieb es eine Weile still am Tisch. Dann wandte sich der Polizeichef wieder an Münster.
»Horst Zilpen«, fragte er. »Hat das mehr gebracht als das, was seine Frau uns schon erzählt hat?«
»Ich denke nicht«, sagte Münster. »Er hat zwar mit Verlangen ein paar Worte unter vier Augen gewechselt, aber nichts Wesentliches. Auf die direkte Frage, wo Verlangen denn normalerweise wohne, hat er keine ordentliche Antwort erhalten… er hat Verlangen halt als einen sonderbaren Kauz angesehen.«
»Er hat sich gar nicht die Frage gestellt, warum Verlangen auf dem Campingplatz wohnte«, fügte Rooth hinzu.
»Kein besonders heller Typ, dieser Zilpen, und das Nasenbein hat man ihm auch mal gebrochen, ich kann mir denken, dass er Boxer gewesen ist.«
»Was hat das denn mit der Sache zu tun?«, wollte Beate Moerk wissen und sah ihn fragend an.
»Nichts, meine Schöne«, erwiderte Rooth. »Mein Gehirn arbeitet nur ab und zu auf Hochtouren, und dann komme ich nicht umhin, derartige kleine Beobachtungen anzustellen. Ich kann nichts dafür.«
»Ich verstehe«, sagte Beate Moerk.
»So ist er nun einmal«, warf Münster ein und zuckte mit den Schultern.
»Übrigens, sollte nicht der Kaffee schon längst hier sein?«, fragte Rooth.
DeKlerk schaute auf die Uhr und nickte zustimmend. Polizeianwärter Stiller verließ den Raum und kam nach einer halben Minute mit einem
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