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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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graue Matte zu legen, die benutzt wird, um Purzelbäume und ähnliche nützliche Dinge zu üben. Der magere Junge tut, wie ihm befohlen wird, und G. rollt ihn in die Matte ein. Die wird zu einem großen, festen Zylinder, einen guten Meter lang, einen guten Meter im Durchmesser. Ein Lederband drum herum verhindert, dass sie sich wieder aufrollt. Mit Hilfe seiner ansehnlichen Kräfte und eines der dagebliebenen Jungen (er heißt Claus Fendermann und sollte später in seinem Leben ein ziemlich berühmter Pianist werden) stellt G. den Zylinder hoch. Adam Bronsteins Kopf nach unten. Die Arme eng am Körper, die Füße mit den erbärmlichen blaugrauen Socken und dem ausgeleierten Gummiband ragen ein Stück heraus. Wie in einem dunklen, eisenharten Schraubstock steckt der Junge fest, während sich sein Kopf langsam mit Blut füllt und sein Atem immer angestrengter wird, und so verlässt man ihn. G., Claus Fendermann, VV und noch ein paar. Man schnappt sich seine Sachen und eilt zu dem Klassenraum. G. geht als Letzter und macht die Türe zu.
    In der folgenden Stunde findet kein Unterricht in der Turnhalle statt, so dass Adam Bronstein fast eine Stunde lang in dem Zylinder verbleibt. Eine der Putzfrauen findet ihn. Er ist noch am Leben, aber sein Zustand ist kritisch. Er verbringt zwei Monate im Krankenhaus. Kommt nie wieder zurück in die Klasse.
    Im Januar wird erzählt, dass er sich erhängt hat.
    Es ist ungewöhnlich, dass ein Dreizehnjähriger sich erhängt. Zumindest war es das zu der Zeit.
    Da hätte er doch genauso gut gleich in der blöden Matte abkratzen können, meint G. Das kleine Judenschwein.
    Stabat mater.
    Der Quis-est-homo-Satz setzte ein, und Van Veeteren merkte, dass er schwitzte. Kalter Schweiß. Adam Bronstein war nur eine Erinnerung an G. Es gab weitere. Aber die eine reichte wohl für den Augenblick.
    Er versuchte stattdessen, seine Gedanken auf die Konfrontation am Freitag zu konzentrieren.
    Was hatte sie eigentlich gebracht? Wenn man es genau nahm.
    Warum hatte er sich beim Gespräch in der Villa Zephir für diese absurd hart gesottene Art entschieden? Schweigen und blanker Stahl. Warum? Kein Zweifel, er hatte Borkmanns Schweigeregel überstrapaziert.
    Und warum war er so überzeugt von Hennans Schuld gewesen, als er anschließend mit Münster im Auto gesprochen hatte? Der Inspektor hatte skeptisch geklungen, und das mit allem Recht.
    Glaubte er wirklich, G. hätte sich seiner Frau entledigt? Sie getötet? Hand aufs Herz.
    War es nicht eher ein plötzlich aufkeimendes Bedürfnis – und eine ebenso plötzlich aufkeimende Möglichkeit, G. das zu geben, was ihm zustand? Die Dinge zurechtzurücken und ihn dreieinhalb Jahrzehnte später zu bestrafen? Ein für alle Mal.
    War es so einfach?
    Es war auf jeden Fall schwer, dieses private Rachemotiv außer Acht zu lassen, aber vielleicht war es auch gar nicht so schlecht, dass er sich zugestanden hatte, darin zu schwelgen? Gleich von Anfang an. Es war schwerer, mit Beweggründen umzugehen, die man nicht zugab, als mit solchen, die man zuließ, das wusste er. Darauf hatte auch Borkmann bei irgendeiner Gelegenheit hingewiesen – obwohl es damals wohl eher um das Motiv für ein Verbrechen ging als um einen ermittelnden Polizeibeamten.
    Aber wenn er nun – zumindest in der Theorie – von seiner tiefen Abscheu, die er gegenüber Jaan G. Hennan verspürte, absah, sein Gefühl für einen Moment beiseite schob, wie sah es dann eigentlich mit den Umständen betreffend den Tod seiner Ehefrau aus?
    Gab es wirklich einen Grund, ein Verbrechen zu vermuten?
    Und wenn ja – gab es überhaupt irgendeinen objektiven Grund, diesen Verdacht gegen G. zu lenken?
    Van Veeteren schloss die Augen und versuchte, sich zu entspannen. Die Fragen waren sinnlos. Zu früh gestellt. Aus den alten, klassischen Puzzleteilchen Motiv-Methode-Gelegenheit war nur das mittlere bisher einigermaßen betrachtet worden. Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass jemand Barbara Hennan ermordet hatte, dann herrschte wohl kaum ein Zweifel an seiner Methode. Seinem Vorgehen. Ein Stoß in den Rücken – oder so viel Gewalt, wie nötig war, damit sie das Gleichgewicht verlor und vom Sprungbrett herunterfiel.
    Eine andere Sache war natürlich, sie zunächst da hoch zu bekommen. Hier wäre wohl kaum rohe Gewalt angebracht. Eher List… vermutlich eine Art ziemlich ausgeklügelter List. Oder aber ein Schlag auf den Kopf, so dass sie ohnmächtig wurde? Sicher, es wäre schwer, sie die Stufen

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