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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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ihn an. »Stimmt wahrscheinlich. Wir wissen, was wir wissen müssen, und wir sehen, was wir sehen müssen.«
    »Was ist mit dem Ast?« fragte Parker.
    »Ich hab da was«, sagte Hanzen. »Da kümmert sich niemand drum, höchstens die Polizei. Wenn die es finden, untersuchen sie es und ziehen es wahrscheinlich da raus. In dem Moment, wo sie das tun, wo sie es auch nur anrühren oder auf die falsche Art rangehen, kommt der dicke Ast, den ich runtergebogen und festgebunden hab, frei und schnellt hoch. Wenn ich hierherkomme und sehe, dass mein Ast nicht mehr nach unten gebogen ist, fahr ich einfach weiter. Ist mir schon mal passiert, vor drei Jahren. Nicht hier, woanders.«
    Es war Parker klar, dass Hanzen ihm beweisen wollte, wietüchtig und kompetent er war, für den Fall, dass Parker weitere Verwendung für ihn hatte und wissen wollte, was für eine Sorte Mann er war. Bis jetzt hatten sie nur ausgemacht, dass Parker ihm dreihundert Dollar für eine Bootsfahrt nördlich von Hudson bis in die Gegend von Albany zahlen würde, vielleicht aber auch mehr, falls er ihn später noch für irgend etwas anderes brauchte. Welchen Zweck die Bootsfahrt hatte, brauchte Hanzen nicht zu kümmern, und er durfte auch mit niemandem darüber reden. Aber natürlich konnte er sich denken, dass hier etwas geplant wurde, und er würde sich fragen, ob diese Leute irgendwann einen erfahrenen Flussschiffer brauchen würden.
    Vielleicht. Es würde sich weisen.
    In Ufernähe fuhr Hanzen so langsam, dass der Bug sich nicht mehr hob und sie kaum eine Spur im Wasser hinterließen. Vor ihnen lag ein ungenutzter, von dichtem Unterholz überwucherter Uferstreifen. Mächtige Baumäste ragten über das Wasser hinaus. Es musste so gut wie unmöglich sein, hier irgendwo an Land zu gehen, und genauso schwierig, vom Land her ans Wasser zu gelangen. Was immer Hanzen da versteckt haben mochte, er hatte sich einen guten Platz dafür ausgesucht.
    »Da sind sie. Meine Babys.« Hanzen grinste mit väterlichem Stolz. »Sehen Sie sie?«
    Es waren ungefähr ein Dutzend, in großen Abständen unter den überhängenden Ästen längs des Ufers verteilt, und Parker brauchte eine Weile, um darauf zu kommen, was das für Dinger waren. Zwanzig-Kilo-Säcke Torf. Nach oben offen, baumelten sie dicht über dem Wasser an starken Angelschnüren, die an allen vier Ecken jedes Sacks und an dicken Baumästen befestigt waren. In jeden Sack waren auf der Oberseite lange Schlitze geschnitten worden, und durch die Schlitzewar Marihuana in dem Torf angepflanzt worden. Die jungen Blätter hatten ein leuchtendes Acrylgrün, waren kräftig und gesund. Die Säcke und die Pflanzen darin erhielten durch die Bäume gefiltertes Sonnenlicht, waren aber von oben so gut wie nicht zu entdecken, also auch nicht aus tieffliegenden Flugzeugen. Man musste schon mit einem Boot eigens diesen Uferabschnitt ansteuern, und auch dann fiel einem höchstwahrscheinlich nichts auf, wenn man nicht schon vorher wusste, was hier zu finden war.
    »Wir sind hier weit weg vom Meer«, sagte Hanzen, während er langsam an seinen Babys entlangfuhr und sie inspizierte, »aber die Gezeiten wirken sich trotzdem noch aus. Zweimal pro Tag können sie sich richtig satt trinken.«
    »Hübsch ausgedacht«, sagte Parker.
    »Mein einziges Problem ist, dass mal jemand ein Boot stehlen könnte«, sagte Hanzen. »Dann kommen die Cops mit ihrer Barkasse, schnüffeln in Winkeln wie dem hier herum, suchen nach dem Boot und finden das alles. Ist schon mal passiert, könnte wieder passieren. Im Herbst kann schon mal ein Angler hier ankern und in der Strömung ein bisschen Fliegenfischen, aber dann hab ich längst geerntet und bin hier weg.«
    »Haben Sie viele solche Plätze?«
    »Sechzig Säcke, den Fluss rauf und runter. Ein Stück weiter ist noch eine Stelle, die ich kontrollieren will, aber das ist in der Richtung dann alles.« Hanzen sah lächelnd auf den leeren Fluss hinaus. »Man kann hier draußen wirklich allein sein, wenn man will«, sagte er. »Wenn man weiß, was man hier draußen macht, liegt einem die Welt zu Füßen.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    Hanzen sah Parker prüfend an. »Sie mögen Flüsse nicht«, befand er. »Oder Wasser, was weiß ich. Aber Sie haben wasvor, und im Moment brauchen Sie den Fluss, also suchen Sie wahrscheinlich eine Stelle, wo Sie ablegen oder anlegen können oder beides. Mir wär’s lieber, Sie würden meine Stelle da unten nicht benutzen.«
    »Ich muss weiter oben sein«, antwortete

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