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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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unverfälschten ersten Eindruck von ihm zu verschaffen. Bist du einverstanden?«
    Münster zuckte mit den Schultern.
    »Bin ich«, bestätigte er. »Und das mit dem größten Arschloch der Welt, das habe ich natürlich schon vergessen.«
    »Natürlich«, sagte der Kommissar. »Keine vorgefassten Meinungen, das ist unser Credo im Kader. Auf jeden Fall werden wir erst einmal mit Meister Sachs reden. Und vergiss, dass er eine Hirnblutung hatte, wenn wir ihn treffen.«
    »Ja, natürlich«, sagte Münster. »Interessanter Einsatz, den wir hier haben.«
    »Zweifellos«, stimmte Van Veeteren zu.

7
    Am Freitag wachte Verlangen von einem Feuerwerk auf.
    Es fand in seinem eigenen Kopf statt und war in seiner Struktur ziemlich eintönig. Eine Batterie weiß glühender Explosionen ohne Ende. Lass mich sterben, dachte er. Bitte, lieber Gott, lass mich hier und jetzt sterben.
    Sein Flehen wurde nicht erhört. Er öffnete vorsichtig ein Auge, um genau diese Koordinaten zu präzisieren. Hier und jetzt.
    Hier
erwies sich als ein fremdes Zimmer. Ein Hotel wahrscheinlich. Er lag in einem Bett zwischen zerknüllten Laken und erkannte nichts wieder. Es sah verhältnismäßig ordentlich aus, und eine große Morgensonne strahlte durchs Fenster herein.
    Jetzt
war 09.01 Uhr. Da stand ein Wecker auf dem Nachttisch neben dem Bett und klingelte. Er erkannte das Gerät, es war sein eigener Reisewecker, den er vor ein paar Monaten im Kaufhaus Merckx erstanden hatte. Nicht, weil er oft verreiste, aber man konnte ja nie wissen. Kostenpunkt: 12.50.
    Er dachte einen Augenblick lang nach. Es gab wahrscheinlich einen blöden Knopf irgendwo auf der Rückseite, mit dem man dieses Ungetüm ausschalten konnte. Einen kleinen, unerreichbaren Mistknopf… Er versetzte der Uhr einen rechten Haken, so dass sie auf den Boden fiel und verstummte. Die Anstrengung ließ die Explosionen im Kopf an Kraft zunehmen.
    Verdammte Scheiße, dachte er. Nicht schon wieder. Wo bin ich? Was für ein Tag ist heute?
    Drei Stunden später hatte er so einiges erledigt.
    Er hatte es geschafft, ins Badezimmer zu kommen. Hatte sich übergeben, gepinkelt und einen Liter Wasser getrunken.
    Drei Kopfschmerztabletten geschluckt.
    Zurück ins Bett gefunden und war wieder eingeschlafen.
    Dieses Mal war es nicht der Wecker, der ihn weckte. Es war ein kleines, dunkelhäutiges Zimmermädchen, das in der Türöffnung stand und sich entschuldigte.
    Sie war jung und niedlich, und er beschloss zu versuchen, ihr seine Situation zu erklären.
    Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, wollte er sagen. Sie sind jung und frisch wie eine taufeuchte Lilie… und hier sehen Sie ein Schwein erster Klasse. Lassen Sie sich das eine Lehre sein.
    Aber es wurde nicht mehr als ein Zischen. Seine Zunge war geschmeidig wie ein Hühnerschnabel – und die Luft tief unten in seiner voll gerauchten Lunge, die seine ausgetrockneten Stimmbänder in eine schöne Vibration hätten versetzen sollen, nicht mehr als ein heißer Dampf eines verlöschenden Wüstenbrands.
    Mach die Tür zu, damit du mich nicht mehr sehen musst, dachte er und versuchte etwas mit seinem Gesicht zu machen. Zu lächeln oder so. Es tat weh.
    Jetzt bat sie wieder um Verzeihung. Aber war es nicht so, dass er heute das Zimmer verlassen sollte?, wollte sie wissen. Vor elf Uhr, das war so üblich. Nicht nur hier im Hotel, das war in der ganzen Kette so, und das stand auch in der Informationsbroschüre.
    Und jetzt war es zwölf.
    Jetzt begriff er. Hexe, dachte er und spürte, wie sich wieder das Eisenband um seinen Kopf zusammenzog. Du bist auch nur Blendwerk.
    »Zehn Minuten«, gelang es ihm zu krächzen. »Geben Sie mir noch zehn Minuten.«
    Sie nickte und verschwand. Verlangen holte tief Luft. Es pfiff empört aus den Bronchien. Er rollte sich aus dem Bett und kroch ins Badezimmer.
    Er nahm ein einfaches Frühstück in einem Café namens Henry’s zu sich. Zwei Tassen schwarzen Kaffee, ein Bier und ein Wasser. Der Nebel im Kopf lichtete sich langsam, und als es ihm sogar gelang, eine Zigarette zu rauchen, begann er langsam zu verstehen, dass er wahrscheinlich auch diesen Tag überleben würde.
    Wozu immer das auch gut sein sollte.
    Mit der gesegneten Rückkehr des Nikotins in die Adern war er sogar in der Lage, den gestrigen Tag zu rekapitulieren – zumindest Teile von ihm – und seine eigene Funktion in diesem verdammten Kaff von einer Stadt.
    Linden, verdammte Scheiße, dachte er. Noch nie ging es mir so dreckig wie hier.
    Er verließ das

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