Seine einzige Versuchung
aufgefallen. Es gelang ihm, regelmäßig heimlichen Kontakt mit ihr aufzunehmen, und schon bald wurden seine schmeichelhaften Bemühungen um die Gunst der Angestellten von Erfolg gekrönt.
Greta machte sich keine Illusionen, was Männer betraf. Sie hatte schon früh erkannt, dass sie diese spezielle Wirkung gerade auf gesellschaftlich hochrangige Ehemänner hatte, die sich offensichtlich bei ihr das holten, was sie mit ihren Ehefrauen nicht auszuleben wagten. Sie war inzwischen zu alt, um sich Hoffnung auf eine Heirat zu machen und galt somit offiziell als alte Jungfer. Tatsächlich hatte sie sich aber über die Jahre von dem einen oder anderen Mann, der ihr gefiel, gerne verführen lassen und daraus zugleich Nutzen für sich gezogen. Sie hatte nichts gegen die kleinen Aufmerksamkeiten der Männer einzuwenden und genoss nicht zuletzt das sinnliche Vergnügen mit ihnen - alles selbstverständlich äußerst diskret. Wenn Greta auch keinen Mann zum Heiraten gefunden hatte, so empfand sie es doch als Glück, welche Männer ihr über den Weg gelaufen waren. So war etwa ihr erster Liebhaber ein Student der Humanmedizin gewesen. Ihre leidenschaftliche Affäre musste streng geheim gehalten werden, da er bereits mit einer jungen Dame aus höheren Kreisen verlobt war. Körperliche Nähe vor der Ehe war ausgeschlossen. Und so hatte er seine unerfüllte Sehnsucht mit Greta gestillt, sie über seine Absichten aber nicht in Unkenntnis gelassen, damit sie sich keine falschen Hoffnungen machte. Greta konnte den Kontakt zu ihm genießen, ohne Gedanken an die Zukunft zu verschwenden. Ihre unbefangene Sinnlichkeit war so ausgeprägt, dass sie jeden Augenblick mit ihm in vollen Zügen auskostete. Von der Erfahrung mit ihrem ersten Liebhaber profitierte sie auch bei ihren nachfolgenden Männerbekanntschaften. Er hatte seine medizinischen Kenntnisse über den Körper der Frau ganz freimütig und ungeniert mit ihr geteilt.
Ihre späteren intimen Begegnungen mit dem äußerst charmanten Benthin senior waren überaus angenehm. Und als sich einige Zeit nach dem Tod seiner Frau die Gelegenheit bot, bei ihm offiziell als Haushälterin und inoffiziell als seine Geliebte zu leben, musste sie nicht lange überlegen, bevor sie zustimmte.
Was nun den jungen Benthin betraf, spürte Greta ein zunehmendes Verlangen, das sie in dieser Form zuvor nicht gekannt hatte. Sie wollte seinen trainierten, kraftvollen jungen Körper spüren, auf den sie zufällig in der Wäschekammer einen so ausführlichen Blick erhascht hatte, dass keine Fragen offen geblieben waren. Der Kontrast zwischen seiner naiven Unschuld und dem maskulinen Erscheinungsbild reizte sie auf eine nie dagewesen Art. Er konnte damals noch nicht ahnen, welche Wirkung er damit bei ihr erzielte. Ihm ging es genau genommen nur darum, sich nach dem Schwimmen rasch seiner kalten, durchnässten Kleidung zu entledigen und schnell in sein warmes Bad zu kommen. Greta fand, es sei an der Zeit, ihm zu zeigen, dass er kein Kind mehr war, das unbefangen und fast unbekleidet durch das Haus springen konnte…
Sie begann, absichtliche Begegnungen mit Julius von Benthin im Flur oder auf der Treppe herbeizuführen, wenn er von seinen Schwimmausflügen zurückkam. Geschickt verwickelte sie ihn in kleine Gespräche. So konnte sie seinen Körper aus der Nähe bewundern und gleichzeitig seine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Unter immer neuen Vorwänden gelang es ihr, sich kurz vor ihm ins Badezimmer zu begeben - mal musste sie angeblich noch nach der Wassertemperatur sehen, mal nach der Seife oder ob genügend Handtücher vorhanden waren. Schließlich hatte sie den Eindruck, genügend Vertrauen aufgebaut zu haben. Sie richtete es so ein, dass er sie im Bad vorfand, als er wieder einmal vom Schwimmen, nur mit einem Handtuch bekleidet, herein kam. Er wollte sich sofort zurückziehen, um sie ihre Arbeit erledigen zu lassen. Doch sie legte ihm nahe, zu bleiben und huschte rasch mit einem verlockenden Lächeln an ihm vorbei, um die Tür von innen zu schließen:
„Hast Du schon jemals eine Frau berührt?“ Benthin hatte verschämt auf den Boden geschaut. Er mochte nicht zugeben, dass dies nicht der Fall war - andere junge Männer in seinem Alter prahlten längst mit ihren angeblichen intimen Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht. Er wäre am liebsten im Erdboden versunken. Und doch war er damals viel zu neugierig gewesen, um sich Greta zu entziehen. Er mochte ihre direkte Art, war aber - was er mangels
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