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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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dann hast du doch bestimmt irgendein Medikament dagegen einstecken, oder? Einen Inhalator oder so was?«
    »Ja.«
    »Wie langsam kannst du den aus der Tasche nehmen, George?«
    »Sehr langsam.«
    »Dann tu’s.«
    George hatte seinen Inhalator in der Innentasche seiner Jacke, und jetzt wurde ihm klar, dass das genau der Ort war, wo ein harter Bursche, ein Schlägertyp, seine Waffe haben würde. Seine Hand zitterte, der Schweiß lief ihm übers Gesicht, sein Atem ging schon schwerer; er griff in seine Tasche, packte den Inhalator, verlor ihn, weil seine Finger so zitterten, zog seine Hand zurück, tastete noch einmal nach dem Gerät und brachte es langsam und zittrig zum Vorschein.
    Der große Mann schien erfreut. »Gut, George«, sagte er. »Wenn du dir jetzt eine oder zwei anständige Ladungen mit dem Spray verpasst, bist du doch hinterher eine Zeitlang okay, oder?«
    »Ja, ich glaub schon.«
    »Das glauben wir beide, George«, sagte der große Mann. »Dann mach das jetzt.«
    George gehorchte. Er hatte solche Mühe, seine rechte Hand ruhig zu halten, dass er sie mit der linken stützen musste, um den Inhalator zum Mund zu führen, bis sich seine Lippen darum schlossen, und das Spray auf seinen Rachen zu richten. Er drückte zweimal darauf, und währenddessen sagte der große Mann zu dem anderen: »Asthma ist heute unheimlich verbreitet, hast du das gewusst? Schlimmer denn je. Oft ist Schimmel der Auslöser, und irgendwo hab ich gelesen, dass man es auch von Kakerlakenschuppen kriegen kann. Nicht zu fassen, oder? Da tust du alles, um fit und gesund zu bleiben, und dann erledigen dich irgendwelche Scheißkakerlaken. Fertig, George?«
    George steckte den Inhalator wieder ein. »Ja.«
    Der große Mann hockte sich neben ihn, legte ihm das Klebeband an und sagte freundlich: »Ich wüsste, was du jetzt, wo die Tagesarbeit getan ist und du ein bisschen Zeit hat, tun könntest: Ich finde, du solltest dir schon mal überlegen, was du den Fernsehreportern sagen willst.«
     
    »Und jetzt zum Sport –«
    Hilliard Cathman seufzte. Er ärgerte sich, vor allem über sich selbst. Er wusste, dass er diesen »Nachrichtensender« hätte ausmachen sollen, der überwiegend Sportergebnisse und Werbung brachte, aber in letzter Zeit fiel ihm das Einschlafen noch schwerer als sonst, und er hatte das starke Bedürfnis zu wissen , zu wissen, wann sie es tun würden. Er musste es wissen.
    Es würde ein Wochenende sein, soviel stand fest, weil dann die meisten Spieler an Bord und die Einnahmen am höchsten sein würden. Freitag oder Samstag abend, und schon bald. Womöglich sogar heute abend.
    Wäre das nicht wunderbar? Heute abend. Dann hätte er es hinter sich, wäre endlich diese Spannung los.
    Er wusste, welches Risiko er einging, in welcher Gefahr er schwebte. Wie er so nach Mitternacht aufrecht in seinem Bett saß, während im halben Haus die Lichter brannten und das Radio auf dem Nachttisch hektisch Ergebnisse von Sportveranstaltungen abspulte, die ihn nicht interessierten, rief er sich ins Gedächtnis, dass er von Anfang an gewusst hatte, welche Gefahren diese Idee in sich barg; doch er war zu dem Schluss gekommen, dass es sich lohnte. Das fand er auch jetzt noch, obwohl das einzige, was er in diesen Tagen wirklich sah, der Ausdruck in den Augen dieses Parker war. Der eigentlich gar kein Ausdruck war.
    Marshall Howell war anders gewesen, besser zu haben. Bei ihm konnte man leichter glauben, dass man gegen ihn Sieger bleiben würde. Er war ein harter Bursche gewesen, ein Krimineller, aber mit einem Rest Menschlichkeit. Dieser Parker dagegen …
    Es wird geschehen, nur das ist wichtig, und ich brauche nicht zu wissen, wann genau es soweit ist. Wenn es geschieht, werde ich es früh genug erfahren, und dann gibt es drei Möglichkeiten. Entweder Parker bringt mir meine zehn Prozent, was am unwahrscheinlichsten ist, und ich verfahre mit ihm so, wie ich es mir vorgenommen habe. Oder er und die anderen lösen sich in Luft auf, und ich habe diese Telefonnummer, und mit der habe ich sein Haus ausfindig gemacht, und ich hab seine Frau gesehen, und das alles weiß er nicht, und ich kann die Sache auf die andere Art zu Ende bringen. Oder sie werden erwischt, was das beste wäre, und auch darauf werde ich vorbereitet sein.
    »Die Zeit: Es ist null Uhr zweiundfünfzig. Das Wetter von morgen –«
    Ach, genug. Cathman griff hinüber und knipste das Radio aus, ließ aber das Licht an. Er legte sich auf den Rücken und schaute zur Decke hinauf, und

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