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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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Ende jeder Fahrt fehlten fünfzig oder hundert Chips – die Leute vergaßen sie in ihren Taschen oder wollten sie als Souvenirs behalten –, dafür hatten sie aber sehr viel Geld, vor allem an Freitag- und Samstagabenden. Es war faszinierend zu sehen, wie reibungslos das alles funktionierte. Und wenn George Twill jemals eine Neigung zum Glücksspiel gehabt hätte – was nicht der Fall war –, dann hätte der Umgang mit dieser perfekt funktionierenden Geldmaschine ihn davon kuriert.
    Als um zwanzig vor eins plötzlich der Summer ertönte, erschraken sie alle, und George wusste im ersten Moment gar nicht, was für ein Geräusch das war. Dann fiel es ihm ein: Es war die Klingel an der Tür zu den oberen Räumen, die immer abgeschlossen war und die keiner von ihnen je benutzte. Den Summer hatte er bisher nur ein einziges Mal gehört, am dritten Tag seiner Beschäftigung, und da war es die Krankenschwester gewesen, auch sie eine neue Angestellte, die ihnen Gesundheitsfragebogen zum Ausfüllen gebracht hatte. Sie hatte offenbar nicht gewusst, dass sie ihnen die Fragebogen per Post hätte zuschicken müssen. Pete sagte, er habe gehört, die Kollegin sei dafür von zwei leitenden Angestellten gehörig zusammengestaucht worden.
    Wer immer da klingelte, die Schwester konnte es nicht sein. Weil er sich seiner Verantwortung bewusst war und auch, weil er plötzlich nervös wurde, schob George den linken Fuß näher an den Alarmschalter und sah zu, wie Pete mit gerunzelter Stirn an die Tür ging und in die Sprechanlage sprach.
    George hörte, dass eine Frau antwortete, verstand aber nicht, was sie sagte. Pete sagte noch etwas, die Frau sagte noch etwas, Pete sagte noch etwas und schloss die Tür auf.
    Susan Cahill kam herein. George erinnerte sich an sie, sie war eine von denen, die Bewerbungsgespräche mit ihm geführt hatten. Sie hatte abwesend, kühl und ein bisschen einschüchternd gewirkt, und er hatte gedacht, sie würde sich gegen seine Einstellung aussprechen, doch offenbar hatte er sich geirrt. Er hatte sie seither nicht mehr gesehen, aber das bekannte Gesicht löste seine Spannung und bewog ihn, den linken Fuß wieder in seine normale Stellung zu bringen.
    Hinter Susan kamen drei Männer herein. Der erste, klein und untersetzt, musterte mit finsterer Miene einen nach dem anderen, als sei er auf der Suche nach dem, der ihm die Brieftasche gestohlen hatte. Die anderen beiden waren groß – einer von ihnen ein Hüne – und wirkten so, als sei nicht mit ihnen zu spaßen. Sie trugen dunkle Anzüge mit Krawatte.
    Susan Cahill sagte: »Ich danke Ihnen, Pete« und wandte sich dann an alle. George hatte den Eindruck, dass sie wegen irgend etwas verärgert oder aufgebracht war, es sich aber nicht anmerken lassen wollte. »Meine Damen und Herren«, sagte sie, »das ist der Abgeordnete Morton Kotkind vom Staatsparlament New York, und er ist zu einer Inspektionstour auf unserem Schiff. Wie Sie wissen, können wir unser Casino nur mit Genehmigung des zuständigen Gesetzgebers betreiben. Der Abgeordnete Kotkind möchte sehen, wo das Geld letztlich hinkommt. Das sind seine … Assistenten, Trooper Helsing und Trooper Renfield.«
    »Ist ja komisch«, sagte Pete und grinste die beiden an.
    Sie drehten sich um und sahen ihn mit unbewegter, leicht bedrohlicher Miene an. Susan Cahill schien am Ende ihrer Kräfte und fragte: »Was ist komisch?«
    Pete begriff offenbar erst jetzt, dass es sich nicht um ein zwangloses Treffen, sondern um einen offiziellen Anlass handelte. »Nichts.« Er wich den Blicken der Trooper aus, drehtesich um und sagte zu George und den anderen: »Macht einfach weiter, Leute. Der Kongressabgeordnete ist hier, um sich ein Bild davon zu machen, wie wir hier arbeiten.«
    »Der Abgeordnete«, sagte der mürrische Mann.
    »Oh, Entschuldigung.«
    Eine Rohrpostbüchse glitt in den Korb vor George. Er nahm sie heraus und öffnete sie, und fünf Hundertdollarscheine fielen heraus, zusammen mit dem Beleg des Kassierers oben im Casino. Nur noch eine Stunde, und trotzdem kauften die noch Chips.
     
    Greg Hanzen zog sich in der Dunkelheit am Ufer Schuhe, Socken und Hose aus. Eigentlich hätte er sich lieber wieder in sein Auto gesetzt, wäre zur Kingstonbrücke hinunter und über den Hudson gefahren und hätte nicht mehr angehalten, bis das Wasser vor ihm der Pazifik gewesen wäre. Aber leider …
    Wie hatte er nur in diesen Schlamassel geraten können? Anfangs hatte alles so einfach und leicht ausgesehen. Jetzt waren da diese

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