Sein letzter Trumpf
auf und lassen mich hinein, damit ich auch diesen Raum besichtigen und mich selbst überzeugen kann, was mit diesem Geld geschieht.«
»Herr Abgeordneter, ich …« Sie schüttelte den Kopf und rang die Hände.
»Und zwar ohne ihnen vorher zu sagen«, fuhr er im Tonfall eines Staatsanwalts fort, »dass man sie beobachten wird.«
Sie wusste nichts mehr zu sagen, wollte sich jedoch noch immer nicht geschlagen geben. Sie war verzweifelt, konfus, überrumpelt, aber noch nicht besiegt. Sie sah Sternberg hilflos an und suchte nach einem Ausweg.
Nein, es gab keinen. Er ließ erneut seine ganze Empörung auf sie niederprasseln: »Ms. Cahill, muss ich erst zum Kapitän gehen? Das ist der absolut wichtigste Teil meiner Inspektion, den Sie mir da verweigern, und Sie wollen behaupten, Sie hätten nichts zu verbergen? Ist es das, was ich ins Hohe Haus mitnehmen und meinen Kollegen berichten soll? Muss ich Ihnen wirklich erklären, was dieser Bericht für den Kapitän bedeuten würde?«
Schweigen. Cahill holte tief Luft. Ihr eben noch makelloser Teint war fleckig geworden. Sie seufzte. »Also gut, Herr Abgeordneter«, sagte sie. »Folgen Sie mir.«
ACHT
George Twill hielt sich, egal, wer oben gewann oder verlor, für den glücklichsten Menschen an Bord. Er war einundfünfzig Jahre alt, und er war über zwei Jahre arbeitslos gewesen, nachdem die Filiale der Merchants Bank in der State Street in Albany ihn im Rahmen eines allgemeinen Stellenabbaus entlassen hatte. Zweiundzwanzig Jahre ununterbrochene Betriebszugehörigkeit, und dann boing! Kein Arbeitslosengeld mehr, die Abfindung so gut wie aufgebraucht, die Ersparnisse ebenso, und nirgends ein Job in Sicht. Stellvertretender Leiter eines Supermarkts, Geschäftsführer eines Kinos, Geschäftsführer eines Parkhauses, sogar Hotelrezeptionist: Jedesmal hatte ein anderer den Job bekommen. George war schon ziemlich verzweifelt, als er sich wie Hunderte anderer auch auf ein Inserat in der Zeitung bewarb, in dem Mitarbeiter für das Casinoschiff gesucht wurden, als Ersatz für diejenigen, die den Umzug aus dem Süden nicht mitgemacht hatten.
Und er hatte den Job bekommen. Kassierer im Tresorraum. Er war also wieder Kassierer, wenn auch ein ganz anderer Kassierer als früher. Aber die Leute im Tresorraum mussten nicht nur eine gewisse Erfahrung im Bankgeschäft haben, sondern auch einen guten Leumund; das war der Grund, warum George Twill wieder eine Stelle bekam, mit einem höheren Gehalt als vorher in der Bank. Und diesen Job würde ihm kein Geldautomat je wegnehmen.
Er war mit Abstand der älteste der fünf Leute, die dadrin arbeiteten, wahrscheinlich zwanzig Jahre älter als sein direkter Vorgesetzter, Pete Hancourt, der zwar Chefkassierer war, den aber alle im Raum Pete nannten. Sie gingen freundlich miteinander um, waren zufrieden mit ihrer Arbeit und miteinander. Die beiden Frauen waren Helen und Ruth, der andere männliche Kassierer war Sam. Sie hatten vier Tage hintereinander die Tagschicht, dann drei Tage frei, dann drei Abende die Nachtschicht, dann vier Tage frei. Gute Bezahlung, bequeme Arbeitszeiten, nette Kollegen – der Himmel, nach der Hölle der letzten zwei Jahre.
Und noch etwas hatte George, weil er der älteste hier war: eine besondere Verantwortung. Er war zuständig für den Alarmschalter. Der befand sich auf dem Boden – ein großer, flacher Kreis aus Metall, nur zweieinhalb Zentimeter hoch und gut mit dem linken Fuß zu erreichen, etwa vierzig Zentimeter entfernt –, wenn George an seinem normalen Platz saß. Falls hier drin mal etwas passierte, was eigentlich nicht passieren durfte, etwa wenn es brannte, jemand plötzlich krank wurde oder das Schiff leckschlug – alles äußerst unwahrscheinlich –, würde es Georges Aufgabe sein, mit dem linken Fuß auf diesen Schalter zu treten. Ansonsten bestand seine Verantwortung darin, nicht aus Versehen auf diesen Knopf zu treten. Kein Problem, er war weit genug weg.
Die Arbeit hier war leicht und gleichförmig, und das machte ihm überhaupt nichts aus. Die Rohrpostbüchsen kamen herunter, mit Bargeld für Chips oder Chips für Bargeld. George und die anderen drei Kassierer erledigten den Umtausch und behielten die Übersicht über die Schubladen mit Geld und die Schubladen mit Chips. Es gab im Casino keinen Bargeldumlauf; sogar die einarmigen Banditen wurden nur mit Chips gefüttert.
Am Beginn jeder Fahrt hatten sie hier unten im Tresorraum einen großen Vorrat Chips und nur wenig Bargeld. Aber am
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