Sein letzter Fall - Fallet G
dann.
»Verschwindet!«, sagte Hennan. »Lasst mich in Ruhe! Das ist ja wohl das Schlimmste…«
»Ich will nur noch mein Bier austrinken«, sagte Van Veeteren und hob das Glas. »Ist zwar nichts Besonderes, aber man kann es trinken. Prost und auf Wiedersehen.«
»Nicht schlecht«, gab Van Veeteren seinen Kommentar ab, als sie wieder im Auto saßen. »Die erste Runde geht an uns.«
»Zugegeben«, sagte Münster. »Aber ich verstehe nicht so recht den Witz bei der Sache.«
»Nein?«, meinte Van Veeteren überrascht. »Was will denn der Herr Inspektor damit sagen?«
Münster startete den Wagen.
»Meinst du, dass Hennan derjenige ist, der hinter allem steckt… oder was? Vergessen wir dabei nicht, dass er ein Alibi zu haben scheint?«
»Pah!«, rief Van Veeteren aus. »Alibi? Bis jetzt haben wir in dieser Richtung nichts bestätigt bekommen. Er kann sicher für eine halbe oder drei viertel Stunde aus diesem Lokal abgehauen sein… du kannst erst von einem Alibi reden, wenn wir die Version des Personals gehört haben.«
»All right«, sagte Münster. »Dann warte ich solange.«
»Oder aber er hat einen Helfer gehabt«, fuhr Van Veeteren fort. »Hat einen Gorilla engagiert, der hingefahren und sie runtergeschubst hat.«
Münster seufzte.
»Meint der Herr Kommissar das jetzt wirklich ernst?«
Wieder schaute ihn sein Vorgesetzter ungläubig an.
»Münster, ich weiß, dass Barbara Hennans Tod aussieht wie eine Art Unfall, und es gibt einen verdammt guten Grund dafür, dass dem so ist.«
»Ach ja?«, wunderte Münster sich. »Und welchen?«
»Dass G. will, dass es so aussieht.«
Münster schwieg.
»Es ist doch wohl nicht möglich, dass du glaubst, ich würde mich irren?«, fuhr Van Veeteren fort und kurbelte sein Seitenfenster ein paar Zentimeter hinunter. »Ich glaube, jetzt kommt der Regen, habe ich doch gesagt!«
»Es würde mir nie einfallen, die Beurteilung des Kommissars in Frage zu stellen«, erklärte Münster diplomatisch. »Und wir haben ja auch keine Fakten, von denen wir ausgehen können, solange sind Spekulationen sowieso erlaubt.«
»Spekulationen?«
»Ja.«
Van Veeteren saß eine Weile schweigend da.
»Aber er scheint eine harte Nuss zu sein, dieser Hennan«, sagte Münster. »Da stimme ich dir zu.«
»Auch harte Nüsse kann man knacken«, sagte der Kommissar und begutachtete einen abgebrochenen Zahnstocher. »Warte nur ab.«
»Das wird interessant«, sagte Münster. »Und diese alten Einblicke in seine Psychologie, über die wir gesprochen haben… wie war das noch? Das größte Arschloch…?«
Doch Van Veeteren winkte nur ab.
»Nächste Woche«, sagte er. »Gönnen wir uns vorher noch ein friedliches Wochenende. Wie geht es Synn und dem kleinen Bart?«
Manchmal bin ich ihn herzlich leid, dachte Münster.
Den Samstag über blieb Maarten Verlangen nüchtern. Er wechselte die Bettwäsche, wusch drei Maschinen Wäsche und brachte den Müll hinunter. Joggte am Nachmittag ein und ein viertel Kilometer im Megsje Bois und rief danach eine Frau an, die er kannte.
Sie hieß Carla Besbarwny, und genau wie er gehofft und gedacht hatte, sagte sie, dass er kommen könne, wenn er wollte. Sie wollte nur erst noch mit den Hunden raus, aber nach acht Uhr wäre gut. Er bedankte sich und legte auf. Seufzte hörbar vor Erleichterung. Gut, dass es wenigstens Carla gibt, dachte er.
Er kannte sie seit etwas mehr als drei Jahren, sie hatten sich ein halbes Dutzend Mal getroffen, und jedes Mal hatten sie so gut wie die gesamte Zeit in ihrem großzügigen Wasserbett verbracht. Er wusste, dass sie wahrscheinlich eine Reihe anderer Männer hatte, die sie zu ungefähr den gleichen Bedingungen besuchten, aber das war ihm gleichgültig. Frauen wie Carla konnte man nicht besitzen. Sie wohnte am Ende der Alexanderlaan in einer großen Vier-Zimmer-Wohnung, mit ihr drei Hunde, ein paar Katzen sowie eine unbekannte Anzahl an kleinen Vögeln, Meerschweinchen und japanischen Zwergmäusen. Wodurch sie ihr Auskommen hatte, das stand in den Sternen, und rein medizinisch gesehen war sie wahrscheinlich verrückt.
Aber das spielte auch keine größere Rolle. Er wollte sie an diesem Abend schließlich nicht wegen der geistigen Übereinstimmung besuchen. Und auch sie ließ ihn nicht deshalb zu sich kommen.
An diesem Samstagabend klingelte er um Viertel nach acht an ihrer Tür, und genau sechzehn Stunden später verließ er sie in einem gespaltenen Zustand von erschöpfter Harmonie und schlechtem Gewissen. Den gleichen
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