Sein Schmerz - Extrem (German Edition)
jeglichen Akzent.
»Mrs. Thompson?«
»Yogi Arjunda? Ich habe Sie gar nicht so bald erwartet. Wir hatten noch gar keine Zeit, Ihr Zimmer vorzubereiten.«
»Das macht doch nichts. Ich werde im Zimmer Ihres Sohnes übernachten. Ich werde eine Weile brauchen, um zu ihm durchzudringen. Ich möchte während dieser Phase so nahe wie möglich bei ihm sein.«
Melanie war sich nicht sicher, ob ihr diese Idee gefiel. Was, wenn er irgendwie pervers oder pädophil war? Sie betrachtete ihn erneut von oben bis unten, konnte jedoch nichts Bedrohliches an ihm entdecken, zumindest nicht, wenn er nicht lächelte.
Seine Kutte schien mehrfach um seinen Körper geschlungen zu sein und die Sandalen an seinen Füßen sahen aus, als habe er sie von Hand hergestellt. Auf seinem rasierten Kopf traten dicke Adern hervor, so als sei er tief bekümmert oder denke sehr intensiv über etwas nach. Er trug nur eine kleine Tasche bei sich, die über seiner Schulter hing, eine Flöte und eine zusammengerollte Matte aus Stroh.
»Äh, wir spielen hier im Haus eigentlich keine Musik. Sie tut Jason in den Ohren weh.«
»Dann sollen Sie wissen, dass er geheilt ist, wenn ich auf dieser Flöte spiele.«
Und damit ging der kleine Mann an ihr vorbei und betrat ihr Haus. Er sah sich um und lächelte anerkennend, wie ein Löwe, der sich im nächsten Augenblick niederlassen und eine frisch erlegte Antilope verspeisen wird.
»Sie haben ein wirklich hübsches Haus, Mrs. Thompson. Welches ist Jasons Zimmer?«
»Die erste Tür links.«
Sie sah zu, wie der kleine Hindu mit entschlossenen Schritten auf die Tür zuging, und ihr Blutdruck schoss in die Höhe. Sie hatte Angst, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie wollte den Yogi davon abhalten, das Zimmer zu betreten und ihrem Baby wehzutun.
»Äh … ähm. Vielleicht sollte ich Sie ihm vorstellen, bevor Sie einfach so hineinplatzen. Sie könnten ihm Angst machen.«
»Machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde mich ihm selbst vorstellen.«
»Aber … aber wie wollen Sie denn mit ihm kommunizieren?«
»Ich werde mit ihm sprechen.«
»Aber er kann den Lärm nicht ertragen. Selbst ein Flüstern tut ihm weh.«
Der winzige Mönch zuckte mit den Schultern.
»Dann wird es ihm eben wehtun. Ihm tut ohnehin alles weh. Es ist an der Zeit, dass er lernt, mit diesem Schmerz umzugehen, anstatt davor wegzulaufen. Also, wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen.«
Yogi Arjunda öffnete die Tür zu Jasons Zimmer, trat hinein, schloss die Tür wieder hinter sich und verhinderte damit jede weitere Diskussion. Sie würde ihm einfach vertrauen müssen. Er wusste, dass sie sich verzweifelt fragte, was hinter der Tür passierte, aber es war nicht seine Aufgabe, sie zu beruhigen. Hier ging es nicht um sie. Hier ging es um Jason.
»Wach auf, Jason.« Arjunda brüllte nicht, aber er flüsterte auch nicht. Seine Stimme klang fest und direkt.
Jason jaulte auf, als habe man mit einem Messer auf ihn eingestochen. Der schwarze Sack, der ihn umschloss, bewegte sich in Wellen. Der Yogi ging darauf zu und öffnete den Reißverschluss mit einer schnellen Bewegung, die Jasons nackten, leichenartigen Körper entblößte. Jason starrte schockiert und voller Entsetzen zu dem winzigen Mann hinauf, bevor sich sein Ausdruck in schiere Wut verwandelte.
Der Yogi schlug ihm ins Gesicht. Seine Handfläche kollidierte mit einem deutlich hörbaren »Klatsch!« mit der babyweichen Haut des Jungen. Jasons Augen rollten nach hinten. Sein Körper krümmte sich zusammen und verkrampfte sich, so als leide er unerträgliche Qualen. Als er sich wieder beruhigt hatte, hob der Yogi seine Hand, als wolle er ihn erneut schlagen. Jason zuckte zusammen, und seine Augen weiteten sich angsterfüllt.
»Hast du das gespürt, Jason? Das war Schmerz. Was du erlebst, wenn ich mit dir spreche, ist kein Schmerz. Du wirst den Unterschied lernen. Ich bin hier, um dich darin zu unterrichten.«
Melanie hörte, wie ihr Sohn aufschrie, widerstand jedoch dem Drang, in sein Zimmer zu stürmen. Ihre Hand schwebte über dem Türknauf und ihre langen, venösen Finger schlossen und öffneten sich immer wieder besorgt. Sie hielt den Atem an und lauschte dem Geschrei, das für andere Ohren wie Folter geklungen hätte. Melanie hatte sich jedoch schon so an die Schreie ihres Sohnes gewöhnt, dass sie sich bremsen konnte, obwohl ihr Mutterinstinkt ihr förmlich zubrüllte, einzuschreiten. Sie stand wie festgewachsen im Flur, während sich Falten der erwartungsvollen Anspannung, Angst
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